Privatsektor
Ungenutzte Wirtschaftskraft
Olubukunola George hat es geschafft: Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin des Pharmahändlers „Health Plus“ in Lagos, der nigerianischen Wirtschaftsmetropole. Der Weg dorthin war lang und wurde durch die Tatsache, dass sie eine Frau ist, erschwert. Wie sie berichtet, wurden ihr erst beim Studium in England ihre Chancen bewusst, denn in Nigeria wurde sie nie systematisch informiert. Sie schließt daraus: „Besonders wichtig ist es, die Bildung und Aufklärung über die Rechte der Frauen zu fördern.“
Bola Adesola von der Standard Chartered Bank in Nigeria schätzt die Dinge ähnlich ein: „Zivilgesellschaft und Staat müssen zusammen Sensibilisierungsarbeit leisten.“ Ihrer Erfahrung nach können gerade Frauen positiv zur Entwicklung beitragen, da sie ihr Einkommen für Gesundheit, Bildung und Familie verwenden. Es sei wichtig, aktiv auf diese Zielgruppe zuzugehen: „Wir müssen Frauen ermutigen, Banken als Partner anzusehen.“
Zugang zu Finanzdienstleistungen
Dieser Meinung ist auch das internationale Netzwerk Women‘s World Banking. Es verbindet 39 Finanzinstitutionen in 27 Ländern. Seine Präsidentin Mary-Ellen Iskenderian berichtet, die Mitgliedsinstitute hätten in den vergangenen vier Jahren 10 Milliarden für Finanzdienstleistungen für Frauen aufgewendet. Dabei ging es nicht nur um Mikrokredite für Kleinstunternehmerinnen, sondern auch um andere Kredite, Versicherungen und Wertanlagen.
Iskenderian ist stolz auf eine Vereinbarung mit Banken in Nigeria. Diese hätten sich verpflichtet, mittelfristig 40 Prozent Frauen zu beschäftigen, und zwar auch auf den Führungsebenen. „Das beeinflusst, wie die Banken arbeiten, und die Gestaltung ihrer Produkte“, verspricht Iskenderian. Sie sieht bereits große Fortschritte: „Viele Partnerbanken sehen das hohe Potenzial von weiblichen Kunden.“
Selbstverständlich ist das leider nicht. Noch immer haben es geschäftstüchtige Frauen in vielen Ländern schwerer als Männer. Laut Weltbank werden Frauen ökonomisch in 102 von 141 Staaten Männern gegenüber benachteiligt. Dies wirke sich negativ auf die ökonomische Produktivität aus, da viele Frauen als Konsequenz im informellen Sektor arbeiten. Ein Land könne sich nicht weiterentwickeln, wenn über die Hälfte der Bevölkerung aus Gendergründen benachteiligt wird.
Ein zentrales Problem bleibt dabei der mangelnde Zugang zu Finanzdienstleistungen. Frauen haben oft nur begrenzten oder sogar gar keinen Zugang zu Krediten, wie Peer Stein von der Weltbank-Tochter International Finance Corporation IFC ausführt. Da Frauen weltweit nur etwa ein Prozent des Grundeigentums besäßen, fehlten ihnen oft Sicherheiten. Lokale Banken sähen sie oft nicht als Zielgruppe an. Deshalb bleibe ihr Potenzial ungenutzt.
Die IFC ist für die Förderung des Privatsektors zuständig und versucht, in Zusammenarbeit mit Banken weltweit die Situation zu verbessern. Stein berichtete Mitte November bei einer IFC-Veranstaltung in Frankfurt, dass sein Institut unter anderem Partnerbanken Geld für einschlägige Kreditprogramme leihe.
In vielen Ländern sind Frauen ökonomisch völlig von ihren Ehemännern abhängig. Sie können ohne die Unterschrift ihres Mannes keine Geschäfte abschließen, wie Tania Moussallem von der BLC Bank in Beirut erklärt. Aus ihrer Sicht sind kulturelle Rollenzuschreibungen wichtig. Frauen seien im Libanon weder in die Arbeits- noch in die Finanzwelt richtig integriert.
„Es gibt wenig Bewusstsein für die Frau und ihre ökonomischen Bedürfnisse“, sagt Moussallem. Aufgabe der BLC Bank sei es, auf diese einzugehen. Nötig sei es aber zunächst, das eigene Personal zu sensibilisieren, damit sie besser auf Frauen eingehen. Die BLC Bank arbeite an speziellen Finanzangeboten für Frauen, damit diese Geschäftsideen leichter realisieren können. Wichtig seien auch praktische Trainings für Frauen, um diese zu ermutigen, Unternehmen zu starten und zu führen.