Naturschutz
Grenzüberschreitender Wildtierschutz
Im südlichen Afrika gibt es ein einzigartiges Netzwerk von Naturräumen und Schutzgebieten. Ein Großteil der weltweiten Artenvielfalt ist hier zu Hause, darunter auch viele Wildtiere, die zahlreiche Touristen anziehen. Pflanzen- und Tierarten haben in der Vergangenheit von umfassenden Naturschutzbemühungen profitiert. Zum Beispiel erstreckt sich das Schutzgebiet Kavango-Zambezi (KAZA) über mehr als 400 000 Quadratkilometer in insgesamt fünf Ländern und beherbergt unter anderem rund 250 000 Afrikanische Elefanten.
Insgesamt umfasst die Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (Southern African Development Community – SADC) 18 grenzüberschreitende Schutzgebiete. Sie spielen eine wichtige Rolle für den Schutz einiger der größten verbliebenen Wildtierpopulationen des Kontinents. Darüber hinaus sind sie Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung in und in der Nähe der Parks und befördern die regionale Integration. In der SADC-Region leben mehr als 270 Millionen Menschen, von denen die meisten von natürlichen Ressourcen wie Trinkwasser, Brennholz, Baumaterial und Nahrung – inklusive Wildfleisch – abhängig sind.
Die Parks generieren Einkommen und schaffen Arbeitsplätze. Rund jeder 15. Job in Afrika südlich der Sahara hängt direkt oder indirekt mit dem Tourismus zusammen. Wildtier-Tourismus ist dementsprechend ein bedeutender Antrieb der regionalen Entwicklung. Der illegale Handel mit Wildtieren oder Wildtierprodukten stellt jedoch eine wachsende Bedrohung dar. Vor allem Wilderei-Syndikate, die mit Elfenbein, Nashorn-Horn und anderen Wildtierressourcen handeln, unterminieren die Anstrengungen und Erfolge der Schutzgebiete.
Im Jahr 2015 töteten Wilderer in Afrika mehr als 1300 Nashörner und 20 000 Elefanten, einen Großteil von ihnen in der SADC-Region. Unter anderem waren das KAZA-Schutzgebiet sowie der berühmte Serengeti-Nationalpark betroffen. Einige Länder der Region, wie Mosambik und Malawi, sind zudem wichtige Umschlagplätze für illegale Wildtierprodukte.
Die steigende Nachfrage, vor allem in asiatischen Ländern wie China und Vietnam, treibt die Krise an. Auch schlechte Regierungsführung, mangelnde Strafverfolgung und Korruption in der SADC-Region verschärfen das Problem. Aufgrund hoher Gewinne ist zunehmend das internationale organisierte Verbrechen am Wildtierhandel beteiligt. Große Armut, vor allem auf dem Land, und Arbeitslosigkeit sorgen für permanenten Nachschub an Wilderern, die nicht davor zurückschrecken, ihr Leben zu riskieren.
Der Anstieg von grenzüberschreitender Wilderei und Schmuggel hat gravierende Folgen für die betroffenen Länder. Nicht nur das Überleben bedrohter Tierarten steht auf dem Spiel, sondern auch die Lebensgrundlage vieler Menschen in der SADC-Region.
Gemeinsame Strategie
2013 beschlossen die Umweltminister der SADC-Mitgliedstaaten, im Kampf gegen die Wildtierkriminalität zusammenzuarbeiten. Sie beauftragten das SADC-Sekretariat in Gaborone in Botswana, in Abstimmung mit allen Mitgliedern eine regionale Fünf-Jahres-Strategie für Strafverfolgung und gegen Wilderei (law enforcement and anti-poaching – LEAP) zu entwickeln. Darüber hinaus beschlossen sie die Einrichtung einer Koordinierungsstelle im Sekretariat und die Entwicklung von Aufklärungs- und bewusstseinsbildenden Materialien.
