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Brandgefahren

Nepal beachtet Feuerschutz zu wenig

Rasante Verstädterung, schlechte Infrastruktur und laxe Durchsetzung der Bauvorschriften sorgen dafür, dass in Nepal ein hohes Risiko für Gebäudebrände besteht. Staatliche Behörden sollten es mit den Sicherheitsvorschriften genauer nehmen.
Slumbewohner, die 2014 durch einen Brand in Kathmandu obdachlos wurden. picture alliance / dpa / Narendra Shrestha Slumbewohner, die 2014 durch einen Brand in Kathmandu obdachlos wurden.

Nepals Gebäudesicherheitsgesetz wurde im August 2020 aktualisiert und konzentriert sich vor allem darauf, Bauwerke jeglicher Art erdbebensicher zu machen, was sehr wichtig ist. 2015 wurden bei einem Erdbeben der Stärke 7,6 nahe der Hauptstadt Kathmandu rund 9000 Menschen getötet und viele weitere verletzt. Laut Volcano Discovery, einer Website zur Aufzeichnung von Erdbeben, kam es im Land allein 2021 zu vier Beben der Stärke 5,0.

Es bestehen auch andere Risiken wie etwa Feuergefahren, denen Millionen von Nepalesen zuhause, in Fabriken, Schulen, Kliniken und anderen Gebäuden ausgesetzt sind. Diese Risiken werden durch laxe Regulierung, mangelhafte Durchsetzung bestehender Vorschriften, unzureichende Gebietskontrollen und schlechte Infrastruktur verschärft (zu Abfallentsorgung in Kathmandu siehe den Artikel von Roshan Sharma von 2016 auf www.dandc.eu).

„Obwohl Brände in Nepal enorme Auswirkungen haben, werden sie von unserer Politik und in unserem Katastrophenmanagement übersehen“, hieß es im März 2021 in einem Leitartikel der Himalayan Times. Die führende englischsprachige Zeitung Nepals schreibt weiter: „Keine einzige Gemeinde hat einen Plan für den Umgang mit Bränden, Brandschutz oder Notfällen.“

Feuer ist eine permanente Bedrohung. Regelmäßig gibt es dazu Schlagzeilen – dabei wird über viele Brände gar nicht berichtet. Bei Gebäudebränden sterben oft Menschen (siehe Kasten). So ist es in vielen Ländern, die von Armut und schnellem Städtewachstum geprägt sind.

Zustrom in die Städte 

Grund für die Brandgefahr in Nepal sind die rasche und unkontrollierte Verstädterung und schnelles Bevölkerungswachstum. Nepal zählt zu den Ländern Asiens, die am schnellsten verstädtern. Heute lebt rund zwei Drittel der Bevölkerung in Städten, wie vorläufige Zahlen einer Volkszählung 2021 besagen, und es werden stetig mehr, da immer mehr Menschen auf der Suche nach Jobs und einem leichterem Leben in die Städte ziehen.

Die städtische Infrastruktur kann mit dem Zustrom nicht Schritt halten. Oft sind die Straßen eng und marode und für Rettungsfahrzeuge kaum zugänglich. Weil erschwingliche und sichere Stadtwohnungen fehlen, leben viele Neuankömmlinge in provisorischen Hütten. Diese Behausungen sind oft aus minderwertigem Material und haben keine Brandschutzvorrichtungen wie Rauchmelder, Feueralarm und Feuerlöscher. Slum-Brände können wie überall in Südasien verheerend sein.

Zugleich werden in Städten wie Kathmandu immer mehr Bürohochhäuser, Wohnhäuser und Einkaufszentren gebaut, die oft nicht den Sicherheitsvorschriften entsprechen. Auch sind die Städte nicht in getrennte Bereiche für Wohnhäuser, Kliniken, Schulen und Gewerbegebiete eingeteilt, was zusätzliche Sicherheitsrisiken birgt. So gibt es etwa mehr als 100 Zapfsäulen in dicht besiedelten Wohngebieten – ohne angemessene Brandschutzvorkehrungen. Eine richtige Stadtplanung könnte Risiken kontrollierbar machen und die Lebensqualität der Menschen verbessern (siehe Katie Cashman auf www.dandc.eu).

