Aid effectiveness
Eigenverantwortung durch Expertise
[ Von Andrea von Rauch ]
Seit ihren Anfängen vor mehr als einem halben Jahrhundert hat sich die Entwicklungszusammenarbeit stark verändert. Spätestens seit der Paris-Deklaration, die im Jahr 2005 von mehr als 100 Vertretern aus Industrie- und Entwicklungsländern verabschiedet wurde, gelten für sie diese fünf Grundprinzipien:
– Stärkung der Eigenverantwortung der Partner (Ownership)
– Ausrichtung der Hilfe an Strategien und Institutionen der Partnerländer (Alignment)
– Abstimmung der Hilfsprogramme der Geber untereinander (Harmonisation)
– Orientierung an Ergebnissen statt an Leistungen (Managing for Results)
– gegenseitige Rechenschaft von Geber- und Partnerländern über ihr Handeln gegenüber Öffentlichkeit und Parlamenten (Accountability).
Im September 2008 bestätigten die Regierungen von Geber- und Partnerländern bei einem Gipfel in Ghanas Hauptstadt diese Richtlinien. Sie benannten in der Abschlusserklärung der Konferenz, der Accra Agenda for Action (AAA), drei Bereiche, in denen die Umsetzung noch nicht ausreichend fortgeschritten ist:
– Stärkung der Eigenverantwortung (Strengthening Country Ownership over Development): Die AAA fordert die Partnerländer auf, eigenständig Entwicklungskonzepte zu erarbeiten und sie selbst zu implementieren. Die Geberländer verpflichten sich erneut, für ihre Unterstützungsleistungen grundsätzlich die nationalen Haushalts- und Ausschreibungssysteme der Partnerländer zu nutzen.
– Aufbau von effektiven und umfassenden ntwicklungspartnerschaften (Building more effective and inclusive Partnerships for Development): Durch eine verbesserte Arbeitsteilung der Geber unter der Führung der Partnerländer sollen die Kosten der Zusammenarbeit gesenkt werden. Daran sollen sich alle Akteure beteiligen: bilaterale und multilaterale Geber ebenso wie globale Fonds, die Zivilgesellschaft und die Privatwirtschaft.
– Ergebnisorientierung und Rechenschaft (Delivering and Accounting for Development Results): Hierfür sollen gemeinsame Wirkungsevaluierungssysteme ausgebaut werden. Die Geber verpflichten sich, transparent und für drei bis fünf Jahre im Voraus über ihre Finanzzusagen zu berichten. Die Partnerländer wiederum wollen ihr öffentliches Budgetmanagement verbessern.
Ohne eigene Handlungskompetenzen werden die Partnerländer kaum in der Lage sein, stimmige Konzepte zu formulieren und zu implementieren oder die Geber kompetent zu koordinieren. Genau das fordert aber der Aktionsplan, damit die staatlichen Mittel der Entwicklungszusammenarbeit effektiv genutzt werden können.
Wegen Accra ist die entwicklungspolitische Bedeutung des Capacity Building enorm gestiegen. Die Partnerländer haben angekündigt, ihren Bedarf in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen – in Regierungen, Parlamenten, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Medien und der Privatwirtschaft – festzustellen. Die AAA fordert, die Kapazitäten aller Akteure zu stärken, damit sie eine aktive Rolle bei der Entwicklung ihres Landes übernehmen können. Die Geberländer haben zugesagt, ihre Beiträge am Bedarf der Partnerländer auszurichten.
An dieser Stelle setzt InWEnt an. Akteure aus den Partnerländern bekommen die Möglichkeit, sich Expertise und Kompetenzen selbst anzueignen, um die Probleme in ihrer Heimat zu lösen. Die diversen Programme richten sich an Fach- und Führungskräfte aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Auf diese Weise fördert InWEnt die Eigenverantwortung und selbst gesteuerte Veränderungsprozesse.
Budgets im Bildungswesen
Die Geberländer haben in Accra erneut bestätigt, zwei Drittel ihrer Unterstützung künftig für programmbasierte Ansätze (Programme Based Approaches, PBA) zu verwenden. Im Gegenzug sollen die Partnerländer ihre Budgetplanung und ihr Budgetmanagement verbessern.
Der Bildungssektor ist einer der am häufigsten durch PBA unterstützten Bereiche, auch wegen des Millenniumsziels zur universalen Grundschulbildung. Ob dieser Ansatz erfolgreich ist, wird sich daran zeigen, inwieweit die Grundbildung in den Ländern tatsächlich verbessert wird. Das hängt auch davon ab, ob es den Erziehungsministerien gelingt, realistische Haushaltspläne zu erstellen, die Ausgaben zu steuern und nachzuverfolgen.
