Heutzutage

Hartes Leben im ländlichen Benin

Wenn man in einer afrikanischen Stadt wohnt, ist man oft wegen Stromausfällen und löchrigen Wasserleitungen frustriert. Aber jetzt stellen Sie sich vor, dass es kleine Dörfer in entlegenen Landstrichen gibt, die ohne Strom oder Trinkwasser auskommen müssen.
Karim Okanla Okanla Karim Okanla

Solche Orte habe ich besucht, dank einer Reise, die vom „Hunger Project Benin“ organisiert worden war. Durch diese Erfahrung habe ich meine Vorstellungen von menschlicher Not und Armut revidiert.

Das erste Dorf, das ich besuchte, war Kissamey in der südwestlichen Region von Benin, ungefähr 130 Kilometer von Cotonou, Benins Wirtschaftszentrum, entfernt. Was war das für eine Tortur, überhaupt dahin zu kommen! Auf der engen Straße mit unzähligen Schlaglöchern musste der Fahrer mit großer Geschicklichkeit den übergroßen Lastwagen aus der Gegenrichtung ausweichen. Denn diese versuchten ebenfalls die riesigen Löcher zu umfahren. Während der Fahrt hatte ich unerträgliche Rückenschmerzen.

Bei unserer Ankunft in Kissamey hießen uns die Dorfbewohner herzlich willkommen und boten uns frisches Wasser an. Alle trugen ihre beste Kleidung. Ich nehme an, sie wollten uns damit zeigen, dass sie – trotz ihrer  Armut – Besucher aus der Stadt würdig empfangen konnten. Diese Geste rührte mich zutiefst.

In Kissamey ist es oberstes Ziel des Hunger Projects, Schwangere gesundheitlich zu versorgen. Alle Neugeborenen werden – ebenso wie die Mütter – gegen lebensgefährliche Krankheiten wie Kinderlähmung, Tetanus und Keuchhusten geimpft.

Ernährungssicherung ist die zentrale Herausforderung. Das Hunger Project bietet eine Maßnahme an, die als „Garantie“ bekannt ist: Die NGO zahlt den Bauern, wenn die Marktpreise niedrig sind, Geld für ihre Ernte und lagert diese fachmännisch ein. Die Bauern holen ihren Mais wieder ab, wenn die Preise gestiegen sind. Dadurch verdienen sie mehr Geld. Denn bevor es dieses Angebot gab, mussten die Bauern ihre Ware sofort nach der Ernte verkaufen – auch wenn die Preise noch niedrig waren. Deshalb hatten sie schon nach kurzer Zeit kein Geld mehr. Den wenigen Mais, den sie einlagern konnten, fraßen Mäuse auf oder er verdarb.

Ausbildung und Alphabetisierung gehören ebenfalls zu den zentralen Aktivitäten des Hunger Projects in Kissamey. Die Teilnehmer – zumeist Frauen – lernen Grundkenntnisse über verschiedene Aspekte der Buchhaltung. Dies hilft ihnen, besser mit ihrem Einkommen und ihren Ersparnissen zu haushalten.

In Beterou in der nördlichen Region – ungefähr 455 Kilometer von Cotonou entfernt – ist das Leben noch härter. Beterou ist wahrscheinlich einer der ärmsten Orte  in Benin, ohne jegliche Grundversorgung. Es gibt lediglich unebene Trampelpfade. Mopedfahrer müssen durch  schlammige Teiche fahren, um von einem Dorf zum nächsten zu gelangen. Mädchen füllen rostige Kanister mit schmutzigem Wasser aus einem Teich, in dem andere ihre Kleidung waschen, um damit zu kochen oder es zu trinken.

In Beterou bietet das Hunger Project der Gemeinde verschiedene kostengünstige Dienste an, unter anderem Gesundheitsversorgung für Mütter und Babys, Kindergarten, Mikrokredite, Erntespeicher und Alphabetisierungskurse. Es gibt auch ein Mikroversicherungsprogramm, das den Menschen hilft, ihre Toten zu geringen Kosten zu bestatten. Das nördliche Benin hat die geringste Lebenserwartung des Landes, und viele Menschen sterben frühzeitig, bedingt durch Krankheiten und die widrigen Lebensumstände.

Desweiteren bekommen die Dorfbewohner kleine Kredite, so dass sie ihre Häuser mit Zement und Eisenstangen bauen können. Als Dach dient Wellblech. Auf diese Weise vermindert sich das Risiko für die Bewohner, in der Regenzeit von Schlammlawinen lebendig begraben zu werden.

Ein vielversprechendes Experiment ist der Aufbau von Cashewnuss-Farmen. Mehr als 40 Hektar sind bereits bepflanzt worden, und ab 2014 hoffen die Bauern, die Früchte ihrer harten Arbeit ernten zu können, denn diese Nüsse sind in verschiedenen Gegenden Benins sehr begehrt.

Die Arbeit des Hunger Projects in Beterou ist höchst rühmenswert: Für nur 2 500 CFA Francs (ungefähr fünf US-Dollar) bekommen Frauen eine vollständige Schwangerschafts- und Mutterschaftsversorgung, inklusive Generika-Medikamente und Unterstützung bei der Geburt. Eine Projektpartnerin sagte mir: „Das Hunger Project macht das Leben hier einfacher.“

 

Karim Okanla ist Dozent für Medienstudien, Kommunikation und internationale Beziehungen an der Houdegbe North American University in Cotonou, Benin.
karimokanla@yahoo.com