Finanzsektor

„Echte Chancen in Afrika“

Das Investitionsklima ist südlich der Sahara in vielen Staaten besser, als vielen deutschen Managern bewusst ist. Aus Sicht der DEG - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH, die den Privatsektor in Schwellen- und Entwicklungsländern fördert, sollten hiesige Firmen in Afrika stärker aktiv werden.

Interview mit Bruno Wenn

Zeigen die Probleme um SKS Microfinance in Indien nicht, dass Profitorientierung und Armutsbekämpfung sich letztlich doch widersprechen?
Nein, sicherlich nicht. Wir müssen zwei Dinge sehen:
– Wachstum darf nicht um jeden Preis angestrebt werden. Es ist in der Finanzwirtschaft generell und folglich auch bei Mikrofinanzierungen wichtig, verantwortlich zu prüfen, wer welche Lasten auf sich nimmt und ob diese auf Dauer von den Kunden getragen werden können. Dass dies nicht getan wurde, hat zur Krise in Andhra Pradesh geführt.
– Zum anderen ist das Mikrofinanzwesen nicht das Allheilmittel für alle Entwicklungsprobleme, obwohl manche Leute das gerne so hätten. Mikrofinanzierung ist gut, um kleine Gründer im informellen Sektor zu unterstützten. Aber wenn aus deren Kleinstbetrieben größere, wohlstandsmehrende Firmen werden sollen, ist mehr nötig. Die ProCredit-Institute, an denen die KfW Bankengruppe beteiligt ist, können dann mit Darlehen um die 10 000 Euro weiterhelfen. Und wenn es eher um Millioneninvestitionen geht, können wir unterstützend wirken.

Der EFSE, der European Fund für Southeast Europe ist ein Mikrofinanzfonds, an dem Ihre Muttergesellschaft, die KfW Bankengruppe maßgeblich beteiligt ist. Er wurde kürzlich von den G20 ausdrücklich gelobt. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Eine Bestätigung. Der EFSE hat in der Tat Modellcharakter, weil er auf intelligente Weise staatliche und private Mittel poolt. Dass die G20 immer wieder betonen, wie wichtig die Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen gerade in Krisenzeiten ist, motiviert aber natürlich auch die DEG, die zwar nicht mit staatlichen Fördermitteln arbeitet, deren Auftrag es aber dennoch ist, Entwicklung in diesem Sektor voranzutreiben. 70 bis 80 Prozent aller Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern haben keinen adequaten Zugang zu Finanzdienstleistungen. Das zu ändern, ist eine riesige Herausforderung für die gesamte internationale Staatengemeinschaft, die Entwicklungsbanken und die Entwicklungsfinanciers wie die DEG.

Was zeichnet adequate Finanzdienstleistungen aus?
Drei Dinge sind besonders wichtig:
– Kleine und mittlere Firmen brauchen langfristige Mittel,
– sie brauchen sie in Landeswährung, weil sie keine Devisen erwirtschaften und kein Währungsrisiko schultern sollten, und
– sie brauchen flächendeckenden Zugang zur Finanzwirtschaft, weil nur eine Minderheit in den Hauptstädten und Finanzzentren angesiedelt ist.

Was tut die DEG diesbezüglich?
Wir arbeiten mit verschiedenen Methoden daran, die Lage in armen Ländern zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise direkte Kapitalbeteiligungen, beteiligungsähnliche Darlehen oder auch Kreditbürgschaften, um lokale Banken zu langfristigen Darlehen zu bewegen. Die DEG ist innovativ und findet immer wieder neue Lösungen für neue Herausforderungen. Grundsätzlich müssen wir dabei darauf achten,
– dass sich unser Engagement für unsere Klienten finanziell lohnt,
– dass es sich auch für uns selbst lohnt, weil wir nur mit unseren Eigenmitteln operieren, und
– dass es entwicklungspolitischen Fortschritt bringt.

