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Klimaziele

Warum Chile beim Umweltschutz als Vorbild dienen kann

Während die meisten Länder ihren globalen Umweltzielen hinterherhinken, steht Chile gut da. Seine Delegation kann im November dieses Jahres ehrgeizige Ziele auf der UN-Klimakonferenz vorweisen: Emissionsreduktion, ambitionierte grüne Investitionspläne und einen Gesetzesentwurf, der CO2-Neutralität bis 2050 anstrebt.
Solarkraftwerk im Norden Chiles. picture-alliance/dpa/Corpo Comunicaciones Solarkraftwerk im Norden Chiles.

Chile kann sich auf die Schulter klopfen: Bei der kommenden 26. UN-Klimakonferenz (COP26) in Glasgow kann das Land drei große Erfolge im Kampf gegen den Klimawandel vorweisen:

  • ehrgeizige Zusagen zur Emissionsreduktion,
  • ein weitreichendes Umweltschutzgesetz mit dem Ziel der CO2-Neutralität bis 2050 und
  • einen ambitionierten Infrastruktur-Investitionsplan mit Fokus auf grünen Projekten.

Chile zeigt, dass es seine Klimazusagen ernst nimmt, während andere weit hinterherhinken – und das ist inakzeptabel. Das UN-Umweltprogramm warnte im November 2019, dem aktuellen Trend nach könne es einen globalen Temperaturanstieg von 3,2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau geben. Das ist weit vom Pariser Klimaziel entfernt, die Erderhitzung bis 2100 auf weniger als 2 Grad oder besser sogar nur 1,5 Grad zu begrenzen.

Ziel ist auch, dass die Länder in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts weniger Treibhausgase (THG) ausstoßen und emissionsneutral werden – also so viele Gase aufnehmen, wie sie ausstoßen. Auch das ist im Moment unerreichbar. Laut einer im Februar 2021 in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Studie von Statistikern der Universität von Washington in Seattle sind die Maßnahmen der Regierungen weltweit viel zu gering, um das zu erreichen.

„Um überhaupt unter zwei Grad bleiben zu können, müsste die durchschnittliche Emissionsrückgangsrate, die in den nationalstaatlich bestimmten Beiträgen (Nationally Determined Contributions – NDCs) festgelegt ist, pro Jahr von den zugesagten 1 Prozent auf 1,8 Prozent pro Jahr erhöht werden“, so die Autoren.

Ziel der COP26, der nächsten Vollversammlung der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC), ist es, diese Pläne voranzutreiben. Es werden Delegierte aus fast 200 Ländern erwartet.


Dreiteiliger Aktionsplan

Die Chilenen können gute Pläne zur COP26 mitbringen:

  • Die Regierung setzte sich im April 2020 in seinen NDCs weitreichende Emissionsreduktionsziele. Sie verpflichtete sich, die THG-Ausstöße zwischen 2020 und 2030 unter 1100 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (Mt CO2eq) und im Jahr 2030 unter 95 Mt CO2eq zu halten. Zudem verpflichtet sich Chile, Feinstaubemissionen bis 2030 um mindestens 25 Prozent – im Vergleich zu 2016 – zu senken. Der Begriff Feinstaub (black carbon) steht für feste Partikel, die bei unvollständiger Verbrennung entstehen. Chile ist laut dem World Resources Institute, einer Denkfabrik aus Washington, nach Mexiko das zweite Land mit dem konkreten Ziel, Feinstaub zu reduzieren.
  • Die chilenischen NDCs enthalten auch soziale Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung. Die „soziale Säule“ zielt auf die Verbesserung von Wasser- und Abwassersystemen und die Bereitstellung von sauberer Energie – das sind Pläne, von denen vor allem benachteiligte Bevölkerungsgruppen profitieren werden.
  • Außerdem hat die chilenische Regierung Anfang 2020 den Entwurf eines Rahmengesetzes zum Klimawandel vorgeschlagen. Der nun dem Kongress vorliegende Gesetzesentwurf legt allgemeine nationale THG-Emissionsgrenzen für 2030 und 2050 fest und setzt für jeden Sektor Ziele zur Emissionsreduktion, die bis 2030 zu erreichen sind, und weist die Verantwortung für spezifische Ziele bestimmten Behörden zu. Wichtiger noch: Das Gesetz benennt als Ziel, Chile bis 2050 CO2-neutral zu machen. Wird es angenommen, so wäre Chile das erste Entwicklungsland, das ein solches Gesetz verabschiedet – womöglich noch vor der COP26.

Und schließlich hat die Regierung einen „fair und grün“-Plan verabschiedet, um sich von der Corona-Pandemie, aber auch von den politischen Unruhen und der anhaltenden Dürre zu erholen. Der Ende 2020 entstandene Plan beinhaltet hohe Investitionen in Projekte zur Dekarbonisierung. Unter anderem sieht er vor, 30 Prozent der Mittel, die das Umweltministerium im Rahmen des Pandemie-Wiederaufbauplans erhält, für Projekte zur Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit einzusetzen. Eine weitere „grüne Wasserstoff-Strategie“ soll 100 000 grüne Jobs schaffen und in den nächsten 20 Jahren 200 Milliarden Dollar in grüne Energieprojekte investieren. Insgesamt könnten die verschiedenen Elemente des „fair und grün“-Plans Chiles THG-Ausstoß bis 2030 um 25 Prozent im Vergleich zu vor der Pandemie senken.

Laut dem Online-Medium „Our World in Data” lag Chiles Anteil an den globalen kumulativen CO2-Emissionen 2019 bei 0,17 Prozent. Verglichen mit anderen Ländern sind das nur geringe Ausstöße – wenn man seine jüngsten Initiativen betrachtet, sind Chiles Ambitionen im Umweltschutz dafür ziemlich groß.


Literatur
Liu, P. R. and Raftery, A. E., 2021: Country-based rate of emissions reductions should increase by 80 % beyond nationally determined contributions to meet the 2 °C target. Nature Magazine, February 2021.


Waldo Soto Bruna ist Direktor von 2811, einer zivilgesellschaftlichen Umweltorganisation in Deutschland, Chile und Kolumbien.
waldo@2811.cl

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