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Finanzen

Fortschritt in Afrika

Sowohl das formale Bankwesen als auch informelle Mikrofinanzinstitutionen wachsen in Subsahara-Afrika schnell. Diese Entwicklung ist im Großen und Ganzen gesund, birgt aber auch Herausforderungen.
Afrikanische Innovation: Geldtransfer per Mobiltelefon. Noor Khamis/Reuters Afrikanische Innovation: Geldtransfer per Mobiltelefon.

Das Image afrikanischer Länder wandelt sich. Investoren suchen nämlich nach „zukünftigen Zukunftsmärkten“, wie es der Economist 2010 formulierte, seit im Zuge der Finanzkrise die Profite in westlichen Ländern einbrachen. Auch hohe Rohstoffpreise treiben das Anlegerinteresse an. Obendrein verbesserten sich in den vergangenen 20 Jahren in Subsahara-Afrika öffentliche Institutionen und die makroöko­nomische Stabilität. Auch das Angebot an Finanz­dienstleistungen ist südlich der Sahara größer geworden und erreicht mehr Menschen als früher. Beides stärkt die Wachstumschancen. Südlich der Sahara dürfte sich das Gesamtvolumen an Bankkrediten und -einlagen von 2010 bis 2020 mehr als verdrei­fachen und vermutlich sogar verfünffachen, sagte der Economist 2011 voraus.

Jedenfalls ist die Finanzwirtschaft in Subsahara-Afrika in jüngerer Vergangenheit rasant gewachsen. Formale und informelle Finanzinstitutionen konkurrieren um Kunden, die noch nie ein Konto hatten. Im Folgenden beschäftigen wir uns zunächst mit den regulären Banken und dann mit informellen Mikro­finanzanbietern.


Reguläre Banken

Während früher außer-afrikanische Banken den Markt beherrschten, haben mittlerweile regionale und lokale Banken ihr Geschäft mit Spareinlagen ausgebaut. Der Wettbewerb ist nun härter, weshalb  neue Techniken, Produkte und Managementmethoden schneller eingeführt werden (CGAP 2012), was das Angebot für Kunden verbessert.­

2011 hatten laut Weltbank (2012) 24 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Subsahara-Afrika ein Konto, und auf 100 000 Erwachsene kamen durchschnittlich 2,7 Bankfilialen. Das von den Banken bereitgestellte inländische Kreditvolumen wuchs im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung zwischen 2000 und 2011 pro Jahr durchschnittlich um 1,7 Prozent. Diese  Zahlen belegen die wachsende Reichweite des regulären Bankensektors.

Innovative Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) sorgt derweil für neuartige Vertriebswege. Ein Beispiel ist die Geldüberweisung per Handy. Auf diesem Feld ist Subsahara-Afrika Spitzenreiter: Schätzungen zufolge nutzen etwa 16 Prozent der Erwachsenen hier Mobilfunk, um Rechnungen zu begleichen oder Geld zu erhalten – weltweit sind es nur fünf Prozent. Der Trend dürfte sich in Afrika, wo immer mehr Geringverdiener ein Handy haben, fortsetzen. Vernetzung und Erreichbarkeit nehmen zu, und die ICT-Technologie macht ständig Fortschritte. Im Erwachsenenalter besitzen heute die Hälfte der Ugander, zwei Drittel der Kenianer und praktisch alle Südafrikaner ein Mobiltelefon. Leider behindern Gesetzgeber das Mobilbanking in vielen Ländern immer noch mit unsinnigen und überzogenen Regeln.

Afrikanische Banken sind leistungsfähiger geworden. Das beweisen ihre rückläufigen Zinssätze am eindrücklichsten, denn sie sind ein zuverlässiger Indikator der Effizienz (Muzigiti 2012). Trotz solcher Fortschritte liegen die Zinssätze in Afrika allerdings noch immer über dem weltweiten Schnitt.


Dynamische Mikrofinanz

Mikrofinanzinstitutionen (MFIs) unterscheiden sich in vielem von regulären Banken. Sie unterliegen anderen Gesetzen und dürfen zum Beispiel oft keine Spareinlagen annehmen. Ihre Transaktions- und Managementkosten sind hoch, weil sie sehr viele, sehr kleine Summen abwickeln müssen. MFIs fordern deshalb meist relativ hohe Zinsen. Ihr Angebot taugt für Mikrounternehmen, nützt aber kleinen und mittleren Unternehmen und kommerziellen Landwirten wenig, denn diese brauchen größere Beträge für Investitionen.
 
MFI-Kunden sind meist sehr arm. Normalerweise brauchen sie acht bis zehn Jahre, um sich aus der existenziellen Armut zu befreien. In dieser Zeit ringen sie mit vielen Problemen einschließlich Krankheiten, Altschulden, Hochzeiten, Bedarf an Aus- und Fortbildung oder besserem Wohnraum. All das kann ihren Geschäftserfolg beeinträchtigen. MFIs müssen daher nicht nur die betriebswirtschaftlichen Zahlen, sondern auch die soziale Situation ihrer Kunden kennen. Nur große MFIs können diversifizierte Dienstleistungen anbieten (siehe Ramana/Schmidt in D+C/E+Z 2010/02, S. 58).

Noch sind in Subsahara-Afrika viele Menschen vom Finanzsystem ausgeschlossen. Dass 24 Prozent der Erwachsenen ein Konto haben, bedeutet nunmal auch, dass 76 Prozent keins haben. Erschwerend kommt hinzu, dass in wohlhabenden Haushalten meist mehrere Mitglieder ein eigenes Konto führen. Trotzdem sparen etwa 40 Prozent der Bevölkerung auf die eine oder andere Weise. Diese Diskrepanz verdeutlicht die Relevanz der MFIs.

