Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Wirksamkeit von Hilfe

Mäßige Wirkung

Die Fachliteratur spiegelt ein mehrdeutiges Bild von der Wirkung von Aid for Trade (AfT)-Maßnahmen auf die Exportkapazitäten der Empfängerländer wider. Empirische Studien zeigen, dass die quantitative Wirkung recht gering ist und dass Länder mit mittlerem Einkommen mehr davon profitieren als Länder mit geringem Einkommen.
Aid for Trade soll die Exporte eines Landes diversifizieren: Produktion von Gartenmöbeln in Ghana. Giling/Lineair Aid for Trade soll die Exporte eines Landes diversifizieren: Produktion von Gartenmöbeln in Ghana.

Die AfT-Initiative wurde 2005 auf der WTO-Ministerkonferenz in Hongkong beschlossen, um Entwicklungsländern zu helfen, ihre Defizite in Bezug auf Produktion und Infrastruktur zu überwinden und ihre Integration in den internationalen Handel zu unterstützen (OECD/WTO 2011). Seitdem zahlten Geber 265 Milliarden Dollar an offizieller Entwicklungshilfe (ODA) – plus weitere 190 Milliarden Dollar in anderer Form zur Handelsförderung (OECD/WTO 2015).

Die durchführenden Organisationen loben die AfT-Initiative als uneingeschränkten Erfolg. Laut dem aktuellen AfT-Report von 2015 zeigen „besonders die von den Empfängerländern vorgelegten Fallstudien, dass diese Programme die Handelsleistung verbessert, Arbeitsplätze – auch für weibliche Arbeitnehmer – geschaffen und weitere in- und ausländische Investitionen angelockt haben“ (OECD/WTO 2015). Das widerspricht der wissenschaftlichen Literatur, die zu widersprüchlichen Ergebnissen in Bezug auf die Wirksamkeit von Hilfszahlungen für die Handelsleistungen der Empfängerländer kommt. Weit verbreitet wird angenommen, dass Geber ODA als Mittel einsetzen, um ihre eigenen Handelsinteressen zu fördern (z.B. Berthélemy 2006; Hoeffler und Outram 2011).

Der größte Teil von Aid for Trade wird in den Aufbau von Infrastruktur wie Transport, Kommunikation und Energieversorgung investiert. Das Argument, eine verbesserte Infrastruktur stimuliere die Exporte eines Landes, findet viel Unterstützung. Es wird dabei oft vernachlässigt, dass Geberexporte durch eine bessere Infrastruktur ebenfalls gefördert werden. Es gibt sogar Vermutungen, dass Geber absichtlich in Infrastrukturprojekte investieren, die ihren eigenen Export­interessen dienen.

Andere Beobachter sehen weitere egoistische Motive der Geber. Die regionale Verbreitung von AfT war traditionell zugunsten Asiens verzerrt, obwohl viele Entwicklungsländer in dieser Region bereits gut in den Welthandel integriert waren, wohingegen afrikanische Länder weniger Handelshilfe erhielten. Es ist ebenso bemerkenswert, dass Länder mit geringem Einkommen zwischen 2006 und 2013 nur 29 Prozent der gesamten AfT erhielten.


Handel in beide Richtungen fördern

Vor diesem Hintergrund untersuchten Wissenschaftler des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zusammen mit Kollegen der Kieler Universität und der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg die Wirkung der AfT von OECD-Geberländern auf Exporte und Importe von Empfängerländern.

Als Erstes fokussierten sich die Wissenschaftler auf die Handelsbeziehungen zwischen Gebern und Empfängern. Ziel war, die Wirkung von AfT auf Handelsflüsse in beide Richtungen mit Hilfe von statistischen Tests zu identifizieren. Die Erwartung war, dass – wenn das Geberinteresse keine Rolle spielt – die Exporte von Empfängerländern in Geberländer stärker wachsen sollten als die Importe.

Übereinstimmend mit der empirischen Annahme fördert AfT Handel in beide Richtungen. Eine Verdopplung von AfT bedeutet, dass die Exporte vom Empfänger- zum Geberland um ungefähr fünf Prozent steigen, während die Importe vom Geber zum Empfänger um etwa drei Prozent zunehmen. Dieses Ergebnis stützt also nicht die Vermutung, dass Geber AfT hauptsächlich aus eigenem Exportinteresse gewähren.

Am augenfälligsten ist, dass die Wirkung von AfT nur mäßig zwischen verschiedenen Arten von Geberländern variiert. Der quantitative Effekt von AfT auf die Exporte der Empfänger ist relativ gesehen größer für die Untergruppe der Geber, die generell als altruistisch eingestuft werden wie Dänemark und die Niederlande. Dennoch gibt es keinen Beweis, dass Geber wie Frankreich, die als eher egoistisch gelten, AfT hauptsächlich dafür nutzen, um ihre eigenen Interessen zu fördern.


Nachteile

Nichtsdestotrotz verweisen die Wissenschaftler auf Nachteile der AfT-Initiative. In Ländern mit geringem Einkommen, wo Angebotsengpässe am stärksten ausgeprägt sind, war die positive Wirkung auf Exporte geringer als in Ländern mit mittlerem Einkommen. Im Gegenteil hat AfT in Ländern mit geringem Einkommen sogar die Importzahlen erhöht.

