Zwei verschiedene Entwicklungssackgassen
Dead ends of transition.
Rentier economies and protectorates.
Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2006, 249 S.,
24,90 Euro, ISBN 978-3-593-38154-1
Länder, die reich an Rohstoffen sind, zeigen oft ein geringes Wirtschaftswachstum und sind häufig von Gewaltkonflikten betroffen. Die Theorie der Rentenökonomie führt das darauf zurück, dass hohe Einnahmen aus Rohstoffexporten nationale Eliten von Rechenschaftspflicht gegenüber ihren Bürgern unabhängig machen und dadurch schlechte Regierungsführung begünstigen.
Eine weitere Gruppe von Ländern, die nur schwer Armut überwinden, sind Protektorate, also Territorien, die – meist nach dem Eingreifen einer internationalen Friedenstruppe – übergangsweise von fremden Mächten verwaltet werden. „Dead Ends of Transition“ behandelt beide Phänomene und fragt, wie solche Länder aus der Entwicklungssackgasse geführt werden können.
Richard Autys Beitrag zum ersten Teil des Buches entwirft ein Modell der politischen Ökonomie in bevölkerungsreichen und rohstoffreichen autoritären Staaten. Danach verteilen Eliten Renteneinnahmen nach paternalistischem Muster an ihre jeweilige Klientel. Sie begünstigen dadurch die Entstehung einer ineffektiven Bürokratie und verhindern die Diversifizierung des Industrie- und die Modernisierung des Rohstoffsektors. Ricardo Soares de Oliveira zeigt jedoch am Beispiel der Ölstaaten am Golf von Guinea, dass Ressourcen nicht per se als Fluch zu begreifen sind, sondern auch der Kontext beachtet werden muss – etwa die Geschichte der betroffenen Länder vor Entdeckung der Rohstoffe, die Handlungsfähigkeit des Staates und die politische Kultur.
Der zweite Teil des Buches beschreibt Wege, dem Fluch der Ressourcen zu entgehen. In Ländern wie Norwegen, Alaska und Kuwait zum Beispiel gibt es Ölfonds, die Preisschwankungen auf internationalen Märkten ausgleichen helfen und künftige Generationen für die Zeit absichern, wenn die Ölquellen nicht mehr sprudeln. Das an Diamanten reiche Botswana blieb vom Ressourcenfluch verschont, weil es bereits vor Entdeckung der Edelsteinvorkommen gut funktionierende Regierungsinstitutionen aufgebaut hatte.
Im dritten Teil geht es um die Transformation von Protektoraten. Fallstudien zu Irak, Liberia und Sierra Leone, Kosovo sowie Bosnien-Herzegowina schildern die Sackgassen der Entwicklung dort und leiten daraus Lehren und politische Handlungsempfehlungen ab.
Insgesamt ist die Zusammenführung der Diskussionen zu Rentenökonomien auf der einen und Protektoraten auf der anderen Seite nicht schlüssig. Rentenökonomien, so eine zentrale These des Buches, führen häufig zu Gewaltkonflikten, in die äußere Mächte intervenieren; manchmal machen sie die betroffenen Länder zu Protektoraten.
Außerdem wird eine Analogie zwischen Renteneinnahmen aus dem Bergbau und so genannten „geopolitischen Renten“ wie Entwicklungshilfe gezogen. Auch die analytische Einführung von Michael Dauderstädt bietet keine überzeugende Begründung für die Konzentration auf zwei unterschiedliche Muster von politischen Ökonomien. Das Buch trägt nicht zur systematisch vergleichenden Analyse bei, wie sie im Hinblick auf mögliche Lösungsansätze wünschenswert wäre.
Lili Fuhr