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Geschlechtsspezifische Auswirkungen von Covid-19

Die Covid-19-Krise trifft Frauen und Mädchen besonders. Laut einer OECD-Studie könnte das die Erreichung geschlechtsspezifischer SDGs behindern. Regierungen sollten ihre Politik anpassen.
Mitarbeiterinnen einer Textilfabrik in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, wurden nach Betriebsschließung nach Hause geschickt. picture-alliance/Pacific Press Agency Mitarbeiterinnen einer Textilfabrik in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, wurden nach Betriebsschließung nach Hause geschickt.

Die Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development – OECD) nennt drei Hauptgründe dafür, dass Frauen stärker von der Coronavirus-Pandemie betroffen sind als Männer:

  • Häufig kümmern sie sich neben ihrer unbezahlten Hausarbeit auch um Kinder und kranke Familienmitglieder. Diese Aufgaben bleiben während der Ausgangsbeschränkungen bestehen und werden sogar belastender.
  • Frauen leiden wirtschaftlich eher, weil ihre Einkommen und Arbeitsplätze unsicherer sind. Zudem sind einige Industrien, die vor allem Frauen beschäftigen, stärker betroffen.
  • Wahrscheinlich erleiden wegen der Ausgangsbeschränkungen mehr Frauen häusliche Gewalt.

Das Gesundheitswesen ist in seiner Reaktion auf Covid-19 stark von Frauen abhängig. Weltweit machen Frauen laut OECD fast 70 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen und etwa 85 Prozent der Krankenschwestern und Hebammen aus. Es ist daher wahrscheinlicher, dass Frauen sich infizieren, da sie Patienten behandeln.

Zudem arbeiten Frauen zu Hause eine „zweite Schicht“. Nach Angaben der OECD verbringen sie etwa zwei Stunden pro Tag mehr mit unbezahlter Arbeit als Männer. Wenn Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen schließen und Menschen zu Hause bleiben, nehmen die Belastungen durch Kinderbetreuung und Hausarbeit für Frauen zu.  

Der Studie zufolge sind die Arbeitsplätze von Frauen häufig weniger sicher als die von Männern. In Entwicklungsländern arbeiten viele Frauen im informellen Sektor, wo ihnen sozialer und rechtlicher Schutz fehlt. Viele informelle Aktivitäten finden auf der Straße statt und werden während der Ausgangsbeschränkungen eingestellt.

Zudem sind einige Branchen, die überwiegend Frauen beschäftigen, stärker betroffen. So sind beispielsweise drei Viertel der Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie Frauen – bis zu 85 Prozent in Bangladesch. Sie verlieren ihr Einkommen, wenn Fabriken und Geschäfte schließen.

Im Durchschnitt sind Einkommen und Vermögen von Frauen niedriger als von Männern. Daher kann ein krisenbedingter Einkommensverlust die Frauenarmut steigern.

Gewalt gegen Frauen nimmt während der Krise zu. Da öffentliche Räume geschlossen sind und Menschen zu Hause bleiben sollen oder müssen, haben Frauen und Kinder es schwerer, gefährlichen Situationen zu entkommen. Frauen haben oft keinen Zugang zu rechtlichem Beistand. Ausgangssperren verschärfen dieses Problem noch. 

Die OECD empfiehlt folgende Maßnahmen:

  • Regierungen sollten Eltern, die systemkritische Arbeit leisten, unterstützen, zum Beispiel durch öffentliche Kinderbetreuung, direkte finanzielle Unterstützung oder die Förderung flexibler Arbeitszeiten.
  • Regierungen sollten Arbeitnehmer unterstützen, die ihren Arbeitsplatz verlieren könnten. Der Zugang zu Arbeitslosengeld und anderen Sozialtransfers sollte erweitert und erleichtert werden. Bedürftigen Menschen könnten Einmalzahlungen gewährt werden. Zwangsräumungen von Wohnungen und die Pflicht, für Strom und Wasser oder Hypotheken zu bezahlen, sollten ausgesetzt werden.
  • Regierungen sollten die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt unterstützen. Sie sollten Schutzdienste zur Verfügung stellen und das Bewusstsein dafür schärfen, dass Missbrauch inakzeptabel ist.

Laut OECD braucht es geschlechtsspezifische Daten und Forschung. Zwar sei die öffentliche Entwicklungshilfe (Official Development Assistance – ODA) für die Reaktion auf die Pandemie wichtig, in der Hilfe im Gesundheitssektor werde die Geschlechterungleichheit jedoch häufig nicht angemessen berücksichtigt. Die Organisation fordert Geber auf, mit lokal kundigen Frauenrechtsorganisationen und -bewegungen zusammenzuarbeiten.

Die OECD prognostiziert einen Anstieg der Frauenarmut, der Müttersterblichkeit sowie der Jugendschwangerschaften und damit verbundenen Schulabbrüchen. Covid-19 gefährdet damit die Erreichung geschlechtsspezifischer UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs).


Link
OECD, 2020: Women at the core of the fight against COVID-19 crisis.
https://read.oecd-ilibrary.org/view/?ref=127_127000-awfnqj80me&title=Women-at-the-core-of-the-fight-against-COVID-19-crisis


Monika Hellstern ist Social-Media-Redakteurin bei E+Z/D+C.
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