Das SADC-Sekretariat entwarf die LEAP-Strategie mit Hilfe der GIZ und der Naturschutzorganisation WWF in einem umfassenden Prozess unter Einbeziehung aller Beteiligten (siehe Kasten). Der Ansatz umfasst die gesamte illegale Handelskette und verfolgt fünf Hauptziele:
- den Schutz vor Ort zu verbessern,
- den illegalen Wildtierhandel einzudämmen,
- Gesetze und gerichtliche Verfahren zu stärken und zu vereinheitlichen,
- die lokale Bevölkerung stärker am Management natürlicher Ressourcen zu beteiligen und
- nachhaltige Nutzung und Handel mit natürlichen Ressourcen zu befördern.
Im November 2015 verabschiedeten die SADC-Umweltminister die LEAP-Strategie für den Zeitraum 2016 bis 2021. In deren Rahmen arbeiten nun auch die fünf KAZA-Mitgliedsländer – Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe – zusammen. Beispielsweise setzen sie gemeinsame Anti-Wilderei-Richtlinien und Regeln für den grenzüberschreitenden Strafvollzug um. Bisher mussten KAZA-Ranger bei der Verfolgung von Wilderern an den nationalen Grenzen haltmachen und ihre Kollegen im Nachbarland informieren. Bis diese eintrafen, waren die Wilderer meist schon über alle Berge. In Zukunft soll die Zusammenarbeit besser funktionieren, und Ranger sollen Wilderern auch über die Grenzen folgen können. Mehr Informationsaustausch unter den Behörden soll dazu beitragen, Wildereifälle aufzudecken, Muster vorherzusehen, Einsätze vorausschauend zu planen und Kollegen in Nachbarländern frühzeitig zu warnen. Das gemeinsame Sammeln und der Austausch von Beweismitteln werden darüber hinaus die Strafverfolgung organisierter Kriminalität vereinfachen.
Die LEAP-Strategie schreibt auch die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der neuen Wildlife Crime Prevention and Coordination Unit (WCPC) im SADC-Sekretariat fest. Deren Ziel ist es, dass
- Gesetze effektiver angewandt werden,
- Wilderei und illegaler Handel eingedämmt werden,
- die Menschen in Naturschutz- und Entwicklungsmaßnahmen integriert werden,
- die nachhaltige Nutzung und der Handel natürlicher Ressourcen sichergestellt werden und
- der Schutz der Wildtiere in den Parks verbessert wird.
Nun müssen die Mitgliedstaaten, begleitet vom SADC-Sekretariat, die Strategie umsetzen. Zur Implementierung gehören die Bereitstellung von Finanzmitteln und anderen Ressourcen, Kapazitätsentwicklung, Entwicklung und Transfer von Technologien, Kommunikation, Lobbyarbeit und Aufklärung. Die Strategie selbst führt zu mehr Einheitlichkeit der Mitgliedsländer und hilft, zusätzliche Ressourcen für den Kampf gegen den Wildtierhandel zu mobilisieren. Alle SADC-Mitglieder sind deshalb aufgerufen, die LEAP-Strategie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene umzusetzen. Nur mit vereinten Kräften kann der Kampf gegen Wilderei und Wildtierschmuggel im südlichen Afrika gelingen.
Moses Chakanga ist technischer Berater im SADC/GIZ-Projekt „Grenzüberschreitende Nutzung und Schutz natürlicher Ressourcen in der SADC Region“ in Gaborone, Botswana.
Flora Müller ist GIZ-Beraterin der Polifonds-Einzelmaßnahme „Bekämpfung von Wilderei und illegalem Handel mit Wildtierprodukten in Afrika und Asien“.
flora.mueller@giz.de
Klemens Riha ist GIZ-Koordinator der Polifonds-Einzelmaßnahme „Bekämpfung von Wilderei und illegalem Handel mit Wildtierprodukten in Afrika und Asien“.