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Globale Erwärmung

„Warten, dass die Schuldigen handeln“

Wie andere halbaride Regionen der Welt ist der Sahel stark vom Klimawandel betroffen. Im Senegal suchen staatliche und nichtstaatliche Organisationen nach Anpassungsstrategien. Handlungsbedarf besteht – und die Senegalesen finden, dass die Verursacher der globalen Erwärmung mehr Verantwortung übernehmen müssten.

[ Von Mohamed Gueye ]

Mamadou Khouma ist der Programmkoordinator der Global Environmental Facility (GEF), die sich im Auftrag der UNDP mit den Auswirkungen des Klimawandels in Westafrika befasst. Er hält es für falsch, wenn Afrikaner sagen, ihre Regierungen täten nicht genug gegen die Folgen. Afrika produziere nicht mehr als drei Prozent der weltweiten Treibhausgase, betont er: „Und mehr als die Hälfte davon kommt allein aus Südafrika.“ Jede Bemühung afrikanischer Staaten zur Minderung des Klimawandels wäre daher nutzlos, wenn nicht auch die größten Umweltverschmutzer – die großen Industrienationen – handeln.

Doch auch der Senegal selbst solle mehr tun, fordert Khouma: „Es ist wichtig, den Einfluss des Klimawandels auf den Alltag der Menschen zu verringern. Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass jeder unter den Auswirkungen leiden wird.“ Senegal ist bereits mit Problemen wie Bodenabtragung, Erosion der Küsten, Wasserknappheit und Waldbränden konfrontiert. Bauern, Viehzüchter und Fabrikmanager müssten ihr Verhalten ändern, sagt Khouma. Die GEF bildet Mitarbeiter von Behörden diesbezüglich aus. Dem Experten zufolge ist der Senegal ernsthaft bereit, etwas zu tun, auch wenn die Ergebnisse noch nicht zu sehen sind.

Mit Unterstützung der UN hat die Regierung 2006 ein nationales Aktionsprogramm zur Anpassung an den Klimawandel (NAPA) erarbeitet und eine Koordinierungsstelle für Umweltschutz eingerichtet. Laut der NAPA-Koordinatorin für den Senegal, Madeleine Diouf Sarr, wurde das Programm wegen Geldmangels noch nicht voll umgesetzt: „Wir brauchen 30 Millionen Dollar, um die NAPA-Ziele zu erreichen, aber wir haben nur drei Millionen vom GEF erhalten.“ Trotz fehlender Mittel versucht ihr Büro Projekte voranzutreiben, die „nationale Prioritäten berücksichtigen“. Dennoch behaupten Mitglieder ländlicher Organisationen, sie hätten nie gehört, dass NAPA Agrarprojekte im Senegal koordinieren soll.

Es bleibt allerhand zu tun. Das bestätigt auch Diouf Sarr: „Wir sind gut darin, Temperaturschwankungen vorauszusagen und wir können Schätzungen für künftige Temperaturveränderungen abgeben. Aber wir können nicht sagen, ob es morgen regnet oder ob die nächste Regenzeit für die Ernte ausreicht. Aber das sind essenzielle Fragen für unsere Bauern.“Laut Diouf Sarr unterstützt NAPA Projekte, die mit den Umweltgesetzen des Landes in Einklang stehen. „Wer Geld für ein Industrie- oder Agrarprojekt haben möchte, braucht unsere Erlaubnis, ein Unternehmen zu gründen“, erklärt die Koordinatorin; das forderten die verschiedenen internationalen Geber.

Tatsächlich aber werden industrielle oder landwirtschaftliche Unternehmungen häufig ohne Zustimmung der NAPA auf den Weg gebracht – bisher ohne Konsequenzen. Es gebe zu viele Projekte und Organisationen, die sich mit Umweltfragen befassen, beklagt Diouf Sarr. Ungünstig sei auch, dass die Regierung sich nicht eindeutig verpflichtet, sondern es NROs und den UN überlässt, derartige Programme durchzuführen.

Der Programmmanager des Clean Development Mechanism (CDM) in Senegal, Stephane Barry, erhalte mehr finanzielle Unterstützung als sie, bemerkt sie kritisch. Seine Aufgabe ist es, kleine und mittlere Unternehmen davon zu überzeugen, Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Das könnte helfen, den Klimawandel global einzudämmen und die Unternehmen dazu berechtigen, Emissionszertifikate an Interessenten in den reichen Nationen zu verkaufen.