Bauvorschriften

Um einige Risiken zu mindern, hat die Regierung 1994 eine Bauordnung erlassen, die seitdem mehrmals aktualisiert wurde. Das ursprüngliche Gesetz enthielt Vorschriften für Gebäude mit bis zu drei Stockwerken. Später kamen Vorgaben auch für höhere Gebäude hinzu. Diese sollen unter anderem für mehr Sicherheit in Hochhäusern und in den Hunderttausenden von Stahlbetonhäusern sorgen, die in den vergangenen Jahrzehnten im ganzen Land gebaut wurden.

Eine Aktualisierung für Konstruktion von 2015 schreibt unter anderem angemessene Notausgänge für gewerbliche Gebäude vor, zudem Feuermelder, Feuerlöscher und einen behindertengerechten Zugang. Gebäude mit mehr als fünf Etagen brauchen Feuerleitern ins Freie. Hinzu kommen örtliche Vorschriften mit Anforderungen wie maximaler Gebäudehöhe je nach Lage und einem Mindestverhältnis zwischen Grundfläche und Gebäudehöhe.

Schlechte Umsetzung

Formal sind die Regeln sinnvoll, aber praktisch bestehen die Gefahren fort. Als im Januar 2021 Menschen in einem brennenden Hochhaus in Kathmandu eingeschlossen waren, ließen sich die Notausgänge nicht von außen öffnen, sondern nur von innen. Das Gebäude war erbaut worden, ehe die neue Vorschrift, dass sich Türen von beiden Seiten öffnen lassen müssen, in Kraft trat. Ältere Gebäude müssen aber nicht entsprechend nachgerüstet werden. Sehr wahrscheinlich entsprechen auch andere Wolkenkratzer in Kathmandu nicht den aktuellen Standards.

Formale Sicherheitsvorschriften können den Stadtbewohnern ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln. Sie wissen, dass es ein Genehmigungssystem gibt und Bauherren erst die Erlaubnis einer lokalen Behörde brauchen, ehe sie mit dem Bau beginnen können. Seit dem Haushaltsjahr 2000/2001 brauchen sie zudem nach Abschluss des Baus eine Sicherheitsbescheinigung von dieser Behörde. Allerdings ist es nicht verboten, niedrige Stockwerke von Wohnhäusern schon zu beziehen, während höhere noch gebaut werden. Das ist riskant, aber weithin üblich.

Leider werden Vorschriften oft ignoriert. Im August 2021 brach in einem Industriegebiet in Kathmandu ein riesiges Feuer aus, das erst nach mehr als zehn Stunden unter Kontrolle zu bringen war. Immobilien in Millionenhöhe wurden zerstört. Das warf Fragen zur Gebäudesicherheit auf. Berichten zufolge hielten einige Arbeiter die Verkabelung in einigen Gebäuden für defekt und die elektrischen Materialien für minderwertig, so dass die Gefahr von Kurzschlüssen bestand.

In Nepal ist es einfach, über politischen Einfluss oder Bestechungsgelder an Sicherheitszertifikate zu gelangen. Auch die Vorschriften lassen sich leicht umgehen. Es gibt Fälle von Bauunternehmern, die mit einer Genehmigung für ein zweieinhalb-stöckiges Gebäude ungestraft ein fünfstöckiges Gebäude errichteten. Nepalesen bauen ihre Häuser oft ohne Genehmigung. Ohne formelle Beschwerde können die örtlichen Behörden nicht gegen Bauunternehmer oder Eigentümer vorgehen. Solche Gebäude bleiben dann stehen – Unfälle sind oft programmiert.

Um solche Risiken zu mindern, sollten die Behörden auf nationaler, lokaler und Provinz-Ebene mit Kampagnen für Sicherheit sensibilisieren, und auch Bauherren, Eigentümer und Anwohner einbeziehen. Die Behörden täten gut daran, die bestehenden Bauvorschriften zu verschärfen, durchzusetzen und die Infrastruktur zu verbessern, damit sich Brände schnell löschen lassen. So können Schäden verhindert und Leben gerettet werden.


Rukamanee Maharjan ist Juradozentin an der Tribhuvan-Universität in Kathmandu.
rukumaharjan@gmail.com