Ergebnisabhängige Finanzierung
Schutz für Kinder
Von Edward Harris
Seit 2000 hat GAVI Entwicklungsländer bei der Impfung von 326 Millionen Kindern unterstützt, die sonst nicht immunisiert worden wären. GAVI hat somit zur Verhinderung von mehr als 5,5 Millionen Todesfällen beigetragen. Viele weitere Kinder wurden vor Krankheit und Behinderung geschützt.
Unser Erfolg basiert auf einer Mischung von Maßnahmen:
– Wir mobilisieren Finanzmittel für die Immunisierung,
– wir beeinflussen die Nachfrage auf Impfstoffmärkten und sorgen so für niedrigere Preise und stabile Versorgung, und
– wir unterstützen Partnerländer in Zusammenarbeit mit anderen internationalen und nationalen Akteuren dabei, so viele Kinder wie möglich zu immunisieren.
Der Großteil unseres Budgets – 7,6 Milliarden Dollar für die Jahre 2010 bis 2015 – wird für den Kauf von Impfstoffen verwendet. Die entscheidende Herausforderung ist jedoch, so viele Kinder wie möglich zu erreichen. Dazu dient die leistungsbezogene Finanzierung. Sie hat dazu beigetragen, den Anteil der Kinder, die weltweit Routineimpfungen erhalten, von etwa 67 Prozent im Jahr 2000 auf heute mehr als 80 Prozent zu steigern.
Als GAVI damit vor mehr als einem Jahrzehnt anfing, hieß der „Performance-Based Financing Approach“ (PBFA) noch „Immunisation Services Support“ (ISS). Es handelte sich um eines der ersten Programme seiner Art. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Methode dazu beigetragen, zusätzliche 90 Millionen Kinder bis 2011 mit lebenswichtigen Impfungen zu versorgen.
Um Entwicklungsländer beim Aufbau ihrer Gesundheitssysteme zu unterstützen, knüpfte ISS die Auszahlung von Finanzmitteln an die Steigerung der Impfrate. Dabei geht es um den Anteil der Kinder, die drei Impfdosen gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten (DTP3) erhalten. Für jedes über das Ausgangsniveau hinaus zusätzlich geimpfte Kind zahlte GAVI den Regierungen von Entwicklungsländern 20 Dollar. Sofern ihre DTP3-Raten weiter stiegen, konnten die Partnerländer über dieses Geld frei verfügen. Dieses Konzept erwies sich als sehr leistungsfähig und befähigte Partnerländer, Lücken in ihren Gesundheitssystemen zu erkennen und zu schließen.
Tansanias Landkreis Mpwapwa verwendete zum Beispiel 13 000 Dollar aus ISS-Mitteln, um in der lokalen Bevölkerung Verständnis für Impfungen zu wecken und anschließend Fachkräfte zu schulen, Kühlketten für Impfstoffe einzurichten und sogar Fahrräder zu kaufen, um die Pharmaka auszuliefern. Die Summe mag bescheiden wirken, doch sie wurde wirkungsvoll eingesetzt, in einer Gegend, in der schnell und flexibel gehandelt werden musste.
In der Demokratischen Republik Kongo diente PBFA später dazu, eine Impfstrategie von WHO/UNICEF in abgelegenen Bezirken zu unterstützen. Es wurde Geld für Fahrzeuge und Transport, Personal, Ausbildung und Aufsicht bereitgestellt. Ein Jahr später hatten dort 70 Prozent der Kinder vor ihrem ersten Geburtstag die vollständige DTP3-Immunisierung erhalten. Der Durchschnitt für andere Bezirke liegt lediglich bei 54 Prozent.
Um gute Entscheidungen zu treffen, braucht GAVI Fakten und Zahlen. Dies gilt für die Entwicklungspolitik allgemein, ist jedoch besonders wichtig, wenn Zahlungen an Ergebnisse geknüpft werden. GAVI braucht zuverlässige Messergebnisse.
Um das letzte Fünftel der Kinder in aller Welt zu erreichen, die noch nicht routinemäßig geimpft werden, muss man in entlegenen Regionen arbeiten. Einige der betroffenen Menschen sind Nomaden oder leben in Kriegsgebieten.
Prinzipiell verwendet GAVI zwei Arten von Datensätzen, um die Verbesserung von Impfraten zu messen:
– Vorzugsweise greifen wir auf nationale Immunisierungsdaten zurück, da dies der Eigenverantwortung der Entwicklungsländer entspricht und dem Aufbau von Kapazitäten dort dient.
– Wir verwenden zudem Berechnungen von WHO und UNICEF, um die Ergebnisse der Länderberichte zu überprüfen. Diese UN-Organisationen stützen sich systematisch auf mehrere Quellen.
Manchmal verwendet GAVI auch Ergebnisse aus unabhängigen Untersuchungen, wenn verlässliche Daten besonders schwer zu bekommen sind. Die US-Regierung finanziert ausgezeichnete, aber seltene Demographic and Health Surveys (DHS). In einigen Fällen unterstützt GAVI Länder dabei, ihre eigenen statistischen Ämter auszubauen oder sogar eigene Erhebungen durchzuführen.
