Entwicklung und
Zusammenarbeit

Unsere Sicht

Leben finanzieren

Der weltweit größte Einzelgeber hat seine Entwicklungszusammenarbeit stillgelegt: Die Gelder der USAID sind für 90 Tage eingefroren und werden überprüft. Diese Maßnahmen des US-Präsidenten kosten bereits jetzt Menschenleben. Die Weltgemeinschaft muss retten, was zu retten ist – und versuchen, die Lücken sinnvoll zu schließen.
Gelder aus der Entwicklungsfinanzierung sichern lebenswichtige Bereiche wie Ernährung und Gesundheit. Dieser Artikel ist Teil eines Schwerpunkts zum Thema Entwicklungsfinanzierung, für den wir eine Bilderserie mit KI erstellt haben. E+Z, Bild mit KI generiert Gelder aus der Entwicklungsfinanzierung sichern lebenswichtige Bereiche wie Ernährung und Gesundheit. Dieser Artikel ist Teil eines Schwerpunkts zum Thema Entwicklungsfinanzierung, für den wir eine Bilderserie mit KI erstellt haben.

Mehr als 30 Milliarden Dollar hat die US-Entwicklungsbehörde USAID 2024 ausgegeben. Milliarden, die nun 2025 erstmal nicht fließen – nicht in Gesundheit, Nahrung oder Bildung weltweit. 

Was das konkret bedeutet, zeigt sich beispielsweise in der kenianischen Hauptstadt Nairobi, von wo aus ich diese Zeilen schreibe. Kondome, die bisher über ein Programm der USAID kostenfrei verteilt wurden, werden nun für umgerechnet etwa 30 Cent pro Stück verkauft. Rund ein Viertel der Menschen lebt hier immer noch von weniger als zwei Dollar am Tag. Darunter sind viele HIV-Infizierte. Die blicken, wie fast überall in Afrika, einer besonders unsicheren Zukunft entgegen. Direkt nach dem USAID-Stopp nahmen viele ihre Medikamente eine Zeitlang nicht mehr ein. Ein Sozialarbeiter, der in einer armen Gemeinde in der Metropolregion arbeitet, berichtete mir, dass in seinem Einzugsgebiet mittlerweile eine italienische Privatorganisation eingesprungen sei. Die kenianische Regierung gab bekannt, dass ihre Vorräte an den benötigten Medikamenten nur für sechs Monate reichen würden.

Die Situation ist gravierend, und es wäre blauäugig zu behaupten, sie werde bald besser. Defizite aus dem Kahlschlag bei amerikanischen Entwicklungsgeldern sind in den im Februar erschienenen OECD-Report „Global Outlook on Financing for Sustainable Development 2025“ noch gar nicht eingepreist. Dennoch prognostiziert der Ausblick eine jährliche Finanzierungslücke von 6,4 Billionen Dollar, um die Sustainable Development Goals (SDGs) bis 2030 zu erreichen – aktuell liegt dieses Defizit bereits bei vier Billionen. 

Gleichwohl steht die globale Entwicklungszusammenarbeit nicht still. Der Weltbankfonds IDA etwa, wichtigster Finanzierer von Ländern mit niedrigen Einkommen, kann in den nächsten drei Jahren die Rekordsumme von 100 Milliarden Dollar investieren. 

Akteure, die an multilaterale Zusammenarbeit und globale öffentliche Güter glauben, müssen weitermachen. Dabei kommt es auf Regierungen an, aber auch auf den Privatsektor, die Zivilgesellschaft und das Zusammenspiel aller. 

Eine Gelegenheit dafür ist die Fourth International Conference on Financing for Development (FfD4) Ende Juni in Sevilla. Aber auch hier ist Realismus angebracht: Wenn das mächtigste Land der Welt Entwicklungszusammenarbeit für einen schlechten Deal hält, dann steht für den Rest wohl eher Schadensbegrenzung statt Fortschritt an der Tagesordnung. 

Aufgeben ist keine Option. Die düstere Lage hält auch Chancen bereit. Für Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen ergibt sich nun die Möglichkeit, die globale Finanzreform stärker selbst zu steuern. Auch muss jetzt die Zeit sein, sich auf die Qualität von Finanzierungen zu konzentrieren, um mit weniger Mitteln effektiver und nachhaltiger zu agieren. 

Es geht bei Entwicklungsfinanzierung nicht nur um Geldflüsse. Es geht darum, zu überleben – kurzfristig in Ländern mit humanitären Krisensituationen; langfristig überall auf einem Planeten, der bewohnbar bleiben muss.

Katharina Wilhelm Otieno ist Redakteurin bei E+Z und arbeitet halbjährlich aus Nairobi.
euz.editor@dandc.eu