Frieden

Mittel für Aufbau mobilisieren

Viel Entwicklungshilfe fließt in fragile Staaten, aber dennoch bewegen sie sich am Rande des Abgrunds. Um einen funktionstüchtigen Staat aufzubauen, müssen die Finanzämter stetige Einnahmen erhalten. Dafür wiederum brauchen die Menschen regelmäßiges Einkommen.
Der Südsudan ist ein fragiler Staat: Versenktes Schiff im Weißen Nil, Juba. Sheila Mysorekar Der Südsudan ist ein fragiler Staat: Versenktes Schiff im Weißen Nil, Juba.

Nach einem Krieg oder Bürgerkrieg ist jeder Staat fragil, egal auf welchem Kontinent. Frieden zu schaffen und einen funktionierenden Staat aufzubauen ist schwierig, langwierig und teuer. Augenblicklich hat Afrika besonders viele fragile Staaten – die DR Kongo, den Südsudan, ­Libyen und die Zentralafrikanische Republik beispielsweise. „Fragilität" ist laut Afrikanischer Entwicklungsbank „keine Kategorie für Staaten, sondern kann an vielen Orten und in unterschiedlicher Form auftreten". In Afrika sei sie „eine Folge der dramatischen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Umbrüche".

Trotz der Summen, die als Hilfe an fragile Staaten gehen, verbessert sich deren Lage kaum – und die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) nimmt ab. Laut aktuellen Angaben der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sank 2011 die ODA, die die Mitgliedsländer des OECD-Entwicklungsausschusses leisteten, um 2,4 Prozent auf 135 Milliarden Dollar.

Es sind also praktikable Lösungen nötig, um die Staatenbildung in Post-Konflikt-Staaten zu verbessern. Laut OECD leben rund 1,4 Milliarden Menschen weltweit in fragilen Staaten, und 2018 wird das sogar für mehr als die Hälfte aller Armen gelten.

Das High Level Panel on Fragile States der Afrikanischen Entwicklungsbank hat vor Kurzem eine Abhandlung publiziert, die unter anderem wichtige Faktoren für die Friedenssicherung benennt. Dazu gehören:

  • mehr Arbeitsplätze für junge Leute, damit junge Männer eine Alternative zum Anschluss an eine Miliz haben,
  • erfolgreiche Urbanisierung, weil Städte unter Bevölkerungswachstum und zunehmender Ungleichheit leiden,
  • gute Regierungsführung im Rohstoffsektor, weil Konflikte sich oft an Bodenschätzen entzünden, und
  • Anpassung an den Klimawandel, weil die globale Erwärmung Probleme von Land- und Wasserknappheit verschärft.

Die übergeordneten Probleme sind weiterhin Armut und Ungleichheit, betont das Panel, das von der liberianischen Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf geleitet wird: „Afrikas derzeitiges Wachstum schließt große Regionen und soziale Gruppen aus und verschärft so Konflikt- und Instabilitätsrisiken." Die Experten raten der Politik, in „regionale Stabilitätsstrukturen" zu investieren und die „Fähigkeit des Privatsektors und der Zivilgesellschaft, Dienstleistungen für das Gemeinwohl zu erbringen", besser zu nutzen. Sie fordern die Geber zudem auf, mehr miteinander zu kooperieren, als zu rivalisieren.

Die OECD streicht in ihrem aktuellen Bericht hingegen auch das Thema Steuern heraus. Zwar überträfen Heimatüberweisungen von Migranten in manchen fragilen Staaten die ODA-Einnahmen, aber die am wenigsten entwickelten fragilen Länder hingen weiterhin von Entwicklungshilfe ab. Laut OECD bekommen fragile Staaten praktisch keine ausländischen Direktinvestitionen. Sie müssten daher mehr Steuern im Inland einnehmen. Diese Einnahmen sollten der Staatsbildung dienen, meinen die Autoren. Wenn öffentliche Dienstleistungen gut funktionierten, werde dies den Sozialvertrag zwischen Staat und Bürgern stärken. Geber sollten deswegen fragile Staaten darin unterstützen, Institutionen zur Eintreibung von Steuern aufzubauen, urteilt die OECD.

Allerdings gesteht die OECD ein, dass Erträge aus Bodenschätzen oft nicht zum Staatsaufbau genutzt werden: „Weil multinationale Unternehmen viel zu großzügig von Steuern befreit werden, entgehen fragilen Staaten oft Einnahmen." Die OECD fordert Geber auf, die Regierungen schwacher Staaten in ihren Verhandlungen mit multinationalen Firmen zu stärken und ihnen zu helfen, Gelder aufzuspüren, die auf illegitime Weise aus ihren Ländern abfließen.

Sheila Mysorekar