Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Rohstoffe

Selbstbestimmte Bauern

Baumwollfarmen sind ein wichtiger Teil der internationalen Textillieferkette. Aber die Menschen, die dort arbeiten, werden oft übersehen. Ungefähr 90 Prozent davon sind Kleinbauern in Entwicklungsländern. Sie sind von ausbeuterischen Zwischenhändlern abhängig und haben meist nichts von positiven Preisentwicklungen. Zudem sind sie vielen Risiken von Pestizidvergiftung bis hin zum Klimawandel ausgesetzt. Fairtrade International bemüht sich, bessere Bedingungen zu schaffen.
Picking organic Fairtrade cotton in Burkina Faso. Jörg Böthling/Photography Picking organic Fairtrade cotton in Burkina Faso.

Fairtrade bietet Bauern, die auf ökologisch nachhaltige und sozial faire Weise produzieren, attraktive Preise, die normalerweise über Weltmarktniveau liegen. Es geht darum, Bauern ein sicheres Einkommen zu gewährleisten, damit sie ein zufriedenes und selbstbestimmtes Leben führen können. Konsumenten, die Produkte mit dem Fairtrade-Siegel kaufen, wissen, dass sie solidarisch handeln und nicht von einer ausbeuterischen Lieferkette profitieren.

Heute sind fast 75 000 Baumwollbauern aus Entwicklungsländern von Fairtrade zertifiziert. Ihre Organisationen – typischerweise Genossenschaften – halten  die hohen Standards ein. Die Regeln verbieten den Anbau genetisch veränderter Organismen und den Einsatz gefährlicher Pflanzenschutzmittel. Fairtrade-Standards dienen der Gesundheit und Sicherheit der Bauern – und sie bewahren die Natur. Sie regen zudem zu umweltfreundlichen Investitionen an, welche die Lebensgrundlagen aller Beteiligten verbessern.

Vor einigen Jahren haben zwei unabhängige Wirkungsstudien über die wichtigsten Anbauregionen – West- und Zentralafrika sowie Indien – gezeigt, dass Fairtrade für Baumwollbauern etwas bewirkt. Eine Studie hatte das Natural Resources Institute (NRI) der britischen University of Greenwich in Zusammenarbeit mit dem Institute of Development Studies (IDS) der University of Sussex herausgegeben; die andere wurde vom Centre for Evaluation (CEval) der Universität des Saarlandes veröffentlicht.

CEval zufolge hat Fairtrade eine „wesentliche Grundlage für erfolgreiche und nachhaltige ländliche Entwicklung“ geschaffen. Der Fairtrade-Ansatz habe Bauern durch Partizipation in starken demokratischen Organisationen erlaubt, ihre Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen. Die Studie würdigte, dass Bauern mit Fairtrade-Zertifizierung mehr Unabhängigkeit und Mitwirkungsmöglichkeiten hätten. Sie hätten Entscheidungen getroffen und die Gestaltung von Vorhaben, die sie selbst betrafen, beeinflusst.

Dazu habe beigetragen, dass Fairtrade die Selbstorganisation der Erzeuger unterstützt. Das Ziel ist, den Bauern mehr Kontrolle über ihr Leben zu ermöglichen. CEval hielt fest, die Einhaltung von Fairtrade-Standards habe „Arbeitsbedingungen verbessert, mehr Sicherheit für Bauern und Arbeiter garantiert und die Umwelt geschützt“.


Sichtbare Verbesserungen

Ein Fairtrade-Prinzip ist, dass Produktionsabläufe im Lauf der Zeit besser werden sollen. Zum Beispiel werden die Bauern zum Wechsel vom konventionellen zum Bio-Anbau ermutigt. Laut der NRI/IDS-Studie machte sich das Konzept der ständigen Verbesserung bezahlt. Fairtrade-Standards hätten der Umwelt erheblich genutzt. Beispielsweise seien der Einsatz schädlicher Pestizide reduziert, Chemikalienbehälter besser entsorgt worden. Zudem seien nachhaltige Anbaumethoden eingeführt und ausgedehnt worden. Es gebe Synergien von Fairtrade mit Bio-Landwirtschaft.

Der Mindestpreis von Fairtrade deckt die durchschnittlichen Kosten für nachhaltige Produktion und gibt beteiligten Bauern wirtschaftliche Sicherheit. Darüber hinaus bezahlt Fairtrade eine zusätzliche Prämie, die es den Erzeugern erlaubt, Investitionen ihrer Wahl für ihre Höfe und Gemeinschaften zu tätigen.

