Arbeitgeber
Fürsprecher des Privatsektors
Im Zuge einer schlimmer werdenden wirtschaftlichen und sozialen Krise nimmt in Liberia seit Monaten die Kritik an der Regierung zu. In diesem Umfeld hat Liberias Handelskammer (Liberia Chamber of Commerce – LCC) die erste systematische Erhebung unter Unternehmen durchgeführt, um das aktuelle Wirtschaftsklima zu dokumentieren. Die Handelskammer Hamburg hat sie dabei unterstützt.
Im Dezember 2019 wurden 126 Unternehmen verschiedener Branchen befragt. Die Hälfte davon bewertete die aktuelle Lage als schlecht, nur neun Prozent nannten sie gut. Zu den negativen Faktoren gehörten:
- unzuverlässige, aber teure Versorgung mit Strom, sicherem Trinkwasser und Treibstoff,
- hohe Zinsen,
- der schwierige Zugang zu Finanzdienstleistungen,
- der stark schwankende Wechselkurs und
- schlechte Infrastruktur, besonders mit Blick auf Straßen.
All das muss besser werden, damit Firmen wachsen und mehr Jobs schaffen. Viele Unternehmen verwenden Dieselgeneratoren, und die Wasserversorgung wurde noch nicht vollständig rehabilitiert.
Es gab auch Klagen über Behörden. Sie bezogen sich auf Steuern, mangelnde Abstimmung zwischen Ämtern sowie Schwierigkeiten bei der Beantragung oder Erneuerung von Lizenzen, Genehmigungen und Registrierungen.
Liberia hieß früher wegen des hier angebauten Nelkenpfeffers „Pfefferküste“. Das Land exportiert aber auch Gummi, Holz, Eisenerz, Gold, Diamanten und Öl. Die Wirtschaft stützt sich auf Rohstoffausfuhren, aber die Außenhandelsbestimmungen für diese Branche lassen zu wünschen übrig. Unternehmensführer bemängeln, dass:
- sie zu viele Dokumente vorlegen müssten,
- Regeln intransparent seien und
- Liberias Zölle nicht mit denen innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (Economic Community of West African States – ECOWAS) abgestimmt seien.
Die Umfrageergebnisse sind aber nicht nur negativ. 43 Prozent der Befragten erwarten, dass sich die Lage ihres Unternehmens in diesem Jahr verbessern wird. Derweil rechnen 31 Prozent mit Verschlechterung. Optimismus überwiegt. Viele Befragte fordern derweil, die Regierung solle die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern. Vorrangig sind dabei die bereits genannten Probleme.
Die Umfrageergebnisse wurden im Rahmen einer LCC-Veranstaltung veröffentlicht. Unternehmensvertreter lobten die Studie, und die Medienberichterstattung war gut. Ein Manager stellte jedoch enttäuscht fest, die Regierung habe niemanden zu der Veranstaltung geschickt.
Torsten König, der die Statistikabteilung der Hamburger Handelskammer leitet, hat die LCC bei der Gestaltung der Umfrage unterstützt. Ihm zufolge kommt es darauf an, „die richtigen Fragen zu stellen, die Daten akkurat zu erfassen und zusammenzustellen und auf dieser Basis relevante Schlüsse zu ziehen“ (siehe auch Beitrag von Michael Konow in der Rubrik Tribüne des E+Z/D+C e-Papers 2018/05). König sagt, Unternehmensumfragen gehörten zu den wirkungsvollsten Instrumenten einer Handelskammer. Letztlich dienten sie dazu, Regierungen zu beraten.
Unternehmensverbände wie die LCC spielen im politischen Leben eine wichtige Rolle, denn sie sprechen für den Privatsektor. Eine starke Dreiviertelmehrheit der Befragten in Liberia wollte denn auch von einem Verband vertreten werden. Entsprechend stark ist das Mandat der LCC. Sie wurde 1951 gegründet und vertritt heute 350 Unternehmen und Verbände, einschließlich multinationaler Konzerne wie Firestone. Die LCC vertritt zudem Liberias Unternehmen in Dreierverhandlungen mit Regierung und Gewerkschaften.
Link
Liberia Chamber of Commerce (LCC):
www.liberiachamber.org
SalaMartu Stephanie Duncan ist die Hauptgeschäftsführerin der Liberia Chamber of Commerce (LCC).
salamartu@gmail.com
Michael Konow ist Leiter der Abteilung Internationale Projekte und Partnerschaften der Handelskammer Hamburg.
michael.konow@hk24.de