Die Ergebnisse für verschiedene Regionen weisen in dieselbe Richtung. AfT fördert Exporte aus Ostasien und Lateinamerika mehr als aus Subsahara-Afrika, wo es am meisten benötigt wird. Gleichzeitig führt AfT zu mehr Importen aus Geberländern hauptsächlich in Subsahara-Afrika.

Im nächsten Schritt analysierten die Wissenschaftler, ob AfT hilft, die Handelsbeziehungen zwischen Entwicklungsländern zu fördern. Positive Auswirkungen auf den Süd-Süd-Handel wären ein starker Indikator dafür, dass AfT effektiv ist und dass Geberinteressen keine Rolle spielen. Und in der Tat scheint AfT die Exporte eines Landes in andere Länder mit geringem und mittlerem Einkommen zu fördern und ebenso die Importe aus diesen Ländern. Wenn zwischen Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen unterschieden wird, lässt die Beweislage vermuten, dass AfT die Handelsbilanz von Ländern mit geringem Einkommen im Süd-Süd-Handel verbessern kann. Solch ein von AfT verursachter Süd-Süd-Handelsüberschuss könnte dann für Importe aus Ländern mit hohem Einkommen genutzt werden, die benötigt werden, um wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.

Zum Schluss wurde die Frage gestellt, ob AfT den Empfängerländern hilft, ihre Exporte aufzuwerten und zu diversifizieren, weil die Abhängigkeit von Rohstoffen ein großes Problem vieler Entwicklungsländer ist. Es stellte sich heraus, dass AfT die Rohstoffexporte der Empfängerländer kaum beeinflusst, aber den Export von verarbeiteten Produkten vorantreibt. Das impliziert, dass AfT die Exportprodukte der Empfängerländer aufwertet. Zugleich kann ausgeschlossen werden, dass die AfT-Initiative nur durch eigennützige Geber ins Leben gerufen wurde, die besseren Zugang zu Rohstoffen erlangen wollten.

Alles in allem haben die Empfänger mindestens genauso viel von Aid for Trade profitiert wie die Geber selbst. Während sich die Annahme, dass Geber AfT vor allem deshalb gewähren, um ihren eigenen Export voranzutreiben, als falsch herausstellte, sollten die Empfänger aber auch nicht zu viel von AfT erwarten: Der quantitative Effekt ist mäßig, und Länder mit mittlerem Einkommen profitieren in der Regel mehr davon als arme Länder.

Hinsichtlich politischer Maßnahmen könnte es hilfreich sein, den Fokus weg von Infrastruktur und Produktion in Richtung Unterstützung der Handelspolitik und bei Regularien zu verlagern. Möglicherweise könnten Geber mehr Integration der Empfängerländer in den Welthandel erreichen, wenn sie eine relativ kleine Summe für technische Hilfe zur Erleichterung des Handels gewähren, anstatt die gleiche Summe in Infrastruktur oder den Produktionssektor zu investieren. Geber sollten außerdem die Schieflage bei der Vergabe von AfT beseitigen. Um mehr Wirkung zu erzielen, reicht es aber nicht aus, den Fokus auf Länder mit geringem Einkommen zu richten. Es müssen ebenso länderspezifische Kriterien definiert werden, um geeignete Empfänger mit günstigen Vor-Ort-Bedingungen zu finden.

 

Peter Nunnenkamp ist Wissenschaftler beim Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel und arbeitet in den Bereichen „Armutsminderung und Entwicklung“ und „internationale Arbeitsteilung“.
peter.nunnenkamp@ifw-kiel.de

Rainer Thiele ist Leiter des Forschungsbereichs „Armutsminderung und Entwicklung” beim IfW und Honorarprofessor der Universität Kiel.
rainer.thiele@ifw-kiel.de


Literatur

Berthélemy, J.-C., 2006: Bilateral donors’ interest vs. recipients’ development motives in aid allocation: Do all donors behave the same? Review of Development Economics 10(2).

Hoeffler, A. und Outram, V., 2011: Need, merit, or self-interest – what determines the allocation of aid? Review of Development Economics 15(2).

Hühne, P., Meyer, B. und Nunnenkamp, P., 2014a: Who benefits from aid for trade? Comparing the effects on recipient versus donor exports. Journal of Development Studies 50(9).

Hühne, P., Meyer, B. und Nunnenkamp, P., 2014b: Does aid-for-trade from the north promote south-south trade? Applied Economics Letters 21(17).

Hühne, P., Meyer, B. und Nunnenkamp, P., 2015: Aid for trade: Assessing the effects on recipient exports of manufactures and primary commodities to donors and non-donors. In: Handbook on the Economics of Foreign Aid (eds. M. Arvin and B. Lew), Edward Elgar Publ., Cheltenham 2015.

OECD und WTO, 2011: Aid for trade: Showing results. Policy Brief.
http://www.oecd.org/dac/aft/Policy_brief_AfT_Showing_Results.pdf

OECD und WTO, 2015: Aid for trade at a glance 2015: Reducing trade costs for inclusive, sustainable growth. OECD Publishing, Paris.