Laut CEval bieten Fairtrades Mindestpreis und Prämie den „Bauern und Arbeitern die wichtige Möglichkeit, zur Entwicklung ihrer Gemeinschaften beizutragen“. Sie würden Verantwortung übernehmen, neue Kenntnisse erwerben und sich in anderen Bereichen der Landwirtschaft engagieren. Letztendlich führe die Unterstützung durch Fairtrade zu besseren Lebensbedingungen im ländlichen Raum.

Es zeigte sich, dass der Fairtrade-Mindestpreis in West- und Zentralafrika deutlich über dem Standardpreis, den staatliche Marketingagenturen zahlten, lag. In Senegal und Kamerun brachte Fairtrade ein Plus von bis zu 49 Prozent, in Mali sogar um bis zu 78 Prozent. In Indien war die Differenz geringer, weil dort die Marktpreise allgemein höher und damit näher am Fairtrade-Niveau lagen. Dennoch war der Fairtrade-Mindestpreis wertvoll. Den Familien war klar, dass ihre Ernährungssicherheit, Gesundheitsversorgung und die Bildung ihrer Kinder durch das zusätzliche Einkommen gestärkt wurden. Sie wussten auch, dass es ihnen besser ging als Bauern, die Baumwolle konventionell anbauten.

Die Fairtrade-Prämie wird oft für soziale Einrichtungen genutzt, welche beispielsweise die Gesundheitsversorgung und Bildungschancen ganzer Gemeinschaften verbessern. Eigene Evaluierungen von Fairtrade International zeigen zudem, dass die Erzeugerorganisationen in die Agrarproduktion investieren. 2013 betrugen die Prämienzahlungen insgesamt 644 000 Euro, und davon wurde mehr als ein Drittel für Dinge wie Werkzeug, Saatgut, Bodenpflege, Teiche, effiziente Bewässerung und organischen Dünger aufgewendet.


Nötige Nachfrage

Der Erfolg von Fairtrade hängt selbstverständlich vom Warenabsatz ab. Vor drei Jahren haben Experten des multilateralen International Cotton Advisory Committee in einem Essay auf einen Haken hingewiesen: Die Bauern müssten neue Techniken erlernen und meist stiegen auch die Produktionskosten, die Nachfrage für ihr Produkt sei aber nicht gesichert.

Nach der Finanzkrise im Jahr 2008 nahm der Verkauf von Fairtrade-Baumwolle in reichen Ländern ab. Besonders in Westafrika hatte das negative Folgen für die Bauern. Obendrein wurden landwirtschaftliche Produktionsmittel teurer, so dass die Gewinnspanne kleiner wurde. Bauern sahen entsprechend weniger Anreize, Fairtrade-Standards anzuwenden. Einige teilten Fairtrade International mit, sie hätten begonnen, andere Nutzpflanzen anzubauen, oder sich für ganz andere Erwerbsstrategien entschieden.

Das neue Fairtrade Cotton Program soll diesem Problem entgegenwirken. Es erleichtert es Kleidermarken Fairtrade-Rohstoffe in ihrer Produktion zu nutzen, anstatt eine spezifische Kollektion mit Fairtrade-Baumwolle zu erstellen. Der neue Ansatz kann der Corporate Social Responsibility der Firmen dienen und zugleich das Schicksal der Bauern positiv beeinflussen.

Mit der entsprechenden Unterstützung können und werden Bauern in ihre Zukunft investieren und dabei Umwelt-, Wirtschafts- und soziale Aspekte berücksichtigen. Fairtrade fördert die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit der Bauern – ein Thema, das nicht zuletzt wegen des Klimawandels dringlich ist. Ungewöhnliches Wetter, Rekorddürren und vernichtende Stürme wirken sich verheerend auf Agrarregionen aus. Fairtrade bietet in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit, Qualität, Produktivität und ökologische Nachhaltigkeit zu verbessern.

 

Anup Kumar Singh ist bei Fairtrade International Produktmanager für Baumwolle.
a.singh-external@fairtrade.net


Links:
NRI/IDS Studie
:
http://www.fairtrade.net/fileadmin/user_upload/content/2009/resources/2011_Fairtrade_Cotton_Assessing_Impact_in_Mali__­Senegal__Cameroon_and_India__main_report.pdf
CEval-Studie:
http://www.fairtrade.net/fileadmin/user_upload/content/2009/resources/2012_Fairtrade_Impact_Study.pdf

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.