Justiz

Richter verhindert Lockdown in Malawi

Vom 18. April an wollte Malawis Regierung eine strikte Ausgangssperre in Kraft setzen, um die Ausbreitung des neuen Coronavirus zu bekämpfen. Am 17. April stoppte jedoch ein High-Court-Richter diese Politik. Am 23. April teilte die Regierung dann mit, sie erhebe keinen Einspruch gegen diese Entscheidung. Die Bürger sind nun aufgerufen – aber nicht angewiesen –, sich verantwortungsvoll so zu verhalten, dass die Krankheit eingedämmt wird.
Malawis Märkte werden nun doch nicht geschlossen. MIKE KOLLOFFEL/Lineair Fotoarchief Malawis Märkte werden nun doch nicht geschlossen.

Malawis Regierung wollte alle Märkte schließen, wo die Menschen normalerweise ihre Lebensmittel kaufen. Schnellimbisse und Restaurants sollten auch dichtmachen. Ohne Erlaubnis des jeweiligen Kreisrates hätte niemand mehr sein Heim verlassen dürfen. Die Ausgangssperre sollte 21 Tage lang anhalten, und Polizei und Armee hätten sie durchsetzen sollen.

Die meisten Menschen in Malawi fanden diese Perspektive furchterregender als die Krankheit selbst, obwohl sie wissen, dass Covid-19 ernst genommen werden muss. Die 32-jährige Gemüsehändlerin Mary Nabanda aus Lilongwe formulierte es so: „Die Mehrheit der Malawier lebt von der Hand in den Mund, und die Ausgangssperre wird unser Leben stärker belasten, als das Virus das tut.“

In verschiedenen Orten demonstrierten Händler gegen die geplanten Maßnahmen. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf einfacher Waren auf den Straßen und Märkten. Arbeiter von Busunternehmen, die ebenfalls fürchteten, ihre Jobs zu verlieren, unterstützen sie. Laut amtlicher Statistik leben geschätzt 53 Prozent der 17,6 Millionen Menschen in Malawi in bitterer Armut. Millionen leiden bereits Hunger, weil eine Dürre die Ernte weitgehend verdorren lies.

Vor diesem Hintergrund erhob die Human Rights Defenders Coalition, eine zivilgesellschaftliche Organisationen, vor dem High Court Einspruch gegen die Ausgangssperre. Sie forderte Maßnahmen, um die Ernährungssicherheit aller Betroffenen sicherzustellen, teilt aber auch mit, sie opponiere nicht gegen die Eindämmung der Pandemie.

Der High Court setzte daraufhin die Ausgangssperre für sieben Tage aus und forderte die beteiligten Parteien auf, Stellung zu beziehen. Am 23. April teilte das Justizministerium mit, es verzichte auf einen Einspruch gegen die Richterentscheidung. Für Mittwoch 30. April stellte das Gericht ein abschließendes Urteil in Aussicht.

Als der High Court am 17. April die Regierungspolitik stoppte, waren in Malawi 17 Covid-19-Infektionen und zwei Todesfälle gemeldet worden. Mittlerweile ist ein weiterer Patient gestorben.

Vizepräsident Saulos Chilima wirft der Regierung von Präsident Peter Mutharika vor, sie habe den Lockdown ohne Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Armen geplant. Der Vizepräsident gehört einer Oppositionspartei an und wurde vor einigen Monaten vom Supreme Court wieder in sein Amt eingesetzt. Zugleich entschieden die Richter in einem spektakulären Urteil, die Wahlen vom vergangenen Mai seien ungültig gewesen und müssten wiederholt werden (siehe meinen Kommentar in der Rubrik Meinung von E+Z/D+C e-Paper 2020/03). Seither ist in Malawi allen klar, dass die Justiz im Land eine wichtige Rolle spielt.

Raphael Mweninguwe ist Journalist und lebt in Malawi.

raphael.mweninguwe@hotmail.com