Gemeinsam mit der University of the Witwatersrand in Südafrika hat InWEnt ein Weiterbildungsprogramm für das Südliche Afrika zu Bildungsfinanzierung, -ökonomie und -planung (Managing Educational Costs, Finance and Budgeting, MECOFIBU) entwickelt. Mitarbeiter der Bildungs- und Finanzministerien lernen dabei, zuverlässige Kostenpläne für den Bildungsbereich aufzustellen und ihren Sektor lokal wie zentral sachgerecht zu planen und zu koordinieren. Auf diese Weise wird ein Pool an kompetenten Fachkräften aufgebaut, die Veränderungsprozesse vorbereiten, gestalten und umsetzen.
Das Programm führt InWEnt gemeinsam mit dem SADC-Education Policy Support Initiative-Centre an der University of the Witwatersrand durch. Dadurch wird dieses Institut als Anbieter einer regionalen Fortbildung gestärkt, zudem werden vor Ort eigene Strukturen für Capacity Building ausgebaut.
Solide Statistik
Verlässliche statistische Daten sind unverzichtbar, wenn man die Wirksamkeit von Entwicklungszusammenarbeit messen will. In der AAA kündigten die Partnerländer an, ihre Informationssysteme zu verbessern und angemessene Daten bereitzustellen. Das ist eine gewaltige Herausforderung, denn in vielen Ländern sind die Daten unvollständig oder gar nicht erst verfügbar.
Seit 1972 bilden sich bei InWEnt Fachkräfte aus nationalen Statistikämtern der Partnerländer weiter. Mit ihrem so gewonnenen Wissen legen sie in ihren Heimatländern die statistische Grundlage für Transparenz und Accountability.
„Wir brauchen ein stärkeres öffentliches Bewusstsein dafür, dass statistische Daten eine wichtige Grundlage des täglichen Lebens sind“, sagt Pali Lehola, Generaldirektor von Statistics South Africa. „Ohne Statistik funktionieren Entwicklungsprogramme nicht, und ohne Statistik können Fehlentscheidungen nicht korrigiert werden.“
Damit Geber- und Partnerländer wirklich gemeinsam handeln, muss es Menschen geben, die vor Ort die erforderlichen interkulturellen und institutionellen Brücken bauen können. Die Alumni von InWEnt bringen dafür die idealen Voraussetzungen mit.
Die InWEnt-Alumni sind als ausgewiesene Fachkräfte in den nationalen Strukturen ihrer Heimatländer verankert. Von ihren teilweise längeren Aufenthalten in Deutschland oder Europa sind ihnen Ziele, Strukturen und Verfahren der internationalen Zusammenarbeit sowie Denk- und Arbeitsweisen der Geberländer vertraut. Sie sind somit wichtige Multiplikatoren in der entwicklungspolitischen Kooperation.
Die Zusammenarbeit über die Weiterbildung hinaus ermöglicht den Aufbau institutioneller Partnerschaften. InWEnt pflegt über internationale Lerngemeinschaften und zahlreiche fachliche und regionale Netzwerke den Kontakt mit den Absolventen. Das Alumniportal Deutschland etwa, das von fünf Organisationen der internationalen Zusammenarbeit getragen und von der deutschen Bundesregierung finanziert wird, bietet vielfältige soziale Netzwerkfunktionen für Erfahrungs- und Wissensaustausch, Sprachlern- und Weiterbildungsangebote und eine Jobbörse. So fördert InWEnt den interdisziplinären und überregionalen Wissens- und Kompetenztransfer im Sinne des Capacity Building. Das Alumniprogramm dient damit dazu, die Eigenverantwortung im Entwicklungsprozess der Partnerländer zu stärken.
Die Geberländer müssen ebenfalls ihre eigenen Kompetenzen stärken, um bedarfsorientierte und angepasste Unterstützung zu leisten. Auch das wurde in der AAA formuliert. InWEnt bereitet in diesem Sinne in der Vorbereitungsstätte für Entwicklungszusammenarbeit (V-EZ) Fach- und Führungskräfte der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit auf ihren Auslandseinsatz vor. In den Partnerländern werden zusätzlich Management-Trainings gemeinsam mit Partnerorganisationen und anderen Gebern durchgeführt. Auf diese Weise werden Kapazitätsaufbau, Harmonisierung der Geber und gegenseitiges Verständnis gefördert.
Für mehr Aid Effectiveness sind bessere Strukturen in den Geberländern wie im Management in den Partnerländern notwendig. InWEnt kümmert sich durch Weiterbildung und Training, Dialog und Netzwerkbildung um die Kompetenz der Akteure. Wie ein Teilnehmer der von
InWEnt organisierten regionalen Alumnikonferenz in Montevideo 2008 sagte: „Wir sind überzeugt, Akteure des Wandels zu sein!“