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Pakistan

Digitales Lernen in Pakistan fördern

Pakistan investiert zu wenig in Bildung und Digitalisierung. Die Folge sind zu geringe Alphabetisierungsraten und systematische Diskriminierung. Trotz einiger positiver Beispiele, etwa in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, bleibt das Gesamtbild düster.
Sehbehinderte Schüler in einer staatlichen Schule in der Stadt Peshawar, Pakistan. picture-alliance/ZUMAPRESS.com/PPI Sehbehinderte Schüler in einer staatlichen Schule in der Stadt Peshawar, Pakistan.

Bildung ist die Achillesferse Pakistans. In dem Land leben mehr als 230 Millionen Menschen – Platz fünf der bevölkerungsreichsten Länder der Welt. Etwa ein Drittel ist nach Angaben des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) unter 15 Jahre alt. Wenn Pakistan sein wirtschaftliches und gesellschaftspolitisches Potenzial ausschöpfen will, muss diese junge Bevölkerung Zugang zu hochwertiger Bildung erhalten.

Die staatlichen Investitionen sind jedoch mager: 2021 gab Pakistan nur 2,4 Prozent seines Gesamt-BIP für Bildung aus. Dieser Wert lag in den vergangenen Jahrzehnten zwischen 1,8 und drei Prozent. Zum Vergleich: In EU-Mitgliedstaaten liegt er zwischen 4,5 und 5,5 Prozent.

Insofern überraschen die niedrigen Alphabetisierungsraten in Pakistan kaum. Zwischen den Provinzen gibt es große Unterschiede. Die Werte liegen zwischen 66,3 Prozent im Punjab und 54,5 Prozent in Belutschistan. Seit dem 18. Verfassungszusatz im Jahr 2010 ist Bildungspolitik Sache der Provinzen. Zudem ist die Alphabetisierungsrate in städtischen Ballungsräumen deutlich höher als auf dem Land, und sie liegt für Männer höher als für Frauen – das gilt für alle Altersgruppen im ganzen Land.

Digitalisierung als Schlüssel

Der Zugang zu digitalen Technologien ist von entscheidender Bedeutung, um umfassende Bildung für alle zu gewährleisten. Während der Covid-19-Pandemie verloren viele diese Zugang, etwa weil sie arbeitslos wurden oder wegen der Ausgangssperren. Gleichzeitig machte der Online-Unterricht deutlich, welche wichtige Rolle das Internet für die Bildung spielt (siehe Box).

Pakistan läuft dem technischen Fortschritt jedoch hinterher, insbesondere im Bildungssystem. Das ist vor allem auf die hohen Kosten zurückzuführen. Das Land rangiert im unteren Viertel des Inclusive Internet Index, der Länder weltweit in puncto Internet vergleicht. Die Kluft zwischen den Geschlechtern stellt ebenfalls eine große Herausforderung dar: Im Jahr 2020 hatten nur 19 Prozent der pakistanischen Frauen Zugang zu mobilem Internet, dagegen 37 Prozent der Männer.

Um diese Probleme anzugehen, hat das pakistanische Informationsministerium 2017 die „Digital Pakistan Policy 2017“ auf den Weg gebracht. Damit sollte die IT-Nutzung in allen Sektoren, einschließlich Bildung, gefördert werden. Zu den Zielen gehörte:

  • die Förderung von Public-private-Partnership,
  • die Entwicklung barrierefreier Software,
  • die Digitalisierung von Prüfungen und
  • die Subventionierung der Kosten für Technologien, die Beeinträchtigungen ausgleichen.

Die Policy zielte auch darauf ab, den Schüler*innen mehr Möglichkeiten für digitales Lernen zu bieten, etwa bessere Geräte. Davon hätten insbesondere jene profitieren können, die während der Covid-19-Lockdowns auf öffentliche Schulen gingen. Das Programm wurde jedoch gestoppt, als nach den Parlamentswahlen 2018 eine neue Regierung an die Macht kam.

In Punjab hatte die Provinzregierung das Punjab Information Technology Board (PITB) eingerichtet, um eine bessere IT-Infrastruktur bereitzustellen. Darauf basierte auch eine bildungspolitische Strategie aus dem Jahr 2017. Nach dem Regimewechsel 2018 mischte sich die Politik aber in das PITB ein, sodass zuvor formulierte Strategien und Maßnahmen zurückgestellt wurden.

Darüber hinaus hat die pakistanische Regierung in der Vergangenheit die digitale Infrastruktur eingeschränkt. Sie verbot beispielsweise Websites wie Youtube und Wikipedia, weil manche Inhalte „anstößig“ oder „blasphemisch“ seien.

Der Privatsektor greift ein

Die Vernachlässigung des Bildungssektors durch die Regierung führte dazu, dass private Bildungseinrichtungen auf den Plan traten. Sie investierten in qualitativ hochwertige Bildung und nutzten dafür auch digitale Technologien. Diese Einrichtungen befinden sich überwiegend in den drei großen Ballungsräumen Lahore, Karatschi und Islamabad. Sie bieten vor allem Sekundarschulbildung nach britischem und amerikanischem Vorbild an. Durch ihre hohen Gebühren sind sie allerdings recht exklusiv.

Der Privatsektor spielt eine entscheidende Rolle im pakistanischen Bildungssystem. 2017/2018 waren 38 Prozent aller Bildungseinrichtungen in privater Hand; 44 Prozent aller Schüler*innen besuchten private Einrichtungen. Einige dieser „Elite“-Einrichtungen arbeiten mit moderner Technik, aber in der Breite gibt es große Unterschiede.

Bildungseinrichtungen für Menschen mit Behinderungen gehörten zu den ersten, die digitale Technologien zu Bildungszwecken einsetzen, darunter die Ida Rieu Welfare Association, die Pakistan Association of the Deaf, das Aziz Jehan Begum Trust & Institute fot the Blind und das Special Talent Exchange Program. Auch einige Hochschulen tun das zunehmend. Beispielsweise hat die Lahore University of Management Sciences (LUMS) eine Einrichtung zur Unterstützung von Studierenden, Mitarbeiter*innen und Lehrkräften mit Behinderungen gegründet, das Assistive Technology Lab.

Um Pakistan fit für die Zukunft zu machen, ist bessere Bildung für alle von entscheidender Bedeutung. Investitionen in Digitalisierung und Bildung sind die wichtigsten Instrumente dafür, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor. Vor allem die Überwindung der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Bildung und beim Zugang zu moderner Technik sollte oberste Priorität haben.

Marva Khan ist Assistenzprofessorin für Recht an der LUMS (Lahore University of Management Sciences) und Mitbegründerin des Pakistani Feminist Judgments Project.
marva.khan@lums.edu.pk

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