Charity School
Bildung für alle Kinder
Ng’ombe hat etwa 70 000 Einwohner und ist eine der ärmsten Viertel im Bezirk Roma Ward 17. In Ng’ombe gibt es nur zwei staatliche Schulen, die beide überlaufen und unterfinanziert sind. Die staatlichen Schulen verlangen umgerechnet etwa 54 Euro pro Jahr und verlangen, dass die Kinder Schuluniformen tragen, die ihre Familien selbst bezahlen müssen. In einem Land mit einer Arbeitslosenrate von etwa 70 Prozent, ist Geld knapp. Viele Eltern können sich das Schulgeld und die Zusatzkosten nicht leisten. Selbst die, die einen Job haben, verdienen meist weniger als 35 Euro im Monat. Auch ihnen fällt es schwer, die Schulkosten zu zahlen.
Die Lebensumstände in Ng’ombe sind schwierig. Die meisten Häuser haben nur einen Lehmboden, viele haben kein fließendes Wasser und keinen Strom. Die Sanitäranlagen sind unzureichend, was zu vielen Krankheiten führt (siehe Artikel hierzu).
Die Armut ist sicherlich das Hauptproblem in Ng’ombe und diese hat unangenehme Folgen. Eltern, die sich die Schule nicht leisten können, schicken ihre Kinder oft arbeiten. Dabei ist einer der üblichsten Jobs für Kinder das Zerkleinern von großen Steinen für Baufirmen.
Manche Leute versuchen ihre Kinder durch Kredite in der Schule zu halten, die die Schulen selbst verleihen. Oft können die Eltern dann aber die Raten nicht zurückzahlen. Häufig nehmen sie ihre Kinder dann von der Schule und versuchen das gleiche Spiel in einer anderen Einrichtung. Die Kinder werden demotiviert, weil sie nicht durchgängig lernen können. Eine andere Folge ist eine Kultur der Abhängigkeit: Die Leute beginnen Dinge zu erwarten ohne dafür zu bezahlen oder etwas dafür tun zu müssen. Dieser Leistungsanspruch entzieht einer ohnehin armen Bevölkerungsschicht nur weitere Ressourcen.
Staatsversagen
Die Bevölkerung wünscht sich, dass die Regierung ausreichend Schulen zur Verfügung stellt. Auch die Agenda 2030 der Sustainable Development Goals (SDGs) impliziert, dass alle Kinder, auch an Orten wie Ng’ombe, eine Schulbildung erhalten sollen. Dennoch bleiben die Maßnahmen der sambischen Regierung inkonsistent und leidenschaftslos. Besonders Mädchen erhalten nicht die Schulbildung, die sie verdienen.
Den staatlichen Schulen fehlt es an Infrastruktur, Ausstattung und Personal. Auch Korruption ist ein großes Problem. Lehrer erwarten Bestechung und das verhindert eine gerechte und langfristige Ausbildung. Ein Lehrer verlangt etwa einen Sack Maismehl dafür, dass er die Abschlussprüfung eines Schülers korrigiert, damit dieser die nächste Klasse besuchen kann. Wenn die Familie kein Maismehl auftreiben kann, könnte die Schulkarriere ihres Kindes bereits zu Ende sein, bevor es die Grundschule beendet hat. Viele Familien sind deshalb von wohltätigen Schulen abhängig. Aber auch dafür brauchen sie etwas Geld, das manche nicht haben.
Parteien – egal welche an der Macht ist – bevorzugen Maßnahmen, die handfest und sichtbar sind. Die Politiker wollen wiedergewählt werden. In Sambia hat das dazu geführt, dass in den vergangenen Jahren Straßen und große Einkaufszentren gebaut wurden. Das Problem dabei ist, dass sie meisten Sambier kein Auto besitzen und nur sehr wenige es sich leisten können, im Einkaufszentrum einzukaufen. Grundbildung hingegen steht weit unten auf der Agenda der Politiker, da man die Ergebnisse nicht sehen oder anfassen kann.
Privates Engagement
Vor vier Jahren habe ich meinen Job verloren und konnte nicht mehr für die Schulbildung meiner drei Kinder bezahlen. Ich kannte einen Schulraum in Ng’ombe, der geschlossen und frei war. Ich hatte die Idee, die Schule wieder zu eröffnen und sie selbst zu betreiben. Der Eigentümer des Gebäudes willigte ein, aber um die Miete bezahlen zu können, musste ich Sponsoren im Viertel finden. Um das wenige Geld, das ich sammeln konnte, aufzubessern, habe ich meine Bücher verkauft und in Akkordarbeit Ziegelsteine produziert.
Bald war ich in der Lage die Sun-spring Charity School zu eröffnen und fing mit 15 Schülern an. Ihre Familien willigten in eine Gebühr von rund drei Dollar pro Jahr ein. Trotzdem musste ich noch zusätzliche Einnahmequellen finden. Zum Glück konnte ich die International School of Lusaka (ISL) für meine Sache gewinnen. Die ISL half uns mit Materialien aus und einige ihrer Schüler besuchten uns. Im Moment haben wir etwa 100 Schüler an unserer Charity School, aber die finanzielle Situation bleibt angespannt. Wir sind froh, Unterstützung von unserer Partnerschule in den Niederlanden, der American International School of Rotterdam, zu bekommen.
