Impact Investing

Wie aus Milliarden Billionen werden

Öffentliche Entwicklungsmittel reichen nicht aus, um die Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) und notwendige Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren. Das Konzept der „Blended Finance“ soll zusätzlich private Gelder mobilisieren. Dafür müssen jedoch die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Golomoti ist das erste kommerziell betriebene Solarkraftwerk in Malawi. Das Projekt ist eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen dem kanadischen unabhängigen Stromerzeuger JCM Power, der Investmentgesellschaft InfraCo Africa, der malawischen Regierung und der staatlichen Electricity Supply Corporation of Malawi. JCM Power Golomoti ist das erste kommerziell betriebene Solarkraftwerk in Malawi. Das Projekt ist eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen dem kanadischen unabhängigen Stromerzeuger JCM Power, der Investmentgesellschaft InfraCo Africa, der malawischen Regierung und der staatlichen Electricity Supply Corporation of Malawi.

Im Jahr 2020 wurden laut OECD 162 Milliarden Dollar in der öffentlichen Entwicklungshilfe (official development assistance – ODA) ausgegeben. Die Finanzierung der SDGs und Maßnahmen für Klimaschutz und -anpassung in einkommensschwachen Ländern erfordern jedoch Volumina, die diese Mittel bei Weitem übersteigen. 3,9 Billionen Dollar sind Stand 2020 allein nötig, um die Lücke bei der Umsetzung der SDGs schließen zu können.

Daher wurden bereits 2015 Instrumente entwickelt, um private Mittel zu mobilisieren. Unter dem Motto „from bil­lions to trillions of dollars“ sollen öffentliche Entwicklungsmittel eingesetzt werden, um wiederum kommerzielle private Gelder für ein sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltiges Wachstum sowie zur Armutsbekämpfung in einkommensschwachen Ländern zu mobilisieren.

Konkret werden privaten Unternehmen beispielsweise Garantien zur Minderung regulatorischer Risiken oder Währungsrisiken sowie Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung gestellt, damit sie in einkommensschwachen Ländern investieren. Dieses Vorgehen nennt sich „Blended Finance“ und wird üblicherweise für institutionelle Investments über Entwicklungsbanken in Form strukturierter Fonds und für Privatunternehmen über Development Finance Institutions (DFI) angeboten.

Mittlerweile herrscht eine gewisse Ernüchterung in Bezug auf Blended Finance: Nach den letzten verfügbaren Zahlen der OECD wurden 2020 nur 51,3 Milliarden Dollar an privaten Mitteln für einkommensschwache Länder mobilisiert. Kritik wird dabei zugleich dahingehend geäußert, dass dieses Geld überwiegend weder in den Ländern mit den niedrigsten Einkommen noch in den Sektoren mit dem höchsten Finanzierungsbedarf eingesetzt wird.

Diese Kritik ist berechtigt. Sie ist aber auch Ausdruck einer unrealistischen Erwartungshaltung seitens der Geberregierungen sowie einer mangelnden Ausrichtung der ODA auf die strukturellen Bedingungen für nachhaltige Entwicklung.

Die angestrebte Ausweitung privater Investitionen von Milliarden auf Billionen Dollar zur Verwirklichung der SDGs bedarf in einkommensschwachen Ländern einer Makropolitik, die grundlegende rechtliche und regulatorische Risiken verringert. Denn Länder, die den größten Bedarf an Entwicklungsfinanzierung aufweisen, haben oft gleichzeitig finanzielle Ressourcenbeschränkungen und unterentwickelte Märkte. Auch Wechselkursrisiken machen die Finanzierung ihres Wachstums zu einer Herausforderung.

Risikominderung erforderlich

Der Engpass dabei sind also nicht die Mittel selbst, sondern die Bedingungen, unter denen sie eingesetzt werden sollen. Die Privatwirtschaft spielt beispielsweise durch Investitionen in erneuerbare Energien in einkommensschwachen Ländern eine große Rolle. Aber sie wird sich nur dort mit Risikoinvestitionen engagieren, wo die Rahmenbedingungen privatwirtschaftliches Han­deln mit vertretbaren Risiken erlauben.

Wo es aber weder staatliche Regelungen für die Einspeisevergütung gibt noch rechtlich und finanziell abgesicherte Stromeinspeiseverträge und auch keine Absicherung der inhärenten Währungsrisiken, werden private Investoren kaum tätig. Daher ist die bisherige Ausrichtung privater Investitionen auf Länder mit mittleren und höheren Einkommen wenig überraschend, da sie in der Regel die notwendigen wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen bieten.

Ebenso sollte die geringe Zahl privater Investitionen in sozialen Sektoren wie Gesundheit, Wasserversorgung oder Erziehung kaum verwundern. Hier ist die öffentliche Hand gefordert, überhaupt erst den Regulierungsrahmen und die rechtlichen Gegebenheiten zu schaffen, die privaten Unternehmen ein Engagement ermöglichen. Auch Geberregierungen und multilaterale Entwicklungsbanken müssen einkommensschwache Länder stärker bei der Etablierung notwendiger Bedingungen unterstützen. Dann kann der gezielte Einsatz von Blended Finance Pionierinvestitionen in Ländern mit niedrigeren Einkommen und bisher vernachlässigten sozialen Sektoren ermöglichen.

Boom nachhaltiger Investitionen

Sind sie erfolgreich, können diese Investitionen eine hohe Signalwirkung für private Investoren haben. Und in einem so umfassenden Ansatz wird es möglich sein, deutlich mehr Mittel für die notwendige SDG- und Klimafinanzierung zu mobilisieren.

Die gute Nachricht ist, dass ESG-Fonds zunehmend beliebt sind. Sie legen Geld anhand von klaren ökologischen, sozialen und Governance-Kriterien („Environment, Social, Governance“ – ESG) an und investieren mit Blick auf soziale und ökologische Wirkungen.

Das Interesse an solchen nachhaltigen Finanzierungen und Investitionen löste nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie aus, in der Nachhaltigkeitsrisiken in globalen Wertschöpfungsketten deutlich zutage traten. Gleichzeitig befördern entsprechende Anforderungen von Zentralbanken und Bankenaufsicht sowie die Vorgaben der EU-Taxonomie zur einheitlichen Beurteilung der Nachhaltigkeit von Wirtschaftstätigkeiten diesen Boom, der letztlich zur Deckung der Finanzierungslücke in einkommensschwachen Ländern beitragen kann.

Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es gelingt, Rahmenbedingungen für nachhaltige Investitionen in diesen Ländern zu schaffen. Daneben sind erhebliche Anstrengungen nötig, um jene ESG-Kriterien sowie die entsprechenden Wirkungen innerhalb eines verbindlichen, transparenten Systems zu messen und über sie Bericht zu erstatten.

Weltweit arbeiten viele Kreise, beispielsweise das Global Impact Investing Network (GIIN) und das International Sus­tainability Standards Board (ISSB) aktuell an einem solchen System, um das bestehende internationale Regelwerk für die finanzielle Berichterstattung zu erweitern und diese Berichterstattung integriert zu gestalten. Das ist ein entscheidender Schritt, um private Mittel nachvollziehbar und wirksam für die Finanzierung der SDGs zu mobilisieren.

Bruno Wenn ist der Vorsitzende des Aufsichtsrats der European Development Finance Institutions (EDFI), Brüssel. Er ist Mitglied des Beirats von E+Z/D+C.
bruno.wenn@edfi.eu