Garantiertes Grundeinkommen
Sozialtransfers stabilisieren Konsumnachfrage
Im Covid-19-Abschwung verlieren Wohlhabende einen Teil ihres Vermögens und ihres Einkommens. Für Arme stellen dagegen Jobverlust oder die Verunmöglichung informeller Erwerbstätigkeit die wirtschaftliche Existenz in Frage. Die aktuelle Krise droht, Erfolge im jahrelangen Kampf gegen die Armut mit einem Schlag zunichte zu machen.
Hunderte Millionen Menschen werden wieder unter die Armutsgrenze sinken – und dort lange bleiben. Denn um das blanke Überleben zu sichern, müssen sie Kredite aufnehmen, mit deren Rückzahlung sie lange kämpfen werden. Sie werden Land, Vieh und andere Produktionsmittel verkaufen und so ihre bisherigen Einkommensquellen zerstören. Sie werden auch desaströse Jobs in Bergbau, chemischer Produktion und Prostitution akzeptieren und damit ihre Gesundheit und ihre zukünftige Produktivität zerstören. Und sie werden ihre Kinder aus der Schule nehmen, damit sie etwas dazu verdienen, was aber ihre künftigen Verdienstchancen dramatisch reduziert.
Maßnahmen zur Abfederung der Folgen von Covid-19 müssen deshalb nicht nur Unternehmen retten, sondern unbedingt auch den Armen zugutekommen. Die Verarmung breiter Schichten muss verhindert werden. Die verheerenden Folgen sind sonst der rapide Verfall der Kaufkraft, Mangel- und Unterernährung bis hin zum Verhungern und die Destabilisierung von Gesellschaft und Politik.
So schnell und wo immer möglich sollten die Armen Sozialtransfers erhalten. Die Transfers können temporär oder auch einmalig ausgezahlt werden. Sie sollten aber pro Haushalt mindestens einem halben Jahresmindestlohn entsprechen – und wenn die Krise länger anhält auch mehr.
Aktuell gibt es dabei zum temporären bedingungslosen Grundeinkommen keine sinnvolle Alternative, wobei nur Staatsbedienstete, die ihre Arbeit fast überall auf der Welt behalten, ausgeschlossen werden sollten. Bedürftigkeitsprüfungen dauern zu lange, also ist eine Beschränkung auf die ärmsten Bevölkerungsgruppen jetzt nicht möglich. Transfers können auch nicht an Arbeitsleistung geknüpft werden, denn öffentliche Bauprojekte und ähnliche Vorhaben stehen derzeit still. Eine gewisse Bezugsbeschränkung ließe sich allenfalls dadurch erreichen, dass das Grundeinkommen auf Sozialämtern zu beantragen ist, was wohlhabendere Personen abschrecken dürfte.
Die Auszahlung von bedingungslosen Grundeinkommen wäre selbstverständlich ein großer Schritt ins Unbekannte und würde vielen Regierungen viel Mut abverlangen. Zahlreiche Länder bewegen sich aber bereits in diese Richtung. Sie haben bestehende Sozialtransferprogramme aufgestockt oder ausgeweitet (wie etwa Ägypten, Brasilien, Indonesien und Kolumbien) oder neue geschaffen (zum Beispiel Argentinien, Bolivien und die Türkei).
Das universelle Grundeinkommen wäre obendrein wirtschaftspolitisch sinnvoll. Es würde die Konsumnachfrage stabilisieren und somit den konjunkturellen Abschwung bremsen. So manches Kleinunternehmen würde so gerettet.
Wenn Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen diesen Schritt tun wollen, sollten sie großzügig unterstützt werden. Tatsächlich haben Länder mit hohen Einkommen ein Eigeninteresse an der Erhaltung der Kaufkraft in ärmeren Gesellschaften, denn es gilt, sekundäre Faktoren einer globalen Rezession abzufedern und Länder politisch zu stabilisieren. Durch die Finanzierung temporärer, universeller Grundeinkommen könnte Europa zeigen, dass ihm das globale Gemeinwohl aller Menschen tatsächlich am Herzen liegt.
Markus Loewe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Bonn.
markus.loewe@die-gdi.de
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