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Urbanisierung

Unzureichende Infrastruktur

Dieses Jahr muss Kapstadt sein Lehrgeld bezahlen. Die Wasserknappheit trifft jeden – vom Stadtplaner bis zum Einwohner.
Bewohner von Kapstadt füllen Wasserflaschen mit Trinkwasser auf, nachdem die Stadtbehörden im Februar den Pro-Kopf-Wasserverbrauch beschränkt hatten. Halden Krog/picture-alliance/AP Photo Bewohner von Kapstadt füllen Wasserflaschen mit Trinkwasser auf, nachdem die Stadtbehörden im Februar den Pro-Kopf-Wasserverbrauch beschränkt hatten.

Normalerweise versorgen die Stauseen von sechs großen Dämmen Kapstadt mit Wasser. Ihre Speicherkapazitäten waren aber am Ende der Regensaison 2017 auf einem historischen Tiefstand. Seitdem ist die große Frage, ob die Wasserhähne im Ballungsgebiet von vier Millionen Menschen irgendwann trocken bleiben.

Am Anfang machten die Menschen noch Witze über die Krise. Ich bekam zum Beispiel Anrufe von Familie und Freunden, die spöttisch fragten, wann ich das letzte Mal geduscht hätte. Aber als die Wasserstände in den Stauseen weiter sanken, kam Panik auf.

Das nationale Department of Water and Sanitation (DWS) riet der Stadt, ihren Wasserverbrauch unter 500 Millionen Liter pro Tag zu begrenzen. Die Stadt wollte daraufhin sogar das Ziel von 450 Millionen Liter erreichen. Das bedeutet, dass jeder Einwohner nur 50 Liter pro Tag verbrauchen darf und dass Duschen ein Luxus ist. Haushalte, die zu viel Wasser verbrauchen, müssen eine Strafe zahlen. Das Wasserversorgungsunternehmen hat aber keine Daten über Löcher in Rohren, illegale Wasserentnahmen und andere Verluste.

Kapstadt hat einen Katastrophenplan bekanntgegeben, der drei Phasen beinhaltet:

  • In der ersten Phase wird der Wasserverbrauch strikt überwacht.
  • In der zweiten Phase bekommen nur noch wichtige Institutionen wie Krankenhäuser Wasser. Diese Phase wird eingeleitet, wenn der Wasserstand im Stausee unter ein bestimmtes Niveau fällt.
  • In der dritten Phase wird kein Wasser aus dem Stausee mehr zur Verfügung stehen, und Wasser muss in Flaschen verteilt werden. Diese Phase startet am „Tag 0“.

Ursprünglich dachten Experten, dieser Tag 0 wäre am 12. April. Die Lage hat sich aber besser als befürchtet entwickelt, so dass die Krise nicht weiter als Phase 1 eskaliert ist. Das lag daran, dass die Kapstädter in den ersten Monaten des Jahres fast nur die Hälfte dessen verbrauchten, was sie in den gleichen Monaten des Vorjahres konsumiert hatten. Dennoch ist das Ziel von 450 Millionen Litern um etwa 15 Prozent verfehlt worden. Andererseits hat Regen die Speicher allerdings wieder etwas aufgefüllt.

Die Krise ist dennoch nicht vorbei. Im nächsten Sommer könnte Tag 0 eintreten.  Die bittere Wahrheit ist, dass Kapstadt für eine Dürre diese Art nicht gewappnet ist. Das Klima verändert sich. Der staatliche südafrikanische Wetterdienst sagt eine kontinuierliche Abnahme der Niederschläge voraus zusammen mit längeren und wärmeren Sommern. Wissenschaftler meinen, dass die aktuelle Krise mit dem Wetterphänomen El Niño zu tun hat, das sind veränderte Strömungen im ozeanographisch-meteorologischen System. Vorherige El-Niño-Phasen führten aber nicht zu einer so schlimmen Wasserknappheit.

Offensichtlich haben die südafrikanischen Behörden es versäumt, die rapide Urbanisierung zu organisieren. Von 1996 bis 2015 ist die Bevölkerung von Kapstadt um mehr als 50 Prozent gewachsen. Die Wasser- und Sanitärinfrastruktur wurde nicht dementsprechend ausgebaut. Professor Horman Chitonge von der Universität Kapstadt warnt, dass die Infrastruktur vieler Städte des Kontinents unzureichend ist, so dass der Bedarf die Kapazitäten beträchtlich übersteigt.

Zudem funktioniert die Koordination der lokalen Ebene mit der nationalen und Provinzebene überhaupt nicht gut. Kapstadt drohte der DWS, sie zu verklagen, weil sie nicht die nötige Unterstützung geboten hatte. Daher erklärte die DWS am 8. Februar eine nationale Katastrophe in drei Kap-Provinzen. Als Folge dessen konnten nationale Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.

Kapstadt schmiedet nun Pläne für die Zukunft. Es testet eine Meerwasserentsalzungsanlage. Außerdem denken die Stadtplaner darüber nach, Grundwasserressourcen auszubeuten. Sie wissen, dass sie Alternativen finden müssen, um nicht mehr vollständig vom Oberflächenwasser abhängig zu sein.

Die Lage bleibt angespannt. Dennoch hoffen die Leute, dass die Behörden ihre Lektion gelernt haben. Die wichtigste ist wahrscheinlich die, dass nicht Trockenheit zu Wasserknappheit führt, sondern eine unzureichende Infrastruktur, die wiederum von Planungsfehlern herrührt. Der Klimawandel schert sich nicht um Behörden, die in der Vergangenheit hängenbleiben, statt sich zukünftigen Herausforderungen zu stellen.


Majaletje Mathume ist ein südafrikanischer Studentenaktivist.
majaletjet@gmail.com

Korrektur, 23, Juni: In der gestern veröffentlichten Fassung dieses Beitrags stand fälschlicher Weise, in Kaptstadt drohten die Wasserhähne im Juli trocken zu bleiben. Richtig ist, dass solche Befürchtungen lange bestanden, sich die Lage aber, wie Majaletje Mathume richtig ausführt, günstiger entwickelt hat. Im nächsten Jahr kann Tag 0 indessen eintreten. Beitrag, URL und Teaserzeile auf unseren Inhaltsseiten wurden entsprechend korrigiert.

 

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