Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Hochschulen

Deutsch-arabischer Expertennachwuchs

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) finanziert innovative bikulturelle Master-Studiengänge, die deutsche und arabische Hochschulen gemeinsam anbieten. Der erste Kurs hat schon begonnen.


[ Von Matthias Weiter ]

Kaum eine deutsche Entwick­lungs­organisation würde Fachleute ohne Spanischkenntnisse nach Lateinamerika schicken. Dagegen ist es ganz normal, Mitarbeiter ohne Arabischkenntnisse nach Nordafrika oder in den Nahen Osten reisen und dort überwiegend auf Englisch oder Französisch kommunizieren zu lassen.

Bei Infrastrukturprojekten, in die bis Ende der 90er Jahre die meisten Entwick­lungsgelder flossen, mag das nicht sonderlich problematisch gewesen sein. Mittlerweile ist die Kommunikationsfähigkeit aber wichtiger geworden, denn zeitgemäße Entwicklungsprogramme setzen auf mehreren Ebenen an:
– Zentralstaatlich erfolgt sektorspezifische Politikberatung,
– fachlich-institutionell werden die Partner in Sachen Konzeption und Management unterstützt, und
– lokal wird bei der Umsetzung von Projekten geholfen.

Damit all das kohärent gelingt, muss die Kommunikation stimmen. Experten sollten daher Fachdiskussionen der Partner zunehmend ohne Dolmetscher folgen können. Wünschenswert wäre auch, Dokumente auf Arabisch lesen oder sogar selbst verfassen zu können.

80 bis 90 Prozent der Mittel, die das BMZ bilateral an arabische Länder vergibt, gehen in die Sektoren
– Wasser und Umwelt,
– erneuerbare Energien,
– Wirtschaftsförderung und
– Bildung, besonders Berufsausbildung.

Die Schwerpunktbildung ist sinnvoll, um effektiver arbeiten zu können. Die deutschen Beiträge sind heute normalerweise in die nationalen Entwicklungsstrategien der Zielländer eingebettet. Sie werden mit anderen bilateralen und multilateralen Partnern wie der Europäischen Kommission oder der Weltbank abgestimmt, wobei finanzielle Zusagen oft über viele Jahre gemacht werden. Die Bundesregierung rechnet daher damit, dass diese Art der bilateralen Zusammenarbeit mit arabischen Ländern in Zukunft ausgebaut wird. Entsprechend hat das BMZ Geld für bikulturelle Master-Studiengänge in den vier Schwerpunkten bereitgestellt, die deutsche und arabische Hochschulen gemeinsam anbieten. Die Koordination hat die GTZ dem Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD) übertragen, in dessen Auftrag internationale Fachgutachter deutsch-arabische Hochschulkonsortien für die Durchführung auswählen.

Fachleute und Kenner der Region gehen davon aus, dass die Beschäftigungsaussichten von Absolventen ausgezeichnet sein werden – sofern die Studenten nicht ohnehin schon eine feste Anstellung haben und für das Studium beurlaubt wurden. Es haben bereits deutsche Entwicklungsinstitutionen und Beraterfirmen sowie in der Region engagierte Privatunternehmen und internationale Institutionen Interesse an Absolventen geäußert.

Die Studiengänge gehen auf die vom Arab Human Development Report (2003) geforderten Aspekte zur Reform arabischer Hochschulen ein. Die Lehre soll verbessert werden, zudem sollen sich Curricula am regionalen Entwicklungsbedarf und an der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt orientieren. Die vom BMZ unterstützten Studiengänge zielen darauf ab, einerseits Fachkommunikation und Führungskompetenz in der arabischen Welt auszubauen, andererseits aber den Wissensaustausch dieser Länder mit hoch entwickelten Nationen zu stärken. Auf beiden Ebenen sind Erfahrungsaustausch und Arbeitsteilung noch recht schwach entwickelt.

Das Grundmuster der vier Studiengänge entspricht diesen Anforderungen:
– Die Ausbildung ist auf Kleingruppen ausgerichtet und hat weitgehend Seminarcharakter. Im ersten Durchgang ist die Zahl der deutschen und arabischen Teilnehmer auf jeweils zehn begrenzt.
– Von drei Semestern wird das erste an einer arabischen und das zweite an einer deutschen Hochschule verbracht. Im dritten Semester erstellen die Studenten in gemischten Teams ihre Masterarbeit zu einem praxisrelevanten Thema überwiegend vor Ort in einem arabischen Land.
– Die Unterrichtssprache ist Englisch, so dass die Studiengänge sowohl im arabischen Land als auch in Deutschland akkreditiert werden können und die internationale Anschlussfähigkeit gesichert ist.
– Während der ersten beiden Semester erhalten die deutschen Teilnehmer die Möglichkeit, ihr Arabisch zu vertiefen. Die arabischen Teilnehmer sollen Deutsch-Grundkenntnisse erwerben.
– Auswahlkriterien für deutsche Bewerber sind ein fachlicher Bezug im Studium (mindestens mit Bachelor-Abschluss), frühere Aufenthalte in der Region und möglichst auch arabische Sprachkenntnisse. Auswahlkriterium für arabische Bewerber ist ein Bachelor-Abschluss sowie einschlägige fachliche Berufserfahrung.

An diesen innovativen Studiengängen nehmen keine klassischen Studenten teil – vielmehr handelt es sich um junge Erwachsene, die schon eine Ausbildung abgeschlossen und zumeist Berufserfahrung haben. Dass sie aus unterschiedlichen Lernkulturen stammen, stellt die Lehrkräfte vor zusätzliche Herausforderungen. Auch sie brauchen neben kultureller Sensibilität eine spezielle Vorbereitung.

Werden sich genügend deutsche Bewerber finden, um den Aufwand und die Kosten zu rechtfertigen? Vorbehalte gibt es einige gegen die Arbeit in und mit der Region. Nicht zuletzt Gewalttaten von religiösen Fanatikern haben das Image der arabischen Welt beschädigt. Besucher kommen aber zumeist beeindruckt von Vielschichtigkeit, Gastfreundschaft und Sicherheit in der Region zurück. Und das Kursangebot wendet sich vor allem an Bewerber, die bereits Regionalerfahrung mitbringen.

Die Teilnahme an den ersten Durchläufen der Studiengänge dürfte sogar besonders interessant sein. Mit ihren Erfahrungen und Anregungen können Studenten das Curriculum beeinflussen. Auch die finanziellen Bedingungen sind günstig. Da die Bundesregierung die Kosten der ersten drei Durchgänge der neuen Studiengänge trägt, fallen vorerst keine Studiengebühren an. Darüber hinaus können die deutschen wie die arabischen Teilnehmer auch ein DAAD-Stipendium beantragen.

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