Asien
Wachstum, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit
In den nächsten zwei Jahren wird das sogenannte „developing Asia“ seine Wachstumsrate von etwa 6,3 Prozent halten. Das prognostiziert ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB). Seit der Weltwirtschaftskrise sei demnach die Weltregion Asien die Hauptquelle des weltweiten Wachstums und mache 60 Prozent des globalen Wachstums aus. Die ADB definiert „developing Asia“ als ihre asiatischen Mitgliedsländer außer Japan.
Weltweit niedrige Rohstoffpreise sind die treibende Kraft der Erholung. Da die meisten asiatischen Länder Öl importieren, profitieren sie von niedrigen Preisen, sagt ADB-Chefökonom Shang-Jin Wei. Den Regierungen ölexportierender Länder rät er derweil, die aktuelle Situation zu nutzen, um ihre Volkswirtschaften zu diversifizieren. Niedrigere Zinsen stimulieren zudem die Wirtschaft bei geringer Inflation.
In Indien und den meisten ASEAN-Mitgliedern hat sich das Wachstum beschleunigt. Das kompensiert die relative Verlangsamung in China, der größten Volkswirtschaft des Kontinents, wie Wei erläutert. Sinkende Investitionen und eine schrumpfende erwerbsfähige Bevölkerung machten der chinesischen Wirtschaft zu schaffen. Das Land müsse sich auf ein verändertes Tempo einstellen, während Indien weitere Liberalisierung und Deregulierung brauche. Sollte sich China nicht seiner neuen Situation anpassen oder Indien nicht die erwarteten Reformziele erreichen, gebe es Grund zur Sorge. Dann könne auch das Wachstum in anderen asiatischen Volkswirtschaften leiden, sagte der ADB-Ökonom bei der Präsentation seiner Daten im Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn Ende April.
Es kommt aber nicht nur auf das Bruttoinlandsprodukt an, wie Dirk Messner vom DIE betont. Er meint, Entscheidungsträger dürften die vielen Millionen nicht übersehen, die in ländlichen Gegenden und informellen städtischen Siedlungen in Armut leben. Ihr Lebensstandard müsse bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Erfolgs berücksichtigt werden.
Der aktuelle Asian Development Outlook 2015 der ADB hält fest, die städtische Infrastruktur wachse schnell und der Zugang zu Finanzdienstleistungen werde entsprechend besser. Derzeit verfüge allerdings nur etwa ein Viertel der erwachsenen Asiaten über ein Bankkonto. Auch fehlten vielen Privatunternehmen noch Zugang zu Krediten und anderen Finanzdienstleistungen. Laut ADB muss die Entwicklung des Finanzsektors umfassend sein und privaten Haushalten und Unternehmen nutzen.
Ulrich Volz vom DIE betrachtet den Asian Development Outlook dennoch mit kritischen Augen. Er sagt, Berichte dieser Art seien oft verzerrt, weil sie wichtige Fragen der Nachhaltigkeit – einschließlich Umwelt, Rechtsstaatlichkeit oder die Qualität von Gesundheits- und Bildungswesen – nicht erfassten. Es reiche nicht, sich auf volkswirtschaftliche Daten zu konzentrieren, auch die Faktoren, die wirtschaftlichen Erfolg ermöglichen, seien relevant.
Volz lobt einige asiatische Aufsichtsbehörden, wie die Bangladesh Bank, die China Banking Regulatory Commission, die indonesische Financial Services Authority und die Bank of Mongolia, für die Einführung von Leitlinien für ein ganzheitliches Verständnis nachhaltiger Finanzwirtschaft. Beispielhaft sei unter anderem die „Roadmap for Sustainable Finance in Indonesia“, die den Sektor voranbringen könne.
Floreana Miesen
Links:
Asian Development Outlook 2015: Financing Asia’s Future Growth.
http://www.adb.org/publications/asian-development-outlook-2015-financing-asias-future-growth
Roadmap for Sustainable Finance in Indonesia (bilinguales pdf auf Indonesisch und Englisch):
http://www.ojk.go.id/en/ojk-issues-roadmap-to-sustainable-finance-in-indonesia-and-clean-energy-handbook