Unsere Sicht

Umweltzerstörung verschärft Gesundheitsprobleme

Gesundheit ist für soziale Wohlfahrt zentral, denn nur wer körperlich und geistig fit ist, kann Möglichkeiten optimal nutzen.
Flughunde verbreiten in Südindien das Nipah-Virus. picture-alliance/REUTERS/Mohammad Ponir Hossain Flughunde verbreiten in Südindien das Nipah-Virus.

Medizinische Grundversorgung hat deshalb entwicklungspolitisch schon lange hohen Rang. Gesundheitszentren, Krankenhäuser und Pharmazeutika sind wichtig, und wer Bedarf hat, muss auch Zugang bekommen. Viel zu viele Menschen tun das immer noch nicht.

Ein bekanntes Motto lautet „Vorbeugen ist besser als Heilen“. Impfkampagnen haben vielerorts die Lebensqualität erhöht. Kluge Prävention reicht aber über Pharmamethoden hinaus. Solide Wasser- und Sanitärversorgung reduziert Infektionen. Sicherheitsstandards in Arbeitswelt und Verkehr schützen vor schlimmen Unfallfolgen. Luftverschmutzung macht krank.

Derlei zeigt, dass Handeln in vielen Politikfeldern, die nicht direkt mit Krankenversorgung zu tun haben, für die Gesundheitspolitik wichtig ist. Je erfolgreicher Ersteres ausfällt, desto weniger Geld wird für Letztere gebraucht. Wo Vorbeugung zu kurz kommt, steigt dagegen der Finanzbedarf des Gesundheitswesens.

Kränklende Ökosysteme

Wir leben in einer Ära eskalierender Umweltprobleme. Globale Erwärmung, Artenschwund, Umweltverschmutzung, Flächenverbrauch und andere destruktive Trends bedeuten, dass Ökosysteme zunehmend beeinträchtigt werden. Ihre Gesundheit war früher normal, wird aber zunehmend zur Ausnahme. Menschliches Wohlergehen hängt aber von der Gesundheit von Tieren, Pflanzen und Ökosystemen ab.

Kränkelnde Ökosysteme verlieren Resilienz und machen unter anderem zoonotische Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, wahrscheinlicher. Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, wie verheerend das sein kann. Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass diese weltweite Krise auf infiziertes Fleisch zurückzuführen ist, das in der chinesischen Stadt Wuhan Ende 2019 verkauft wurde.

Folglich ist das Interesse an einem holistischen Gesundheitsverständnis gewachsen. Der Fachbegriff lautet „One Health“. In Expertenkreisen steht er schon seit Längerem für die Interdependenz von menschlicher, tierischer und ökologischer Gesundheit. Dieses Querschnittsthema verdient tatsächlich große Aufmerksamkeit, denn es betrifft sehr viele Politikfelder. Zu diesen gehören unter anderem Land- und Forstwirtschaft, Industrialisierung, Umweltverschmutzung, Klima und biologische Vielfalt.

Kohärente Agenda

One Health steht beispielhaft für die Kohärenz der 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs – Sustainable Development Goals). SDG3 (Gesundheit und Wohlbefinden) hängt von SDG6 (Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen), SDG11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden) und SDG12 (Verantwortungsvoller Konsum und Produktion) ab, um nur drei zu nennen. Zugleich bedeutet Fortschritt bei dem Gesundheitsziel auch Fortschritt bei SDG 10 (Weniger Ungleichheiten). Internationale Partnerschaften (SDG 17) sind für jedes Ziel nötig.

Umweltzerstörung erhöht unterdessen Gesundheitsrisiken. Heute schon bekommen viele arme Menschen nicht die nötige Versorgung. Regierungen vieler Entwicklungsländer halten soziale Sicherung für unerschwinglich. 

Haushaltsmittel sind immer knapp. Dennoch leisten sich selbst manche Staaten mit niedrigen Durchschnittseinkommen  teure Armeen. Wir brauchen globale Lösungen für globale Probleme. Wer Stellvertreterkriege anzettelt, anderen Rüstungswettläufe aufzwingt oder sie gar angreift, macht das unerreichbar.

Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z/D+C.
euz.editor@dandc.eu

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