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Wahlen

Transparenz: Fehlanzeige

Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl im November eskaliert die Krise in Honduras. Staatschef Juan Orlando Hernández wurde trotz zahlreicher Unregelmäßigkeiten und obwohl eine weitere Amtszeit verfassungswidrig wäre, zum Sieger erklärt. Bis zum Aufruf zum Generalstreik am 19. Januar wurden laut Amnesty International mindestens 31 Menschen bei Protesten getötet.
Juan Orlando Hernández ist der alte und neue Präsident von Honduras. Castillo/picture-alliance/AP Photo Juan Orlando Hernández ist der alte und neue Präsident von Honduras.

Die Präsidentschaftswahl war schon im Vorfeld umstritten, da Hernández antrat, obwohl die Verfassung eine Wiederwahl verbietet (siehe mein Kommentar in E+Z/D+C). Er hatte die Gewaltenteilung ausgehebelt, alle wichtigen Institutionen – wie den Obersten Gerichtshof und die Wahlbehörde – unter seine Kontrolle gebracht und damit eine erneute Kandidatur ermöglicht.

Um Hernández’ Wiederwahl zu verhindern, schlossen sich die Partei LIBRE von Ex-Präsident Manuel Zelaya und die links-moderate PINU zur „Oppositionsallianz gegen die Diktatur“ zusammen. Ihr Kandidat war der frühere Sportreporter Salvador Nasralla. Der Wahlkampf wurde mit ungleichen Mitteln geführt: Alle großen Medien sind in der Hand der Oligarchie. So rechneten selbst Regierungskritiker mit einem Sieg Hernández’. Umso überraschender war das Ergebnis der ersten Hochrechnung: Nasralla lag mit fünf Prozent Vorsprung vorne. Dennoch erklärte sich Hernández noch am gleichen Tag zum Wahlsieger – genau wie Nasralla.

Die Oberste Wahlbehörde war in der Klemme. Dann fiel das Computersystem aus, und offizielle Ergebnisse ließen auf sich warten. Als drei Tage später das System wieder funktionierte, lag Hernández knapp vor Nasralla. In der Bevölkerung machten sich Unmut und Spekulationen breit.

Die Regierungspartei erklärte das neue Ergebnis damit, dass die Stimmen aus dem ländlichen Raum – vor allem aus der Heimat von Hernández – angeblich erst nachträglich ausgezählt werden konnten. Doch dass diese den Wahlausgang derart beeinflusst haben sollen, ist unglaubwürdig: Um den Oppositionskandidaten zu überholen, hätten alle Wahlberechtigten seines Heimatdepartments für Hernández stimmen müssen. Dies war aber nicht der Fall. Gefälschte Wahlunterlagen tauchten auf.

Die Menschen zeigten ihren Unmut über den Wahlbetrug in weitgehend friedlichen Protesten, bei denen es jedoch auch zu Randale kam. Der Staat antwortete mit Ausnahmezustand und Ausgangssperre, durch Polizei- und Militärgewalt kamen mehr als 30 Menschen ums Leben. Drei Wochen nach dem Urnengang erklärte die Oberste Wahlbehörde Hernández offiziell zum Sieger.

Die Opposition focht das Ergebnis an. Alle Mächtigen im Land – die Kirche, das Militär und die Unternehmerschaft – stellten sich aber schnell auf die Seite von Hernández.

Die Wahlbeobachtermissionen der Europäischen Union (EU) und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) wiesen auf erhebliche Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung hin. Die OAS empfahl Neuwahlen. Hernández wies dies jedoch als Einmischung in innere Angelegenheiten zurück. In Honduras bedarf es ohnehin weit mehr als Neuwahlen – ein demokratischer Neuanfang ist vonnöten. Zudem ist von der OAS nicht viel zu erwarten. Etliche Mitgliedstaaten erkannten Hernández bereits als Wahlsieger an, darunter die USA.

Der Amtsantritt des neuen Präsidenten ist der 27. Januar. Hernández hat im Vorfeld zu einem nationalen Dialog eingeladen. Bisher lehnt die Opposition ihn ab, da er einer Anerkennung der Wahlen gleichkäme. Sie ruft zu weiteren Protesten auf, während sie gleichzeitig im Hintergrund darüber verhandelt, wie sie sich im Parlament gegen Hernández zusammenschließen kann.

Die Wahlen und die nachfolgenden Ereignisse haben deutlich gezeigt, wie weit Honduras von Unabhängigkeit und Demokratie entfernt ist. Die USA wollen mit Honduras vor allem einen strategisch wichtigen Partner in der Region haben, der ihre Interessen bedingungslos unterstützt. Dass die Regierung Hernández nachweislich in Drogengeschäfte involviert ist, ist dabei nebensächlich.

Neu ist, dass die Menschen durch die Ereignisse politisiert worden sind. Der Großteil der Bevölkerung ist jünger als 30 Jahre, und diese Generation wird weiterhin für ihre Zukunft auf die Straße gehen.


Rita Trautmann ist Ethnologin. Sie war als Fachkraft für den Deutschen Entwicklungsdienst in Honduras tätig und ist seit 2011 in der Menschenrechtsarbeit zu Honduras aktiv.
trari@protonmail.com
Blog: http://hondurasdelegation.blogspot.de/search/label/Delegation2016


Links

Amnesty International: Hintergrundinformation
https://www.amnesty.ca/news/honduras-state-must-ensure-right-%C2%A0peaceful-assembly

Amnesty International Deutschland: Appell/urgent action
https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/menschenrechtlerinnen-gefahr-0?etcc_med=Newsletter&etcc_var=UA-NL&dat=KW03-2018