Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Editorial

Spiel mit dem Feuer

Das etablierte System des Welthandels wir zurzeit heftigen Schocks ausgesetzt. US-Präsident Donald Trump ist Teil des Problems, aber nicht allein verantwortlich. Er hat weder den Brexit verursacht, der die EU als wichtigste internationale Freihandelszone erschüttert, noch den Trend zu bilateralen und regionalen Handelsverträgen, der die Welthandelsorganisation (World Trade Organization – WTO) fast zwei Jahrzehnten unterhöhlt.
Handelsschiff im Hafen von Daressalam, Tansania. Ulrich Doering/Lineair Handelsschiff im Hafen von Daressalam, Tansania.

Handel ist ein Entwicklungsmotor. Historisch ist klar, dass arme Länder Exportmöglichkeiten brauchen, um Arbeitsplätze, Einkommen und neue Chancen zu schaffen. Die Globalisierung hat in Schwellenländern erheblich zur Reduzierung von Armut beigetragen – besonders, aber nicht nur in China. Entsprechend brauchen die geringstentwickelten Länder eine liberale Welthandelsordnung.

Vom Handel profitieren alle beteiligten Volkswirtschaften, aber nicht alle Menschen. Paul Collier, der prominente Entwicklungsökonom von der Universität Oxford, urteilt, die Politik habe generell versäumt, die Erträge der Globalisierung fair zu verteilen. Aus seiner Sicht haben Fehler auf nationalstaatlicher Ebene zu den aktuellen Angriffen auf multilaterale Regeln geführt.

Angesichts intensiver grenzüberschreitender Verflechtung wären internationale Regeln zur Begrenzung der Ungleichheit vermutlich nützlich. Bizarr ist jedenfalls, dass es für weltweite Datenflüsse keine globalen Regeln gibt – trotz deren wachsender Bedeutung. Das größte ungelöste Menschheitsproblem ist indessen die globale Umweltzerstörung (siehe E+Z/D+C-Dossier "Globale Umweltkrise"). Ja, das bestehende System der Global Governance ist unzureichend. Angriffe auf die Welthandelsregeln bringen uns aber nicht weiter.

Die aktuelle Eskalation von Protektionismus und Zöllen lenkt von wichtigeren Aufgaben ab. Unsere Spitzenpolitiker sollten sich auf die UN-Ziele für Nachhaltigkeit (Sustainable Development Goals – SDGs) konzentrieren. Stattdessen bestimmt irrationaler Nationalismus die Tagesordnung. Offenkundig kann kein Land durch Abkehr von Kooperation irgendwie „Größe“ erreichen. Tatsächlich beeinträchtigen Handelskonflikte jedoch sämtliche betroffenen Volkswirtschaften.

Es beruhigt ein wenig, dass das gewohnte Handelssystem bislang relativ intakt geblieben ist. Der Hauptgrund ist, dass wechselseitiger Austausch allen Beteiligten nutzt, sodass sehr viele Interessengruppen viel zu verlieren haben. Regierungen vermeiden in der Regel Zumutungen an ihre eigene Bevölkerung.

Deshalb wurde das neue USA-Kanada-Mexiko-Abkommen schnell ausgehandelt und ändert die Regeln der Wirtschaftsbeziehungen in Nordamerika nur marginal. Auf ähnliche Weise können auch die Verhandlungen zwischen den USA und China noch zu tragfähigen Kompromissen führen. Ähnliches gilt, falls Trump weitere Zölle auf Importe aus der EU erheben sollte. Offenbar will zudem die Mehrheit der britischen Parlamentsabgeordneten den Brexit so geregelt sehen, dass wirtschaftliche Friktionen minimiert werden.

Dennoch sind die ständigen Drohungen gefährlich. Viel Zeit ist nötig, um verletztes Vertrauen zu heilen. Es steigert die Risiken, dass sich manche Handelsstreitigkeiten mit militärischen Sicherheitsfragen überschneiden – zum Beispiel im Nahen und Mittleren Osten oder im Südchinesischen Meer. Multilaterale Abkommen zu unterhöhlen bedeutet, mit dem Feuer zu spielen.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z/D+C.
euz.editor@fait-communication.de