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Climate crisis

Auswirkungen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen in Madagaskar

Weltweit wächst das Bewusstsein dafür, dass der Klimawandel das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen bedroht. Eine erhebliche Lücke klafft jedoch noch, wenn es darum geht, die spezifischen Folgen für die psychische Gesundheit zu verstehen – insbesondere in den am stärksten gefährdeten Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen. Eine Studie zeigt beunruhigende Zahlen zu Angstzuständen und Depressionen bei jungen Menschen.
Gemeinsam zu spielen gehört zu den wichtigsten Bewältigungsstrategien von Jugendlichen in Madagaskar, um die Folgen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit abzuschwächen. dpa/Design Pics/Joel Sartore Photography
Gemeinsam zu spielen gehört zu den wichtigsten Bewältigungsstrategien von Jugendlichen in Madagaskar, um die Folgen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit abzuschwächen.

Das Autorenteam fand heraus, dass der Klimawandel schwerwiegende Folgen für die psychische Gesundheit von Jugendlichen im Süden Madagaskars hat, einer der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen der Welt. Die Menschen dort leiden unter Wirbelstürmen, extremer Hitze und langen Dürrezeiten. Dadurch verwandelt sich fruchtbares Land in Wüste, und Wasserquellen versiegen, was Ernährungssicherheit und Wasserversorgung bedroht. Die meisten Menschen in dieser Region betreiben Subsistenzlandwirtschaft oder Viehzucht und sind somit von verändertem Wetter und Klima besonders betroffen.

Um die Folgen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen zu untersuchen, führten die Forschenden Umfragen durch und leiteten Gruppendiskussionen. Sie sprachen mit 83 Jugendlichen zwischen zehn und 24 Jahren in sechs Dörfern außerhalb der Stadt Ambovombe in der Region Androy. Alle Teilnehmenden waren von mehrdimensionaler Armut betroffen. Weniger als 14 % hatten zu Hause Strom, und niemand lebte in einem Haushalt, in dem es ein Motorrad, ein Auto, einen Lastwagen oder einen Computer gab.

Laut den Forschungsergebnissen sind psychische Probleme unter jungen Leuten weit verbreitet. Überwältigende 82 % der Jugendlichen litten wahrscheinlich unter einer Depression, zwischen 76 % und 87 % wahrscheinlich unter einer generalisierten Angststörung. Die Jugendlichen zeigten sich extrem besorgt über den Klimawandel.

Im Zentrum ihrer psychischen Krisen steht die gravierende Ernährungsunsicherheit. In den vorangegangenen zwölf Monaten hatten 90 % der Jugendlichen erlebt, dass zu Hause das Essen ausging; 95 % gaben an, hungrig gewesen zu sein und dennoch nichts gegessen zu haben; und 69 % hatten einen ganzen Tag lang nichts gegessen. 

Wie der Klimawandel zu psychischem Stress führt

In Fokusgruppendiskussionen mit 48 Jugendlichen zeichneten sich grob betrachtet drei Arten ab, wie der Klimawandel die Jugendlichen psychisch belastet. Erstens führt der Verlust von Ressourcen im Haushalt zu Angst und Verzweiflung. Zunehmende Hitze, unerbittliche Dürreperioden, verstärkte Winde und Sandstürme haben Lebensmittel- und Wasservorräte dezimiert. Die Jugendlichen benutzten häufig das madagassische Wort „kere“, was so viel bedeutet wie Hunger oder Verhungern. Sie berichteten, gesehen zu haben, wie Menschen verhungern. Familien mussten ihre spärlichen Besitztümer verkaufen, um Essen und Wasser kaufen zu können, und gerieten so in einen Teufelskreis aus Verarmung und Verzweiflung.

Zweitens verunsichert der Klimawandel die Jugendlichen hinsichtlich ihrer Zukunft stark. Die Tatsache, dass Wetter, Landwirtschaft und Verfügbarkeit von Nahrung unvorhersehbar geworden sind, wirkt sich verheerend auf ihr psychisches Wohlbefinden aus. Sie beschrieben ein überwältigendes Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit. „Es gibt nichts, wovon wir sicher ausgehen können“, beklagte einer der jungen Menschen.

Drittens zeigt die Studie, dass grundlegende Quellen der Resilienz – etwa enge Freunde, Familie, religiöser Glaube, Unterstützung durch die Gemeinschaft, Schule und einfache Momente der Freude – oft nicht mehr so bestehen wie früher. Für die Jugendlichen waren dies Bewältigungsmechanismen, um die Folgen des Klimawandels auf ihr Leben abzumildern. Aber einige dieser Resilienzquellen werden durch den Klimawandel beeinträchtigt. Beispielsweise halten Extremwetterereignisse Kinder vom Schulbesuch ab. Zugleich können Jugendliche wegen klimabedingter Armut die Schulgebühren nicht zahlen und werden so ihrer Bildungschancen beraubt. Die wirtschaftliche Not nimmt ihnen auch die Möglichkeiten, Schönes zu erleben. Beispielsweise könnte es ihnen in ihrer Lage helfen, Radio zu hören oder zu Musik zu tanzen – aber die meisten der Jugendlichen besitzen kein Radio. „Wir haben kein Radio, aber wir spielen mit anderen Kindern ... wir spielen oder denken ans Hungern“, sagte ein Mädchen.

Dringender Handlungsbedarf

Die Studienergebnisse aus dem Süden Madagaskars machen deutlich: Anders als in vielen Ländern mit hohen Einkommen, in denen die Folgen des Klimawandels eher abstrakt erscheinen mögen, sind die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hier untrennbar verbunden mit der konkreten Ernährungsunsicherheit. 

Zum Erhalt der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen haben die Autor*innen mehrere Vorschläge:

  • Ernährungs- und Wassersicherheit verbessern, da das Wohlbefinden in jeder Hinsicht auf diesen Grundbedürfnissen basiert.  
  • Jugendlichen das Wissen und die Fähigkeiten vermitteln, die sie brauchen, um die Landwirtschaft an das sich verändernde Klima anzupassen und so ihr Gefühl von Ohnmacht und Unsicherheit zu mindern.
  • Einen kontinuierlichen, sicheren Zugang zu Bildung gewährleisten.
  • Aktivitäten ermöglichen, die psychisches Wohlbefinden fördern, wie Musik, Tanz und Kunst.

Die Studie ist relativ klein und ihre Aussagekraft begrenzt. Aber sie zeigt, wie stark Kinder und Jugendliche bereits unter der Klimakrise leiden. Es braucht weitere Studien, um ihnen und anderen besser helfen zu können. Dabei sind konsequenter Klimaschutz und eine wirksame Klimaanpassung besonders wichtig. Wir müssen die globale Erwärmung bremsen – sonst werden immer mehr junge Menschen Situationen erleben wie die Jugendlichen in Madagaskar.

Link
Hadfield, K., et al., 2025: “There is no hope; only strong wind”: How climate change impacts adolescent mental health in southern Madagascar. The Journal of Climate Change and Health, Volume 23. 
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2667278225000215

Roli Mahajan ist eine Journalistin aus Lucknow, Indien.
roli.mahajan@gmail.com 

Dieser Beitrag ist Teil des „89 Percent Project“, einer Initiative der globalen Journalismus-Kooperation „Covering Climate Now“.

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