Kommentar
Kagame und Kabila haben das Heft in der Hand
[ Von Grace Matsiko ]
Der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) droht ein ähnlich vernichtender internationaler Krieg wie der von 1998 bis 2003. Damals wurden Uganda, Simbabwe, Ruanda, Namibia, Burundi und Angola in die Kämpfe hineingezogen. Laut UN wurden durch den Konflikt zwischen der kongolesischen Armee und dem National Congress for the Defence of the People (NCPD) – einer Tutsi-dominierten Rebellentruppe von General Laurent Nkunda – seit August mehr als 250 000 Menschen vertrieben. Rund 12 000 flohen nach Uganda und es werden mehr werden. Es droht eine akute Hungersnot.
Ugandische Sicherheitskräfte befürchten, bewaffnete Banden aus dem Kongo könnten ins Land kommen, unter dem Vorwand, Zuflucht zu suchen. Auch wird die Gewalt im Kongo die Friedensgespräche zwischen der ugandischen Regierung und der Lord’s Resistance Army (LRA) sicherlich erschweren. Die LRA-Rebellen könnten die Kämpfe nutzen, um sich neu zu bewaffnen und weitere Zivilisten zu entführen. Und obwohl die Allied Democratic Forces (ADF), eine weitere ugandische Rebellengruppe, angekündigt hat, sich an Friedensgesprächen zu beteiligen, ist nicht ga-rantiert, dass sie es auch tut. Der östliche Kongo ist die taktische Basis der ADF.
Es gibt nicht nur Probleme der Sicherheit sondern auch ökonomische. Ugandische Nationalparks nahe der Grenze sind wegen der Gorilla-Vorkommen bei ausländischen Touristen sehr beliebt. Sie könnten wegen der Kämpfe in nächster Nähe leicht zu No-Go-Areas werden. Auch wollte Uganda ab 2009 beginnen, Öl zu fördern. Das wird immer unwahrscheinlicher, da einige der Vorkommen quer zur Grenze liegen. Der Handel zwischen den beiden Ländern hat erheblich abgenommen. Auch könnte der Aufruhr im Kongo Ugandas Demokratisierungsprozess bremsen. Präsident Yoweri Museveni ist seit 22 Jahren an der Macht und wird für eine weitere Amtszeit 2011 das Argument vorschieben, das Land durch Zeiten nachbarschaftlicher Unruhe steuern zu müssen. Angesichts des Chaos im Kongo werden die Ugander die Innenpolitik kaum beachten.
Es sieht nicht so aus, als würden internationale Konferenzen die Probleme lösen. Die Kämpfe im Kongo gingen weiter, obwohl die Führer von Africa’s Great Lakes Region einen sofortigen Waffenstillstand und humanitäre Korridore gefordert hatten. Bei einem Treffen in Nairobi drängten sie darauf, bestehende Abkommen zur Entwaffnung bestimmter Gruppen (darunter der LRA) umzusetzen und das UN-Friedensmandat zu stärken – vergeblich.
Anfang November wies Ruanda internationale Versuche ab, die Krise zu lösen und sprach von einem „Missverständnis“. Kigali verneint die international geteilte Annahme, die Krise sei eine Sache zwischen Ruanda und Kongo. Ruandas Präsident Paul Kagame besteht darauf, dass der Krieg eine interne Angelegenheit des Kongo sei. Analysten halten es für unmöglich, Nkunda ohne Kagames Unterstützung zum Beenden der Kämpfe zu bewegen. Der ruandische Präsident aber – selbst ein Tutsi – bestreitet, den Tutsi Nkunda aktiv zu unterstützen. Man vermutet, dass seine Regierung Nkunda finanziert – aus Frust über den kongolesischen Präsidenten Laurent Kabila. Es heißt, Kabila weigere sich, ruandische Hutu-Milizen zu entwaffnen, zu denen angeblich Täter des Völkermords von 1994 gehören.
Die DR Kongo hat seit Jahrzehnten keine funktionierende Regierung. Große Rohstoffvorkommen verschlimmern die Lage – sie werden von etlichen ausländischen und bewaffneten Gruppen ausgebeutet. Die Gründe für den Krieg von 1998, in den auch Uganda hineingezogen wurde, bestehen weiter. Damals bezeichnete Uganda die noch heute aktive ADF als Hauptgrund für den Einmarsch in den Kongo. Überdies hat die LRA an der Grenze zwischen Kongo und Sudan Position bezogen.
Die UN-Friedensmission MONUC gilt als ineffektiv und bürokratisch. Im Kongo hat sie in der schlecht bezahlten und undisziplinierten Armee ein Pendant gefunden, dem Menschenrechtsverletzungen, Plünderungen und Korruption vorgeworfen werden. Es liegt in der Hand der Präsidenten Kagame und Kabila, die Krise friedlich zu beenden. Kagame muss Nkunda dazu bringen, mit dem Kongo einen Kompromiss zu finden. Kabila dagegen muss dem östlichen Kongo Frieden bringen und sich mit Ruandas Sicherheitsbedenken wegen der Hutu-Milizen befassen.