Wie Barry berichtet, hat sich aber bisher kein einziges Unternehmen des finanziellen Profits wegen an die CDM-Konditionen angepasst. Das Programm wirke attraktiv, sei aber offenbar nicht für kleine Länder wie den Senegal gemacht. CO2-Reduktion und Erfüllen von CDM-Bedingungen seien so teuer, dass sie senegalesische Unternehmen wettbewerbsunfähig machten. Manager, die kürzlich an einem Weltbank-Seminar zur CO2-Reduzierung in Dakar teilnahmen, seien zwar sehr interessiert gewesen, aber keine konkreten Verpflichtungen eingegangen.

Enda Protection Naturelle ist eine NRO, die sich mit Klimafragen befasst. Sie wird von der belgischen Hilfs­organisation Enda Tiers Monde geleitet, die Baumwollproduzenten südlich und Gemüsebauern nördlich von Dakar unterstützt. Mariam Sow von Enda hält Anpassung für „ein Modethema bei Weltdenkern“. Dabei vergäßen sie, dass die Sahelzone schon in den 1970er Jahren schreckliche Dürren erlebte und die Menschen auf dem Land Wege fanden, sich der Situation anzupassen. „Sie entwickelten Alternativen in der Landwirtschaft, um unter den neuen Bedingungen zu überleben und zumindest eine geringe Produktion zu gewährleisten.“ Jetzt versuchten Experten genau den Menschen neue Ideen zu präsentieren, die schon vor Jahren eigene Lösungen entwickelten: „Und das nennen sie dann Anpassung an den Klimawandel.“

Ihre Organisation versuche, arme Bauern dabei zu unterstützen, mit der Globalisierung umzugehen, und gleichzeitig Grass-Root-Wissen zu erhalten, sagt Sow. So half Enda beispielsweise Bauern beim organischen Anbau von Baumwolle, was sie zu den Hauptproduzenten für Max Havelaar, einer europäischen Fair-­Trade-Marke, machte. Unternehmen, die fairen Handel betreiben, verkaufen Produkte zu einem Preis, der über dem normalen Marktpreis liegt – die Differenz erhalten die Produzenten in armen Ländern.

Ähnlich wird in der Niaye-Region das Gemüse nach ökologischen Standards angebaut. Enda Pronat hilft den Bauern dabei, es direkt an die Endverbraucher zu verkaufen. Dadurch wird Zwischenhandel vermieden und die Bauern verdienen mehr. „So wird auch nicht zum Gebrauch von Schadstoffen ermutigt“, erklärt Sow. Laut Umweltschützern tragen solche Ansätze gleichzeitig zur Minderung des Klimawandels und zur Anpassung an diesen bei, indem sie die Landwirtschaft stärken.


Prioritäten des Ministers

Khouma und Sow sehen eine mangelnde Entschlossenheit der Regierung, auf Klimafragen zu reagieren – abgesehen von der Einrichtung des NAPA und seiner Umsetzungsbehörde. Das sei auch legitim, schließlich gebe es auch noch die Umweltprobleme im eigenen Land. Für Senegals Umweltminister Djibo Laïty etwa hat der Kampf gegen Plastiktüten Priorität: „Diese Tüten sind in unsere Landschaft eingefallen“, sagt er. „Es gibt keine Stadt, kein Dorf, wie klein auch immer, wo diese Plastiktüten nicht im Wind herumfliegen. Sie töten unsere Schafe und Rinder.“ Die Tiere fressen die Tüten, können sie aber nicht verdauen. Zudem ist es schwierig, Land zu bebauen, das mit Plastiktüten zugemüllt ist. „Bisher“, so der Minister, „haben wir keinen Weg gefunden, sie loszuwerden. Dieses Problem müssen wir bald lösen.“

Und was ist mit dem Klimawandel? In Kas Augen sind es die afrikanischen Länder, die den Preis für die Globalisierung zahlen. Er vergleicht die Situation mit der nach der Nuklearkatastrophe in Tschernobyl. „Uns in der Sahelzone sagte man damals, dass wir unsere Kühe und Schafe wegen der aus der Ukraine kommenden Wolken nicht grasen lassen sollen. Das war etwas, was unsere Schäfer nicht verstanden, aber befolgen mussten.“ Mit dem Klimawandel ist das ähnlich: „Die Schuldigen sitzen woanders, aber wir müssen damit umgehen, was sie zugelassen haben.“

Implizit fordert der Minister, dass diejenigen, die die Emissionen zu verantworten haben, mehr tun sollen, um Anpassungsoptionen zu finden. Dabei unterscheidet er nicht zwischen etablierten Gebernationen und aufstrebenden Mächten wie China, Indien und Brasilien. Denn für ihn ist es keine ideologische, sondern eine praktische Frage: „Die Verschmutzer sollen zahlen.“

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