Arbeitswelt
Wenn nicht Qualifikation über die Karriere entscheidet
Uganda hat eine der jüngsten Bevölkerungen der Welt mit einem Durchschnittsalter von etwa 16 Jahren. Das bedeutet auch, dass viele Menschen auf der Suche nach Arbeit sind. Da es weniger Jobs gibt als arbeitswillige Menschen, haben viele Faktoren Einfluss darauf, ob man einen Job bekommt – und ob man sich darin weiterentwickelt oder ihn überhaupt behält.
Uganda ist ethnisch divers. Es gibt 56 indigene Gemeinschaften, die in der nationalen Verfassung offiziell anerkannt sind. Viele Ugander*innen sind eng mit ihren ethnischen Gruppen verbunden. Das hat sich weder nach der Kolonialzeit noch nach der Gründung des ugandischen Nationalstaates geändert.
Ethnische Gruppen in Uganda haben starke soziale Netzwerke, die beim beruflichen Werdegang hilfreich sein können. Mitglieder einer Gemeinschaft helfen einander bei der Jobsuche, beim Zugang zu Ressourcen und durch Mentoring.
In Uganda gibt es zudem noch immer traditionelle Königreiche wie Buganda, Busoga und Tooro, die die Besetzung von Schlüsselpositionen in politischen und öffentlichen Ämtern oft mitbestimmen.
Auch werden bestimmte Berufe bestimmten ethnischen Gruppen zugeschrieben. Gruppen aus Zentraluganda werden seit jeher mit der Landwirtschaft in Verbindung gebracht, während Gruppen aus dem Westen und Norden traditionell Viehzucht betreiben. Diese Vorstellungen beeinflussen noch immer die Berufswahl.
Offensichtlicher Nachteil des Einflusses ethnischer Herkunft auf die Karriere ist Stereotypisierung. Es gibt Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen, die ihre Chancen beeinträchtigen, angestellt zu werden oder zu bleiben. Menschen werden wegen ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert oder in ihren Möglichkeiten eingeschränkt. So gelten einige Gruppen als „faul“, andere als „fleißig“. Sogar der Körperbau spielt eine Rolle: Nordugander*innen qualifizieren sich oft für Jobs im Sicherheitssektor, weil sie als groß, fit und „zäh“ gelten.
Sprache zählt
Da es in Uganda mehrere Ethnien gibt, werden auch verschiedene Sprachen gesprochen. Englisch ist Amtssprache, aber meist spricht diese nur, wer eine formale Ausbildung hat. Das ist ein Vorteil, da Englisch in Wirtschaft und Bildungswesen wichtig ist.
Im informellen Sektor sind jedoch die lokalen Sprachen bedeutsamer. Luganda zu sprechen – was als Handelssprache gilt und in der Hauptstadt und einem Großteil Zentralugandas gesprochen wird – entscheidet über Erfolg im Geschäftsleben.
Glaube und Religion
Religionen im heutigen Uganda gehen meist auf den Kolonialismus zurück. Christentum und Islam haben die meisten Gläubigen. Wie die ethnische ist auch die religiöse Zugehörigkeit stark ausgeprägt und kann als Netzwerk fungieren, das Berufsaussichten beeinflusst.
Religiöse Gemeinschaften stellen oft Unterstützungssysteme dar, die Networking, Mentoring und sogar finanzielle Hilfe für Bildung oder Unternehmertum bieten, so etwa Organisationen wie der Uganda Muslim Supreme Council und der Inter-Religious Council of Uganda.
Korruption und Vetternwirtschaft
Glaube und Sprache spielen eine Rolle, aber ethnische Zugehörigkeit begünstigt zweifelsohne Ernennungen und Beförderungen im öffentlichen Sektor Ugandas. Ist eine Institution oder ein Amt mit einer Person aus einer bestimmten ethnischen Gemeinschaft besetzt, werden dort meist weitere Mitglieder dieser Gruppe Stellen bekommen.
Es wird viel geklagt über Korruption und Vetternwirtschaft in Uganda. Dazu tragen selbst die höchsten Stellen bei: Die Frau unseres Präsidenten ist zugleich Bildungs- und Sportministerin, und sein Sohn wurde zum Kommandeur der Streitkräfte ernannt. Gerüchte sind weit verbreitet, dass Museveni seinen Sohn auch darauf vorbereitet, ihm als Präsident nachzufolgen.
In der Privatwirtschaft zählen Leistung und Qualifikationen oft mehr. Aber auch dort können Verbindungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit entscheidend sein für den beruflichen Aufstieg oder einen sicheren Job.
Es wurden zwar Anstrengungen unternommen, leistungsbezogene Systeme zu fördern, doch ist der Einfluss dieser Faktoren auf die beruflichen Aussichten immer noch groß. Vielfalt, Inklusion und Leistungsorientierung müssen gefördert werden, damit die Berufslandschaft in Uganda gerechter wird.
Ronald Ssegujja Ssekandi ist ein Autor aus Uganda und bearbeitet die E+Z/D+C-Rubrik Heutzutage.
sekandiron@gmail.com