Entwicklungsstrategie

Vielfältiger Anpassungsbedarf

In vielen Niedrigeinkommenländern wachsen derzeit die Schulden und entsprechend sind neue Krisen absehbar. Die Weltbank muss darüber hinaus aber auch auf anderen Feldern – etwa der Klimapolitik – Anpassungsstrategien von Entwicklungsländern unterstützen.
Afrika muss sich auf Hochwasser einstellen: von Flut zerstörte Brücke 2015 in Mosambik. Silva/picutre-alliance/dpa Afrika muss sich auf Hochwasser einstellen: von Flut zerstörte Brücke 2015 in Mosambik.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung, ist die durchschnittliche Verschuldung der Länder südlich der Sahara seit 2011 von 30 auf über 50 Prozent gestiegen. In 29 Niedrigeinkommenländern stieg die Schuldenquote in den vergangenen vier Jahren um mehr als zehn Prozent. Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) stecken acht bereits in einer akuten Verschuldungskrise – und in 16 weiteren ist solch ein Krisenrisiko groß.

Sorgen bereitet zudem, dass sich die Art der Verschuldung gegenüber früheren Jahrzehnten verändert hat. Der Anteil multilateraler Institutionen und etablierter Geberregierungen ist gesunken. Im Gegenzug spielen Schwellenländer – besonders China – und private Geldgeber eine wachsende Rolle. Auch die Bedeutung inländischer und privater Finanziers nimmt zu. In den vergangenen Jahren haben 16 afrikanische Länder Staatsanleihen platziert.

Die neue Schuldenstruktur schafft neue Risiken. Das Überschuldungsrisiko ist gestiegen, weil kommerzielle Kredite kürzere Laufzeiten haben, die Zinsen stärker schwanken und Kapital schnell abgezogen werden kann. Im Krisenfall wird es zudem schwerer sein, Lösungen auszuhandeln, weil nun mehr Kreditgeber mit recht unterschiedlichen Interessen involviert sein werden.

Es ist zu erwarten, dass in nächster Zeit Regierungen zahlungsunfähig werden und dann um die Unterstützung von multilateralen Institutionen wie IWF und Weltbank bitten. Es ist höchste Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie das gehen soll. Die Lehren der Vergangenheit müssen beherzigt werden.

Möglich wäre ein ähnliches Arrangement wie bei der HIPC-Initiative (Heavily-Indebted Poor Countries Initiative) zur Jahrtausendwende, bei dem die betroffenen Regierungen mit den Geldgebern Konsens über künftige Entwicklungspläne herstellten. Dabei müssten alle Gläubigerstaaten beteiligt werden. Zusätzliche Foren könnten erforderlich sein, um dies zu gewährleisten. Es ist gut, dass der IWF bereits eng mit China kooperiert, um Verschuldungskrisen in Ländern zu vermeiden, deren Infrastruktur mit Darlehen aus der Volksrepublik ausgebaut wird.

Die Erfahrung lehrt, dass bei Verschuldungskrisen die enge Abstimmung aller Partner aus mehreren Gründen wichtig ist. Vor allem sind zwei Dinge nötig:

  • ein umfassender Überblick über die gesamte Schuldenlage und
  • Konsens über die Politikziele.

Beides ist nur in gemeinsamen Gremien zu erreichen – und China sollte künftig dabei sein.

Anpassungsprogramme sind indessen nicht nur in Verschuldungskrisen nötig. Bekanntlich muss die Menschheit den Klimawandel stoppen und sich auf seine nicht mehr vermeidbaren Konsequenzen einstellen. Der Handlungsbedarf ist riesig und wird im Pariser Klimaabkommen umrissen. Fest steht, dass Entwicklungsländer Unterstützung zusteht (siehe Anthony Nyong in E+Z/D+C e-Paper 2017/09, S. 27).

In der Weltbank setzen wir uns für sogenannte „Development Policy Loans“ zur Umsetzung der nationalen Klimaziele ein. Dabei unterstützt die Bank Länder bei der Formulierung und Umsetzung ihrer Klimapolitik und stellt Finanzierung bereit. Die Mittelauszahlung hängt aber – wie beim Schuldenerlass – von der Umsetzung vereinbarter Schritte ab.

Ein entsprechendes Vorgehen ist auch bei dem „Compact with Africa“ (beziehungsweise dem „Marshall-Plan mit Afrika“) sinnvoll, den die Bundesregierung beim G20-Gipfel in Hamburg 2017 anregte. Mit Reformpartnerschaften soll der Privatsektor entwickelt werden. Partnerregierungen haben bereits mit Unterstützung der Weltbank-Gruppe begonnen, die Hauptengpässe zu identifizieren. Manche der nötigen Reformen werden schwierig und kostspielig sein.

Klar ist jedenfalls, dass Reformprogramme grundsätzlich langfristig ausgestaltet werden sollten und dass internationale Unterstützung durchgängig von der kontinuierlichen Prüfung beschlossener Maßnahmen abhängen sollte. Dieses Vorgehen hat zwei Vorteile:

  • Es fördert nationale Eigenverantwortung („Ownership“) und
  • integriert internationale Unterstützung in die nationale Politik.

Die Erfahrung mit multilateralem Schuldenerlass lehrt, dass solch ein Bezugsrahmen wertvoll ist – und sein faktisches Auslaufen am Ende des Programms problematisch sein kann. (jz)

 

Korrektur, 2.11.2018: HIPC bedeutet „Heavily-Indebted Poor Countries“ und nicht „Highly-Indebted Poor Countries”, wie fälschlich in einer früheren Version dieses Textes stand. Die Redaktion bittet Autor und Leser für diesen Fehler um Entschuldigung.  

 

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