Was für Fortschritte ermöglicht die DEG?
In erster Linie geht es darum, Arbeit und Einkommen zu schaffen, und zwar langfristig und auf möglichst hohem Niveau. Darüber hinaus fördern wir Unternehmen, die strukturell die ganze Volkswirtschaft voranbringen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Firma Pharmazeutika oder Baustoffe herstellt, die im Land gebraucht werden und bisher teuer importiert wurden. Das ist auch der Fall, wenn eine Firma billigen, umweltfreundlichen Strom zur Verfügung stellt oder Kommunikationsdienstleistungen einführt, die anderen Unternehmen die Arbeit erleichtert. Solche Unternehmen fördern wir. Sie müssen natürlich auch ihre Mitarbeiter anständig behandeln, schonend mit der Umwelt umgehen und alle Gesetze inklusive des Steuerrechts einhalten. Wir legen großen Wert auf Corporate Social Responsibility.

Das klingt nach hohem Aufwand – ist das wirklich im Interesse kleiner und mittlerer Firmen?
Ja, es ist in ihrem Interesse, wenn sie auf Dauer wachsen und erfolgreich sein wollen.

Wo stimmt aus Ihrer Sicht in Afrika das Investitionsklima?
In Afrika hat sich sehr viel getan. Der Doing Business Report der zur Weltbank-Gruppe gehörenden IFC hat sehr viel bewirkt. Er stachelt Regierungen an, etwas zu tun. Inzwischen finden auch afrikanische Regierungen zunehmend den Zugang zum internationalen Finanzmarkt. Ghana zum Beispiel hat Staatsanleihen aufgelegt. Solche Schritte schaffen zusätzlichen Reformdruck, weil sich eine Regierung damit dem Urteil der Ratingagenturen und der internationalen Anleger aussetzt. Zugleich winkt aber Geld zu günstigen Konditionen, es gibt also auch starke positive Anreize. Ruanda hat in den vergangenen Jahren besonders deutliche Fortschritte gemacht, etwa was die Verlässlichkeit des Staatshandelns oder die bürokratischen Auflagen für Firmen angeht. Mauritius und, wie schon erwähnt, Ghana liegen auch gut im Rennen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich mittlerweile in vielen afrikanischen Ländern echte Chancen auftun. Die Volkswirtschaften wachsen.

Spüren Sie das auch in Ihrer Geschäftstätigkeit?
Unbedingt. Wir haben im vergangenen Jahr in Afrika Zusagen im Wert von fast 230 Millionen Euro gemacht. 2009 waren es sogar 266 Millionen, der absolute Spitzenwert. Dieses Niveau wäre uns vor zehn Jahren unerreichbar erschienen. Es wäre natürlich schön, wenn auch deutsche Unternehmen in Afrika stärker aktiv würden. Es gibt dort jede Menge ausländischer Investoren – sie kommen aber vor allem aus den großen Schwellenländern, also China, Indien, Brasilien, Mexiko oder Südafrika.

Deutsche Investoren lassen sich vermutlich von Nachrichten wie jetzt über die Krise in Côte d'Ivoire abschrecken.
In der Tat überwiegt in Deutschland die Wahrnehmung der negativen Aspekte. Sie sind ja auch afrikanische Wirklichkeit – aber eben nicht die vollständige Wirklichkeit. Zum Auftrag der DEG gehört eine Geländerfunktion. Wir wollen deutschen Unternehmen helfen, in Entwicklungsländern Fuß zu fassen. Das negative Bild Afrikas in den hiesigen Medien macht uns diese Arbeit nicht leichter. Es führt dazu, dass viele Manager hierzulande gar nicht mitbekommen, wie etwa durch regionale Integration große Märkte entstehen. Die ostafrikanische Gemeinschaft, um nur ein Beispiel zu nennen, hat an die 130 Millionen Einwohner und damit Konsumenten.

Was bringen denn deutsche Investoren afrikanischen Volkswirtschaften, das chinesische, indische oder brasilianische Investoren nicht bieten?
Die deutsche Produktqualität ist weltweit hoch geschätzt. Hiesige Manager denken zudem typischerweise langfristig und berücksichtigen soziale und ökologische Dimensionen. Obendrein tendieren sie dazu, viele Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen, wohingegen chinesische Firmen zum Beispiel oft ihr eigenes Personal mitbringen. Für deutsche Firmen ist das aus Wettbewerbsgründen nicht attraktiv, sie sind deshalb sehr daran interessiert, heimisches Personal an ihren ausländischen Standorten aus- und fortzubilden.

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