Von 2000 bis 2010 haben MFIs in Subsahara-Afrika rund vier Millionen neue Kreditnehmer und rund 13 Millionen neue Sparer gewonnen. Den Hauptanteil der Mikrofinanzierung übernehmen formal verfasste MFIs – große und reguläre Institutionen, über die fast 90 Prozent der Mikrokredite und über 80 Prozent der Mikroersparnisse in Afrika laufen (MIX/CGAP 2012).„Groß“ und „regulär“ bedeutet in dieser Branche fast immer – aber nicht unbedingt – dasselbe. BRAC ist in Uganda beispielsweise der größte Mikrokreditgeber. Diese nichtstaatliche Organisation wird nicht von der Zentralbank reguliert und darf keine Einlagen annehmen. Für die Grundversorgung mit Finanzdienstleistungen spielen in vielen Ländern Afrikas derweil unregulierte, informelle Sparergruppen eine große Rolle. Auch leihen sich viele Afrikaner Geld von Genossenschaften. Für diese gelten von Land zu Land unterschiedliche Regeln. In Kenia beispielsweise unterstehen sie zum Teil der Zentralbank, in Uganda nicht.

In vielen Ländern erfasste den Mikrofinanzsektor Ende des vergangenen Jahrzehnts eine schwere Krise. Indien war das prominenteste Beispiel (siehe Schmidt in D+C/E+Z 2011/01, S. 30), aber auch Länder wie Nigeria und Marokko waren betroffen. Die Ursachen waren überall eine Mischung aus zu schnellem Wachstum, fehlgeleiteter Gesetzgebung und Eingriffen von Regierungen. Im Großen und Ganzen erwies sich das Mikrofinanzwesen in Subsahara-Afrika aber als belastbar. Wichtig waren vor allem zwei Gründe:

  •  Mikrofinanzierung wird auf dem Kontinent meist vom Sparwunsch angetrieben. Vier der zehn größten MFIs weltweit, die mit Spareinlagen arbeiten, stammen aus Afrika (Kenia, Äthiopien, Elfenbeinküste und Südafrika). Institutionen aber, die so arbeiten, sind für Turbulenzen auf den Kapitalmärkten weniger anfällig, weil ihre Refinanzierung nicht von ihnen abhängt.
  •  Sparergruppen und Genossenschaften sind in Afrika wichtig. Deren Mitglieder und Kunden sollen an Geschäftsentscheidungen beteiligt werden. Hoffentlich wächst ihre Bedeutung weiter, denn sie könnten noch mehr arme Menschen in ländlichen Regionen Zugang zu Finanzdienstleistungen verschaffen und ihnen Partizipationsmöglichkeiten geben.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen:

  •  In Subsahara-Afrika sind Mikrokredite wegen der besonderen Risiken teurer als in anderen Weltre­gionen. Das hat überwiegend institutionelle Gründe: Die Identität einer Person lässt sich schwer prüfen, Gerichtskosten sind hoch und die Gesetze oft mehrdeutig.
  •  Südlich der Sahara leben mehr Menschen als irgendwo sonst in abgelegenen Gebieten mit schlechter Infrastruktur. Es ist teuer, sie mit Finanzdienstleistungen zu bedienen.
  •  Viele afrikanische MFIs sind recht klein. Sie sind zu schwach um neue Produkte einzuführen, Risiken besser zu managen und mehr Kunden – etwa im ländlichen Raum – zu erreichen. Diese MFIs investieren zu wenig in ihre Belegschaften und sie tun sich schwer damit, qualifiziertes Personal zu halten.

 

Fazit

In Subsahara-Afrika wachsen sowohl das formale als auch das informelle Finanzwesen rasant. Beide Sektoren sind wichtig, und härterer Wettbewerb zwischen ihnen dient letztlich den Kunden. Beide Seiten stehen auch vor denselben Problemen. Sie brauchen bessere Refinanzierungsmöglichkeiten in Form von Eigenkapital und günstigen, langfristigen Darlehen (siehe Kasten). Das gilt besonders im ländlichen Raum für Agrarfinanzierungen. Ohne Zweifel hat der Kontinent beeindruckende Fortschritte gemacht. Doch immer noch ist die Anzahl der Haushalte mit Zugang zu Finanzdienstleistungen mit nur zwölf Prozent die niedrigste der Welt.

 

 

Literatur:
CGAP, 2012: Financial Access-database: http://www.cgap.org/countries/sub-saharan-africa
The Economist, 2010: The emerging emerging markets – businesses will learn to look beyond the BRICs. In: The World in 2011.
The Economist, 2011: Banking in Sub-Saharan Africa to 2020 – Promising frontiers, a report from the Economist Intelligence Unit. London et al.
MIX and CGAP, 2012: 2011 Sub-Sahara-Africa regional snapshot: http://de.slideshare.net/MIXdsheth/2011-subsaharan-africa-regional-snapshot-11869490#btnNext
Muzigiti, G., 2012: Interest rate linkage and financial market integration – the path to economic growth for East Africa. In: Meier zu Selhausen, F. (ed.): Development matters – Africa, Uganda and the Rwenzoris. Yearbook of MMU School of Business and Management Studies, Vol. 3, pp. 106-112.
World Bank, 2012: World development indicators (WDI): http://data.worldbank.org/data-catalog/world-development-indicators

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