Kategorien von Ländern
Mehrere Evaluierungen des PBFA haben dazu beigetragen, das Konzept im Laufe der Zeit zu verbessern. In diesem Jahr wird GAVI eine neue PBFA-Generation starten. Dabei werden Länder künftig nach ihrer DTP3-Ausgangslage in drei Kategorien eingeteilt:
– Zur Kategorie A gehören Länder, die schon zu Beginn des Programms eine Impfrate von mindestens 90 Prozent haben. Sie erhalten 20 Prozent ihres möglichen Fördervolumens als Zuschuss, weitere 40 Prozent, wenn sie ihre Impfrate stabil halten oder sogar steigern, und die restlichen 40 Prozent, wenn sie in 90 Prozent ihrer Bezirke eine Impfquote von mindestens 80 Prozent erreichen. Hohe nationale Impfraten täuschen oft darüber hinweg, dass die Lage in einigen entlegenen Gebieten viel schlechter ist. Gerade dort will GAVI aber die Versorgung verbessern, weil in diesen Gegenden Kinder noch gefährdet sind, an Krankheiten zu sterben, die Impfungen verhindern könnten. Es dient der Gerechtigkeit, dass GAVI auf regionale Differenzen achtet.
– Zur Kategorie B gehören Länder mit Impfraten von 70 bis 90 Prozent. Sie erhalten 40 Prozent des möglichen Fördervolumens als Zuschuss und darüber hinaus 20 Dollar pro zusätzlich geimpftem Kind. Sie bekommen weitere 20 Dollar pro Kind, das obendrein gegen Masern geimpft wird, denn Ausbrüche von Masern kommen typischerweise dort vor, wo der Impfschutz insgesamt noch schwach ist. GAVIs neuer Fokus auf Masern soll Interesse an dieser hochansteckenden Krankheit wecken, die weiterhin eine der größten durch Impfung vermeidbaren Todesursachen bei Kindern ist. Dank Impfschutz sank die globale Masernsterberate von 2000 bis 2010 zwar schon um 90 Prozent, doch es bleiben Lücken. Masern töten bis zu 25 Prozent der betroffenen Kinder von Flüchtlingen, unterernährten Bevölkerungsgruppen und anderen Gemeinschaften mit mangelhaftem Zugang zum Gesundheitswesen.
– Kategorie-C-Länder haben eine DTP3-Ausgangsbasis von weniger als 70 Prozent. Sie erhalten 60 Prozent des möglichen Fördervolumens als Zuschuss sowie jeweils weitere 20 Dollar pro Kind, das zusätzlich mit DTP3 immunisiert oder gegen Masern geimpft wird.
Das neue Konzept sieht mehrere Möglichkeiten zur Feinabstimmung auf die Bedürfnisse und Bedingungen des jeweiligen Partnerlandes vor. GAVI weiß, dass leistungsbezogene Finanzierung nicht in einem „one size fits all“-Ansatz erfolgen kann.
Die Entwicklungsländer klagen zunehmend über die Berichterstattungslasten, die ihnen Geber auferlegen. Diese Kritik richtet sich nicht speziell an GAVI, muss aber ernst genommen werden. GAVI ist daran gelegen, in Zusammenarbeit mit anderen Gebern Mittel zu bündeln, um kohärente nationale Politik zu unterstützen. Dies geschieht zum Beispiel in Ruanda und Nepal. GAVI möchte keine Parallelstrukturen schaffen. Es kommt darauf an, Transaktionskosten zu senken und die politische Eigenverantwortung der Entwicklungsländer zu stärken.
Als schwierig erweist sich PBFA weiterhin in Ländern mit fragiler Staatlichkeit sowie in sehr armen oder besonders bevölkerungsreichen Ländern, wo die logistischen Herausforderungen groß sind.
GAVI kann zweifelsohne Erfolge in schwierigen Ländern wie Afghanistan oder Somalia vorweisen. In Zusammenarbeit mit der WHO und UNICEF startete GAVI ergebnisabhängige Finanzierung in Afghanistan bereits 2001. Die DTP3-Impfrate wurde bis zum Jahr 2010 auf 66 Prozent verdoppelt. Mit der Hilfe lokaler zivilgesellschaftlicher Organisationen hat Afghanistan auch neue und effizientere Impfstoffe eingeführt und somit jedes Jahr Zehntausende Menschenleben gerettet.
Dennoch zeigt eine Evaluierung, dass Konflikt- und Post-Konflikt-Länder zumeist weniger als andere von PBFA profitieren. GAVI kümmert sich systematisch um die Weiterentwicklung des Ansatzes, um den effektivsten und besten Weg zu finden, um Länder entsprechend ihrer spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten zu unterstützen. Die Impfraten – und Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor Krankheiten generell – sind dort in der Regel gering.
Trotz dieser Herausforderungen ist GAVI optimistisch: Die Immunisierungsprogramme in vielen Ländern haben zu der Senkung der Kindersterblichkeit von mehr als 12 Millionen Todesfällen im Jahr 1990 auf etwa 7,6 Millionen in 2010 beigetragen. GAVI hat eine innovative ergebnisabhängige Finanzierung eingeführt, die zu dem starken Rückgang der Kindersterblichkeit weltweit erheblich beiträgt.