Menschenrechte
Verhütung für alle
Rose Namukose liegt im Kitayunjwa Gesundheitszentrum III im Bezirk Kamuli in Uganda, um ein Hormon-Implantat eingesetzt zu bekommen. Zwei Gesundheitsarbeiter ziehen sich Handschuhe an. Einer desinfiziert die Stelle für den Stich, der andere bereitet die Betäubungsspritze vor. Rose hat Angst. Sie dreht sich weg, während die Hebamme das Prozedere erklärt. Wenig später verlässt Rose, HIV-positiv und Mutter eines dreijährigen Kindes, das Zentrum und läuft acht Kilometer nach Hause zurück. Nun gibt es eine Sache weniger, um die sie sich sorgen muss – sie wird nicht mehr ungewollt schwanger.
Rose wurde, wie mehr als 1000 Menschen, durch die Coalition for Health Promotion and Social Development (HEPS-Uganda) auf Familienplanung aufmerksam. HEPS-Uganda fordert, dass Frauen umfangreich und kostenlos über alle Verhütungsmethoden informiert werden.
2015 und 2016 führte HEPS-Uganda, unterstützt von dem internationalen Multi-Stakeholder-Netzwerk Reproductive Health Supplies Coalition (RHSC), ein 18 Monate dauerndes Projekt durch. Das Ziel war:
- sicherzustellen, dass die 16 Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens in den Bezirken Mbarara und Kamuli ausreichend Verhütungsmittel zur Verfügung hatten, und
- die Gemeinden über diverse Verhütungsmöglichkeiten aufzuklären.
HEPS-Uganda arbeitete mit Radiosendern zusammen und versuchte auch über SMS und Apps möglichst viele Menschen zu erreichen. Über eine Community Score Card (CSC) wurden Dienstleistungen zur Familienplanung evaluiert. Die Mitarbeiter öffentlicher Behörden sollten über diesen interaktiven Weg stärker für die Menschen verantwortlich gemacht werden, für die sie zuständig sind. Über die CSCs sollen Dienstleistungen bewertet, geplant, überwacht und evaluiert werden.
Mehr als 200 Behördenmitarbeiter und Gemeindemitglieder nahmen daran teil. Daraufhin wurden Aktionspläne entworfen und umgesetzt. HEPS-Uganda nutzt diese Erkenntnisse, um Akteure auch auf nationaler Ebene für das Thema zu gewinnen.
Das Projekt in Kamuli und Mbarara deckte die größten Hürden für eine effektive Familienplanung auf, das sind:
- mangelnde Auswahl an Verhütungsmitteln,
- inkompetentes Gesundheitspersonal,
- fehlende Fachkräfte,
- Angst vor Nebenwirkungen,
- fehlende männliche Beteiligung und
- diverse Mythen und Vorurteile gegenüber Familienplanung.
Das Projekt zeigte, dass diese Hürden bewältigt werden können. Paare brauchen ihren Bedürfnissen entsprechende Verhütungsmethoden. Dazu bedarf es einer großen Auswahl wie
- der Pille,
- Kondome für Männer und Frauen,
- Diaphragmas und Scheidenpessare,
- Spiralen,
- kontrazeptive Implantate, Schwämme, Injektionen und Pflaster,
- Spermizide,
- Vaginalringe und
- Sterilisation des Mannes und der Frau.
Nach Ende des Projekts boten alle Gesundheitszentren im Bezirk Mbarara mindestens fünf Verhütungsmethoden an. Bis dahin hatte es keinerlei Auswahl gegeben. Im Bezirk Kamuli bieten nun 71 Prozent der Gesundheitszentren mindestens drei Methoden an. Vorher waren es nur 57 Prozent. Das Problem, dass keine Verhütungsmittel vorrätig sind, konnte allgemein um ein Viertel reduziert werden.
Die Aufklärung half auch, falsche Vorstellungen auszuräumen. Magidu Mususwa, ein Klient am Gesundheitszentrum Kitayunjwa III schildert, er habe immer geglaubt, wer Verhütungsmittel nutze, bekomme eher behinderte Kinder – und verbot seiner Frau daher, zu verhüten. Nachdem er aber umfassend aufgeklärt worden war, änderte er seine Meinung. Nun unterstützt er die Nutzung von Verhütungsmitteln und sagt: „Ich habe schon mindestens zwei Männer dazu ermutigt, einer Familienplanung zuzustimmen.“
In beiden betroffenen Bezirken hat sich die Situation seither verbessert. Es war wichtig, unterschiedliche Akteure einzubeziehen wie Gesundheitsarbeiter, Bezirksämter, internationale Partner und natürlich die Menschen, die Verhütungsmittel brauchen.
Involvierte NGOs waren unter anderem Marie Stopes International, Cordaid, Buko Pharma-Kampagne und Reproductive Health Uganda (RHU), die der US-amerikanischen Organisation Planned Parenthood angehört. Ihnen ist zu verdanken, dass die Zentren wichtige Verhütungsmittel stets vorrätig haben. Marie Stopes stellte im Nankandulo Health Centre IV auf Wunsch sogar eine Hebamme zur Verfügung, die zwei Monate lang Mitarbeiter darin unterstützte, Langzeitmethoden durchzuführen.
Die Gesundheitszentren haben ihre Beschaffungspolitik geändert. Ihre Mitarbeiter treffen sich nun regelmäßig mit Regierungsmitarbeitern, um so Druck auf das nationale Versorgungssystem auszuüben, mehr Verhütungsmittel bereitzustellen. Leider haben öffentliche Gesundheitseinrichtungen weiterhin nur begrenzte Auswahl. Langzeitmethoden sind meist immer noch kaum erhältlich – es sei denn, nichtstaatliche Entwicklungspartner setzen sich dafür ein.
Ugandas Regierung hat erkannt, dass langwirkende reversible und permanente Verhütungsmethoden zahlreiche Vorteile für die Menschen und das Gesundheitssystem haben. Diese Methoden sind sicher und sehr effektiv. Sie eignen sich für Anwender mit verschiedenen Bedürfnissen, die aus verschiedensten Gründen verhüten wollen. Sie sind kosteneffizient und sie reduzieren den Druck auf das Gesundheitssystem, da es keiner ständigen Wiederbeschaffung bedarf und es geringe Abbruchraten gibt. Weil aber das Geld fehlt, stellt die Regierung nur kurz wirkende Verhütungsmittel zur Verfügung. Darüber hinaus müsste das Personal geschult werden, um langwirkende Methoden anzuwenden.
Ugandas Gesundheitsministerium weiß, dass Familienplanung ein kostengünstiger Weg ist, Müttersterblichkeit zu senken, weil sie das Risiko einer unerwünschten Schwangerschaft senkt und somit seltener abgetrieben wird. Trotzdem haben viele Menschen im Land nach wie vor keine Möglichkeit zu verhüten. Fast ein Viertel aller Frauen würde gern erst später Kinder bekommen, eine Pause einlegen oder keine weiteren Kinder bekommen, aber sie haben keine Wahl.
In beiden Projektbezirken ist es eine echte Herausforderung, die ganze Bandbreite an Verhütungsmethoden zur Verfügung zu stellen. Viele Gesundheitszentren bieten noch immer keine Langzeitmethoden an. Den Menschen bleibt somit das Recht auf Familienplanung verweigert und unerwünschte Schwangerschaften führen zu unnötigen Problemen.
Eric Wakabi ist der Pressesprecher von HEPS-Uganda.
ewakabi@heps.or.ug
Joan Esther Kilande ist Programmmanagerin von HEPS-Uganda.
jkilande@heps.or.ug