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Unsere Sicht

Aufklärung tut not

Unsere Ernährung ist scheinbar das einfachste Thema der Welt: Wir wissen, wann wir Hunger haben und was uns schmeckt. Doch das Thema ist komplex.
Obst- und Gemüsemarkt in Ugandas Hauptstadt Kampala. Antoine Lorgnier/Biosphoto/Lineair Obst- und Gemüsemarkt in Ugandas Hauptstadt Kampala.

Zum einen schmecken Deutschen andere Gerichte als Indern oder Kenianern. Außerdem sind wir genetisch so programmiert, dass Süßes und Fettes gut schmeckt, obwohl zu viel davon ungesund ist – für Jäger und Sammler war das ein Anreiz, mühsamer zu bekommende Nahrung wie Fleisch mit wertvollen tierischen Proteinen oder vitaminreiches Obst zu gewinnen. Heute schafft überzogener Zucker- aber auch Fleischkonsum vielfältige Probleme.

Weiterhin steht vielen Menschen auf der Erde weder zur Verfügung, was ihnen schmeckt, noch, was sie zu einem gesunden Leben brauchten. Laut Weltbank-Schätzung steigt dieses Jahr allein wegen der Covid-19-Krise die Zahl der extrem Armen weltweit um 100 Millionen. Zusätzlich sorgt die Klimakrise für wachsende Not.

Andererseits löst wachsender Wohlstand nicht alle Probleme. Ungesunde Lebensmittel sind sehr beliebt, und dabei geht es nicht nur um Weißbrot und Süßigkeiten. Hochverarbeitete Fertigprodukte sind mittlerweile auch in den Städten von Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen erhältlich. Wegen hoher Zucker-, Fett- und Salzhaltigkeit sowie diverser künstlicher Aromastoffe schmecken sie vielen Menschen gut und verdrängen gesündere Nahrung wie Gemüse, Obst und Vollkorngetreide.

Weltweit nimmt denn auch die Zahl dicker Menschen zu – von denen viele dennoch an „verborgenem Hunger“ leiden. Ihnen fehlen wichtige Mikronährstoffe: Vitamine, Minerale, Spurenelemente und einige Aminosäuren, die in verschiedenen natürlichen Lebensmitteln zu finden sind. Zu den gravierenden Folgen gehören erhöhte Mütter- und Kindersterblichkeit sowie mentale und körperliche Entwicklungsstörungen. Fehlernährung trägt auch zu nichtübertragbaren Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Krebs bei.

Mehr Aufklärung wäre in allen Weltregionen wertvoll. Auch in reichen Ländern wissen viele Menschen nicht, dass Fehlernährung trotz Essen im Überfluss möglich ist. Die Lebensmittelindustrie verdient mit industriell gefertigten Lebensmitteln Milliarden und bewirbt diese aggressiv. Viele Verbraucher ahnen nicht, dass Lebensmittel aus der Packung uns nicht mit genügend Nährstoffen versorgen. Konzerne wie Nestlé, Coca-Cola oder Unilever gaukeln etwas anderes vor – und sie stemmen sich gegen die Kennzeichnung oder gar die Besteuerung ungesunder Inhaltsstoffe wie Zucker oder gehärtete Fette.

Einkommensschwachen Verbrauchern erscheinen derweil gesunde Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Vollkorngetreide und Milchprodukte kaum erschwinglich. Hohe Preise haben viele Gründe. Auf Flächen, wo gesunde vegetarische Nahrung für Massen von Menschen wachsen könnte, werden Futtermittel angebaut, die in die Fleischproduktion gehen. Auch Lebensmittelspekulation oder fehlgeleitete Agrarsubventionen sind relevant. Zudem machen Landwirten immer mehr vom Klimawandel verstärkte Dürren und Fluten zu schaffen.

Das größte Einzelproblem ist vermutlich übertriebener Fleischkonsum. Er ist individuell und gesellschaftlich ungesund. Die Massentierhaltung ist energie- und rohstoffintensiv und heizt mithin die globale Erwärmung mit an. Weltweit ahmen Menschen das destruktive Konsumverhalten Europas und Nordamerikas nach. Das kann nicht gut gehen. Die gesunde Alternative ist mehr vitaminreiche, vegetarische Kost aus regionaler Erzeugung.


Sabine Balk ist Redakteurin von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit /D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu