Finanzsektor

Kontinentales Vorbild

Die Ecobank wurde in Westafrika als Privatsektorbank mit dem Ziel gegründet, den wirtschaftlichen Fortschritt voranzubringen. Das Finanzinstitut ist rasant gewachsen und mittlerweile in 33 afrikanischen Ländern vertreten.
Auch Kreditkarten gehören dazu – Konsumenteninteresse an Unterhaltungselektronik in Accra. Dembowski Auch Kreditkarten gehören dazu – Konsumenteninteresse an Unterhaltungselektronik in Accra.

Die Ecobank Transnational Incorporated (ETI) hat hohe Ansprüche. „Unsere Vision ist die Schaffung einer erstklassigen panafrikanischen Bank, um zur ökonomischen Entwicklung und dem Zusammenwachsen Afrikas beizutragen“, verkündete das Management des Geldhauses in seiner Quartalberichterstattung im September 2012.

Eine privatwirtschaftliche Initiative, die von der Föderation der westafrikanischen Handelskammern ausging, gründete die Ecobank im Jahre 1985. Die Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) unterstützte das Vorhaben. Alle Beteiligten wussten, dass die Region ein stärkeres Bankensystem benötigte.

Zu Beginn der 1980er Jahre wurde der westafrikanische Finanzsektor von ausländischen Banken und staatseigenen Instituten dominiert. Es gab in der Region kaum private Geschäftsbanken. Die meisten Menschen hatten keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen. Kleine sowie mittlere Unternehmen bekamen keine Kredite für Investitionen, sondern kämpften darum, von den Banken überhaupt wahrgenommen zu werden. Für Kleinbauern aber auch Gewerbetreibende und andere Angehörige der Mittelschicht waren Finanzdienstleistungen außer Reichweite.

Die Gründer der Ecobank wollten diese Lücke füllen und so das Wirtschaftswachstum in Westafrika ankurbeln. Sie wussten, dass dafür Kapital nötig war und wollten dieses in der Region mobilisieren. Eine starke westafrikanische Privatbank sollte zu mehr wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu führen.

Die Initiatoren der Ecobank stellten Geld für Machbarkeitsstudien bereit und warben für ihre Idee. Seit 1986 bietet die Ecobank als Universalbank eine umfangreiche Produktpalette an. In Nigeria beispielsweise umfasst ihr Angebot das Privat- und das Firmenkundengeschäft einschließlich Investitionsfinanzierung und Zahlungsverkehr. Das Dienstleistungsspektrum reicht von Kreditkarten über Hypotheken bis hin zum Investmentbanking.

Die Ecobank ist spektakulär gewachsen. Sie wurde mit einem Startkapital in Höhe von rund 32 Million Dollar gegründet, das rund 1500 Personen und Institutionen beisteuerten.  Heute beträgt der Vermögensbestand der Holding 18,5 Milliarden Dollar. Ende 2011 hatte sie 600 000 private und institutionelle Aktionäre, zu denen regionale und internationale Anleger gehörten.

Die Bank gibt knapp 20 000 Menschen Arbeit. Gehandelt wird mit ihren Anteilsscheinen  an den Börsen in Lagos und Accra sowie an der BRVM (Bourse Régionale des Valeurs Mobilières) in Abidjan. Die BRVM ist die Börse der westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (WAEMU), einem regionalen Zusammenschluss französischsprachiger Länder.

Nigeria ist nach Südafrika die mit Abstand größte Volkswirtschaft südlich der Sahara und zudem das bevölkerungsreichste Mitglied der ECOWAS. Laut Jubril Aku, dem für Nigeria zuständigen Spitzenmanager der Ecobank, sorgen seine Untergebenen für mehr als 40 Prozent des Konzerngeschäfts: „Wir erledigen für Kunden Bankgeschäfte mit einem Netzwerk von 600 Filialen in unserem Land.“

Die Bank hat ihren Einfluss mittlerweile über Westafrika hinaus ausgedehnt. Sie hat Niederlassungen in allen 15 ECOWAS-Mitgliedsländern sowie in 18 anderen afrikanischen Staaten, von Sambia und Simbabwe im Süden bis Kenia und Tansania im Osten. Im Januar 2013 kündigte Thierry Tanoh, der neue Vorstandsvorsitzende, die Gründung einer weiteren Tochtergesellschaft an: „Wir freuen uns, dass die Behörden von Äquatorialguinea der Ecobank die Lizenz erteilt haben, als fünfte Bank dort die wirtschaftliche Entwicklung mit Finanzdienstleistungen zu unterstützen." Die Ecobank hat obendrein Büros in Frankreich, Britannien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und seit Dezember 2012 auch in China. 

 

Atemberaubende Wende

Die afrikanische Wirtschaft hat ein gutes Jahrzehnt hinter sich. In den meisten Ländern waren die Wachstumsraten in den vergangenen Jahren hoch. Sebastian Mallaby schrieb kürzlich in der Financial Times von einer „atemberaubenden Wende“ und wies darauf hin, dass kontinentweit „das Bruttoinhaltsprodukt pro Person in jedem Jahr seit 2000 gewachsen ist“. Der Gesamtzuwachs pro Person habe dabei "mehr als ein Drittel" betragen.

Zweifellos hat die Ecobank von diesem Trend profitiert, der vor allem von der Rohstoffnachfrage der Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien und der reichen Nationen angetrieben wurde. Andererseits hat die Ecobank auch selbst zum Aufschwung beigetragen. Sie hat sichergestellt, dass heute mehr Menschen als früher Zugang zu relevanten Finanzdienstleistungen haben. Wo es kein starkes Finanzsystem gibt, kann von Rohstoffexporten gespeister Wohlstand dagegen gar nicht zur breiten Mehrheit durchsickern. Institutionelle Intermediäre sind nötig, damit Finanzmittel zu investitionsbereiten Unternehmer gelangen, diese Kunden im Tagesgeschäfte zu unterstützen und ihnen Kontakte zu Geschäftspartnern jenseits ihres Standorts zu vermitteln.

In den vergangenen drei Jahrzehnten lag der Fokus der internationalen Entwicklungsdebatte vor allem auf Mikrokrediten. Das war sinnvoll, da Mikrokredite insbesondre arme Menschen erreichen, die keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. Allerdings muss viel mehr geschehen, damit eine Volkswirtschaft gedeiht. Mikrokredite sind mit hohen Transaktionskosten verbunden, sodass ihre Anbieter relativ hohe Zinsen von 20 Prozent und mehr verlangen müssen. Per Definition sind ihre Kreditvolumina klein, und ihr Geschäft ist kurzfristig.

Auch die Ecobank ist im Mikrofinanzwesen aktiv, sie dient aber ebenso der Mittelschicht und gewerblichen Investoren. Natürlich ist die Ecobank nicht die einzige private Bank in Afrika. Sie dient aber als Maßstab, mit dem Konkurrenten mithalten wollen. Die Ecobank beweist, dass es möglich ist, auf der Höhe der Zeit eine Bank zu betreiben, die Afrikanern gehört, Afrikanern dient und Afrikaner beschäftigt.

Marktwirtschaftlicher Wettbewerb ist gesund, kann aber auch hart sein. Nicht jede Managemententscheidung wird allen Betroffenen gefallen. In Nigeria zum Beispiel gab es Ärger, nachdem die Ecobank den Rivalen Oceanic Bank übernommen hatte. Noch ein ganzes Jahr später beklagten sich ehemalige Oceanic-Klienten, die Ecobank behandle sie wie Kunden zweiter Klasse.

Es ist jedoch bemerkenswert, dass die Ecobank gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen will. Sie sagt, sie lege ein Prozent des Gewinns für soziale Projekte beiseite. Die Ecobank Stiftung berichtet, dass sie über 28 Projekte in Afrika in Höhe von 600 000 Dollar unterstützt und finanziert.

Die Ecobank betont panafrikanische Perspektiven. Der Vorstandsvorsitzende Tanoh erklärt: „Unsere Reichweite in Afrika und unser Wissen über die Menschen tragen zu einer besseren Zukunft für diesen dynamischen Kontinent bei. Wir wollen, dass unsere Marke 'Ecobank' sowohl für afrikanische Unternehmer als auch Haushalte zum Symbol der Zuverlässigkeit wird."

Wegen der schwächelnden Konjunktur in den Schwellenländern verdüstern sich derzeit auch die Aussichten für Afrika. Die globale Finanzkrise hat den Kontinent bisher nicht stark getroffen, was sich aber ändern kann. Natürlich wird ein raueres Geschäftsklima die Ecobank vor Herausforderungen stellen. Ihre bisherige Geschichte legt aber nahe, dass die Bank Stürmen wird trotzen können.

Horatius Egua ist nigerianischer Wirtschaftsjournalist. mercyhora@yahoo.com