Es ist paradox, dass Sambier denken, dass eine Schule Geld haben muss, wenn Weiße involviert sind. Diese Einstellung ist gefährlich. Denn allzu oft glauben die Leute, unsere Schule brauche keine Gebühren mehr.
Es ist mir außerdem gelungen, Sponsoren zu finden, die uns Fenster und Bodenfließen im Schulgebäude bezahlt haben. Der Eigentümer hätte dafür dankbar sein sollen, aber er wollte gleich mehr Miete, weil das Gebäude nun mehr Wert sei. Er sagte, er könne leicht einen Mieter finden, der mehr bezahlen würde. Glücklicherweise konnte ich ihn davon überzeugen, dass dies unmenschlich und ausbeuterisch wäre. Außerdem erinnerte ich ihn an eine Absprache, die wir unterzeichnet hatten, dass er weder die Miete erhöhen, noch die Schule rausschmeißen dürfe, solange sie in Betrieb ist.
Mit der Eröffnung der Schule musste ich auch ein Aufnahmeverfahren entwickeln. Ich bin in Kontakt mit Beatrice Malembeka vom Ng’ombe Ward Development Committee, die mit dem Stadtrat von Lusaka zusammenarbeitet. Beatrice und ich suchen nun gemeinsam die bedürftigsten Kinder des Stadtteils aus und wir besuchen sie auch zu Hause. Wir nehmen die Kinder auf, für die der Besuch an einer staatlichen oder Gemeindeschule nicht möglich ist. Das Problem ist, dass rund die Hälfte von ihnen nicht in der Lage ist, die ohnehin sehr geringen Gebühren zu bezahlen. Deshalb beschloss die Schule, 70 Prozent der Schüler kostenlos aufzunehmen. Die verbleibenden 30 Prozent mit finanziell besserem Hintergrund tragen mit ihren Gebühren dazu bei, dass auch ärmere Kinder eine Schule besuchen können. Spenden von Organisationen wie der American International School of Rotterdam helfen uns, die laufenden Kosten der Schule zu decken.
Respekt und gute Manieren
Die Sun-spring Charity School möchte eine möglichst breite Schulbildung vermitteln und hofft darauf, irgendwann die Unterstützung der Regierung zu bekommen. Deshalb beachten wir den nationalen Lehrplan von Sambia mit einem Schwerpunkt auf Englisch, Naturwissenschaft und Mathematik. Unseren Kindern fehlen jedoch Schulbücher und manchmal ist es sogar schwer, ein Stück Kreide zu finden. Unser Team bemüht sich dennoch, allen Kindern von Ng’ombe lesen und schreiben beizubringen. Das Oberziel ist es, dass alle die Grundschulbildung nach sieben Jahrgangsstufen abschließen.
Viele unserer Lehrer sind Jugendliche des Viertels, die freiwillig bei uns arbeiten, weil sie etwas verändern wollen. Manchmal bleiben sie nur für ein paar Monate und suchen sich dann einen besser bezahlten Job. Dennoch trägt die Schule dazu bei, Arbeitsplätze für gering qualifizierte Jugendliche zu schaffen und hilft ihnen, Arbeitserfahrung zu sammeln. Das einzige Problem ist, dass sie keine ausgebildeten Lehrer sind.
Ich habe eine Kampagne namens Actions for Children Together (ACT) ins Leben gerufen, die sich für eine Schulbildung für alle Kinder stark macht. Mit der Kampagne rufe ich zu gemeinschaftlichen Aktivitäten auf wie öffentlichen Märschen oder Theaterstücke für Kinder. In diesem Zusammenhang haben wir auch eine Initiative Teachers for All (TfA) ins Leben gerufen, die Jugendliche dazu aufruft, freiwillig als Lehrer zu arbeiten. In Zusammenarbeit mit der International School of Lusaka (ISL) vermitteln wir ihnen das Basiswissen für den Lehrerberuf. So können wir auch dem Lehrermangel Abhilfe schaffen.
Neben der schulischen Bildung liegt der Sun-spring Charity School auch die soziale Bildung am Herzen. Wir vermitteln, wie wichtig Respekt und gute Manieren sind. Unsere Arbeit bekommt immer mehr Aufmerksamkeit im Viertel. Und es ist sogar noch wichtiger, dass Sun-spring den Kindern eine sichere Zuflucht vor den Missständen bietet, die in den Armenvierteln herrschen.
Frank Masanta Jr. ist ein sozialer Unternehmer und Aktivist in Sambia. Er hat die Sun-spring Charity School 2011 gegründet. Seine Geschichte hat Kenneth Muller niedergeschrieben, der als Englisch- und Geschichtslehrer auf der American International School in Rotterdam arbeitet und früher für die International School of Lusaka tätig war. Er hat freiwillig an der Sun-spring Schule unterrichtet und unterstützt nun durch Spendenaktionen an seiner Schule in den Niederlanden die Sun-spring Charity School.
frankmasanta.jr@gmail.com
kenneth.muller@aisr.nl
Link:
Facebook-Seite der Sun-spring Charity School:
https://www.facebook.com/Sun-spring-Charity-School-150168021809120/