Militärregime
Länder treten aus der ECOWAS aus
Die drei Militärführer Assimi Goïta (Mali), Ibrahim Traoré (Burkina Faso) und Abdourahamane Tiani (Niger), die 2021, 2022 bzw. 2023 an die Macht gekommen sind, haben der ECOWAS in einer gemeinsamen Erklärung vorgeworfen, ihren Kampf gegen „Terrorismus und Unsicherheit“ nicht zu unterstützen. Stattdessen verhänge sie „illegale, unrechtmäßige, unmenschliche und unverantwortliche Sanktionen“ und diene den Interessen ausländischer Mächte. Die drei Länder sind seit vielen Jahren dschihadistischen Angriffen ausgesetzt, bei denen zehntausende Menschen getötet oder verletzt und noch mehr vertrieben wurden.
Die Kritik der Militärführer fällt in Westafrika auf fruchtbaren Boden. In der Öffentlichkeit wird die ECOWAS zunehmend als ein Zusammenschluss von Präsidenten wahrgenommen, die nur daran interessiert sind, sich gegenseitig den Rücken zu stärken und mit westlichen Mächten zu konspirieren, statt die Interessen Westafrikas zu vertreten.
Der Austritt aus der ECOWAS wirft jedoch existenzielle Fragen für die Militärregime auf, die eine Allianz der Sahelstaaten im vergangenen September als gegenseitigen Verteidigungspakt gegründet haben: Wie wollen die drei Binnenländer mit Themen wie einem gemeinsamen Zolltarif, der Ein- und Ausfuhr von Waren oder Transitmöglichkeiten umgehen?
Das meistdiskutierte Thema in den Radiotalkshows der Subregion betrifft die Freizügigkeit: Viele Bürger*innen aus Mali, Burkina Faso und Niger arbeiten etwa in Côte d’Ivoire. Wenn die drei Länder in den kommenden Monaten ihren gemeinsamen Beschluss zum Austritt aus dem regionalen Block bestätigen, wird die Visumfreiheit außer Kraft gesetzt.
Reich an Bodenschätzen
Doch auch für die ECOWAS ist der Austritt eine schlechte Nachricht. Die drei Länder sind zusammen mehr als 2,5 Millionen Quadratkilometer groß und sich ihres Reichtums an Bodenschätzen bewusst. Sie bauen unter anderem Gold und Uran ab.
In der Öffentlichkeit hat die ECOWAS an Glaubwürdigkeit eingebüßt, und zweifellos hat ihre Schwächung auch das Selbstvertrauen der Militärmachthaber gestärkt. Sie wenden sich nun an Russland, den Iran und die Türkei, um wirtschaftliche Unterstützung zu erhalten. Auch andere Länder wie Marokko, Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate sollen an der islamisch geprägten Sahelzone interessiert sein.
Russland, Iran und die Türkei liefern weiterhin militärische Ausrüstung an die drei Länder. Sie wissen, dass die Regime dringend Unterstützung im Kampf gegen die Dschihadisten benötigen. Immer wieder gelingen zwar erfolgreiche Einsätze. Doch in Gegenschlägen dezimieren die Terroreinheiten die Regime-Truppen.
Viele Augen richten sich nun auf Nigeria als Führungsmacht in der Region. Doch Präsident Bola Tinubu hält sich bisweilen bedeckt. Noch im Juli 2023 versprach er, seine Truppen in den Niger zu schicken, um den vom Militärputsch abgesetzten Staatschef Mohamed Bazoum wieder einzusetzen. Nun zeigte er sich zurückhaltend und mit den abtrünnigen Staaten gesprächsbereit.
Die wiederum wollen nicht mit der ECOWAS sprechen. Einige Hoffnungen ruhen auf Togo, da das Land in der Vergangenheit als Vermittler aufgetreten ist. Auf jeden Fall hat die ECOWAS ein großes Interesse daran, die Abweichler zurückzubringen. Es sei darauf hingewiesen, dass die ECOWAS-Kommission bis Mitte Februar noch keine formale Mitteilung über die Austrittsabsicht erhalten hatte, so dass sie die Austrittsbeschlüsse für „null und nichtig“ erklärte.
Bislang schien es, als wollten die drei Staatschefs aus Sorge vor einem Währungschaos Mitglied der CFA-Franc-Zone bleiben. Doch Mitte Februar erklärte Nigers General Tiani im öffentlichen Fernsehen des Landes, dass die Abschaffung der „Kolonialwährung“ sein oberstes Ziel sei, um einer neuen Währungszone mit Burkina Faso und Mali beizutreten. Niemand weiß, wohin sich die Sahelzone entwickelt.
Karim Okanla ist Dozent für Medienwissenschaften und freier Journalist aus Benin.
karimokanla@yahoo.com