Wertschöpfungsketten
Globalisierung der Landwirtschaft in Honduras
Globalisierung ist und bleibt ein kontrovers diskutiertes Thema. Kritiker reden vom zerstörerischen Wirbelsturm, der Schaden in Umwelt und Sozialgefüge von Entwicklungsländern anrichtet. In Honduras aber zeigt die Globalisierung in der Landwirtschaft positive Auswirkungen. Sie treibt Verbesserungen voran – bei den Produkten selbst, aber auch was Produktionsprozesse und Strategien von Kleinunternehmen angeht. Das stellt das Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) in Hamburg in einer aktuellen Studie fest.
„Globalisierung hat den Handel verändert, indem sie den Markt geöffnet und den Wettbewerbsdruck für Produzenten in Entwicklungsländern gesteigert hat“, sagt die Autorin Ingrid Fromm, Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Small Enterprise Promotion and Training Programm der Universität Leipzig. In Honduras, wo die Landwirtschaft 56 Prozent der Exporteinnahmen einbringt und 34 Prozent der Erwerbstätigen beschäftigt, hat dieser Wettbewerbsdruck merkbar positive Auswirkungen.
Das GIGA hat 102 Kleinbauern in Nordhonduras mit Blick auf die Integration in Wertschöpfungsketten untersucht. Dabei geht es unter anderem darum, den Wert der Ernte im Land zu steigern, bevor sie auf den Weltmarkt oder gar zum Endverbraucher gelangt. Die Studie zeigt, dass die Integration in Wertschöpfungsketten vorteilhaft ist, denn es wird in Menschen investiert, in Wissen, Prozesse, Ausstattung und bessere Arbeitsbedingungen. Insgesamt laufen die Geschäfte besser.
64 Prozent der Befragten der GIGA-Studie hatten im Sommer 2006 ihre Produktion aufgewertet, indem sie beispielsweise höherwertiges Getreide verwendeten. Ein Großteil (mindestens 80 Prozent) berichtete entsprechend von höherer Produktivität, 67 Prozent sprachen von mehr Gewinn. „Es gibt einen bemerkenswerten positiven Zusammenhang zwischen Produktverbesserung und dem Gesamtabsatz“, sagt Fromm.
Zudem verbesserten alle ihre Produktionsabläufe, indem sie neue Techniken einsetzten, wie Tropfbewässerung, mechanische Pflüge und Gewächshäuser. Etwa 68 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, derartige Innovationen hätten die Produktivität gesteigert.
Manche Landwirte änderten auch ihre Geschäftsstrategie. Sie spezialisierten sich auf bestimmte Produkte, die höheren Profit versprechen. Oder sie setzten andere betriebliche Schwerpunkte, was Fromm „funktionale Aufwertung“ nennt. Auch diese Strategie belegt, dass international erworbene Kenntnisse und grenzüberschreitende Netzwerke sich auszahlen können.
Fromm nennt das Beispiel eines Gemüsebauern in der Region von Comayagua, der vom Subsistenzfarmer zum professionellen Anbieter logistischer Dienste wurde. Er begann damit, den lokalen Markt mit frischem Gemüse zu beliefern. Er kooperierte mit internationalen Kunden und erkannte in der Logistik bessere Chancen. Er fing an, Ware von anderen Bauern zu kaufen, sie zu verpacken und an gehobene Supermärkte zu verkaufen – in der Region wie auch in größeren Städten.
Allerdings haben nicht viele Bauern ihr Geschäft derart massiv umgestellt. Laut Fromm wagten sich weniger als fünf Prozent der Befragten auf einen neuen Markt, weniger als 12 Prozent übernahmen zusätzliche logistische Aufgaben und ebenso wenige Führungsfunktionen. Trotzdem hat der Druck, eine Nische in der internationalen Wertschöpfungskette für sich zu finden und sich damit in den Weltmarkt zu integrieren, erheblichen Wissenszuwachs gebracht und viel verändert.
Fast alle Befragten sagten, sie hätten ihre Produkte, Prozesse oder Aktivitäten umgestellt, um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Ansprüchen der ausländischen Käufer zu entsprechen. Je nach Enge ihrer Beziehung zu den Kunden mussten sie Besonderheiten berücksichtigen, welche Qualitätsstandards, Marktanforderungen, Umweltschutz und Lebensmittelsicherheit ihrer Produkte betrafen. 64 Prozent der befragten Bauern hatten das Gefühl, sich dank ihrer Bemühungen eine stabilere Position in der Wertschöpfungskette verschafft zu haben.
Aviva Freudmann