Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Wahlkampf-Versprechen

Halbzeit

Nach drei Amtsjahren kann Indonesiens Präsident Joko Widodo, dessen Spitzname Jokowi beliebt ist, einige echte Erfolge aufweisen. Aber es bleibt viel zu tun, denn er hat bislang nicht die Art von Fortschritt gebracht, den sich viele Menschen erhofften.
Neue Überführungsstraße in Jakarta. Tubagus Aditya Irawan/picture-alliance/Pacific Press Neue Überführungsstraße in Jakarta.

Ein Chanson des Liedermachers Iwan Fals war kürzlich sehr erfolgreich. Der Text stellt Jokowis neun Wahlkampversprechen – seine „Nawacita“ – in Frage. Diese waren:  

  • staatlich organisierter Schutz für Bürger und Umwelt,
  • saubere, demokratische Verhältnisse,
  • ländliche Entwicklung,
  • Reformen von Recht, Justiz und Polizei,
  • höhere Lebensqualität,
  • höhere Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit,
  • wirtschaftliche Unabhängigkeit,
  • Nationbuilding unter dem Motto „Einheit in Vielfalt“ und
  • mehr Inklusion durch Sozialpolitik.

Diese Agenda passt zu den 17 Nachhaltigkeits-Entwicklungszielen der UN, nicht zuletzt, weil sie Wirtschaftswachstum für die Stärkung des Gemeinwohls nutzen soll. 

In zwei Jahren stehen Neuwahlen an. Jokowi wird vermutlich kandidieren. Dass das Lied von Iwan Fals Anklang fand, zeigt, dass er sich nicht auf dem Erreichten ausruhen darf. Wichtiger ist, was noch geschehen muss.

Jokowi ist stolz auf sein Erfolge. Die Videos, die sein Team in sozialen Medien veröffentlicht, zeigen Fortschritte bei der physischen Infrastruktur (Dämme, Brücken, Straßen et cetera) und der sozialen Infrastruktur (wie etwa innovative Dorf-Finanzierung, Kliniken oder Schulen). Das ist nicht bloße Propaganda. Die Leistungen sind echt.

Jokowis Regierung hat eine soziale Krankenversicherung eingeführt und Schulgeld bis einschließlich der Mittelstufe abgeschafft. Sie ist gegen illegal fischende ausländische Schiffe vorgegangen, hat den Flugzeugbau widerbelebt und ihren Einfluss im Bergbau erhöht. Das sind wichtige Dinge für das viertbevölkerungsreichste Land der Welt, das zu den G20 gehört und an Kaufkraft gemessen die zehntgrößte Volkswirtschaft ist.

Es läuft aber nicht alles rund. Der Anteil der Armen ist seit 2012 jährlich nur um 0,3 Prozentpunkte zurückgegangen. Die Einkommensverteilung ist sehr ungleich. Laut Indonesia Investment, einer niederländischen Firma, kontrolliert eine winzige Elite von 0,02 Prozent der Bevölkerung rund ein Viertel des Privatvermögens.

Die indonesische Gesetzgebung wurde in den vergangenen Jahrzehnten so oft und so schnell geändert, dass Investoren manchen Branchen – darunter auch erneuerbare Energie – fernbleiben. Trotz staatlicher Kooperation mit Umweltschutzorganisationen im Forstschutz brennen in Kalimantan und Sumatra Wälder. Großunternehmen machen derweil auch weite Teile Papuas zu Palmöl-Plantagen (siehe dazu auch E+Z/D+C e-Paper 2017/10, S. 36).

Human Rights Watch zufolge sind auf Jokowis rhetorisches Bekenntnis zu den Menschenrechten keine „bedeutsamen politischen Initiativen“ gefolgt. Die Lage der Minderheiten ist nicht besser geworden, und obwohl Menschenrechts- und Umweltaktivisten theoretisch viele Rechte haben, sind sie in der Alltagwirklichkeit bedroht. Nationalistischer Überschwang im Kampf gegen den Terrorismus hat zudem zu Gesetzen geführt, die leicht gegen jede Person oder Organisation gewendet werden können, die Kritik zu äußern wagt. Derweil verliert die Antikorruptions-Behörde wegen permanenter Angriffe ihrer Gegner an Biss.

Indonesiens Demokratie würde von Vergangenheitsbewältigung profitieren. Die Suharto-Diktatur von 1965 bis 1998 muss aufgearbeitet werden (siehe hierzu meinen Kommentar in E+Z/D+C e-Paper 2016/11, S. 42). Mächtige gesellschaftliche Kräfte wollen das aber nicht. Jokowi gehört nicht zu ihnen, er fordert ihr Lager aber auch nicht heraus.

Indonesien zu regieren ist eine immens schwierige Aufgabe. Jokowi konzentriert sich bisher auf Wirtschaftsentwicklung, Sicherheit und Sozialpolitik. Er verdient Lob dafür, dass er 27 Prozent des nationalen Haushalts in die Bildung steckt. Das gab es noch nie. Gute Bildung und berufliche Qualifizierung für die junge Generation sind ein Bollwerk gegen islamistischen Extremismus.

Jokowi rennt allerdings mit der Zeit um die Wette. Einer aktuellen Umfrage zufolge steigt immerhin sein Ansehen in der Bevölkerung. Er will Grundlagen schaffen. Seine Amtszeit läuft noch zwei Jahre, und er wird an seinen Nawacita-Versprechen gemessen werden.


Edith Koesoemawiria ist freie Journalistin.
hidayati@gmx.de