Entwicklungsfinanzierung

Hoffnungen und Illusionen

Entwicklungsländer knüpfen große Hoffnung an die im Juli 2014 neu gegründete Entwicklungsbank der fünf Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS). Eine Studie von Jan Schablitzki vom BRICS Policy Center untersucht, welche Auswirkung die Bank auf die Süd-Süd-Kooperation und die internationale Entwicklungsfinanzierung haben wird.
Die neue BRICS-Entwicklungsbank will Infrastrukturprojekte im globalen ­Süden fördern. In Malange, Angola, baut eine brasilianische Firma eine Straße. Böthling/Photography Die neue BRICS-Entwicklungsbank will Infrastrukturprojekte im globalen ­Süden fördern. In Malange, Angola, baut eine brasilianische Firma eine Straße.

Die Gründung der New Development Bank (NDB) wertet der Autor des an der Katholischen Universität von Rio de Janeiro angesiedelten Policy Centers als Erfolg für die BRICS. Sie hätten damit – allen Unkenrufen zum Trotz – ihre Fähigkeit, einen gemeinsamen Konsens zu finden, unter Beweis gestellt. Dass die BRICS ein Internationales Finanzinstitut (IFI) gründeten, wundert den Autor nicht. Die Schwellenländer seien von den bestehenden IFI tief enttäuscht, besonders von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF), weil sie weiter von USA und anderen OECD-Mitglieder dominiert seien. Die Schwellenländer fühlen sich darin unterrepräsentiert, weil sich ihr Zuwachs an wirtschaftlicher Macht nicht in der Stimmgewichtung widerspiegelt. Außerdem kritisieren die BRICS, dass der US-Kongress Reformbemühungen in Bezug auf die Stimmgewichtung blockiere.

Mit der Etablierung einer neuen multilateralen Bank erhoffen sich die BRICS laut Schablitzki eine Beschleunigung des Reformprozesses. Zugleich habe die NDB einen hohen Symbolwert. Damit könnten die BRICS nach Ansicht des Autors ihre nationalen Interessen in Entwicklungsländern legitimieren und den Eindruck vermeiden, Handel und Investitionen allein im Eigeninteresse durchzuführen.


Keine Konditionalität

Wichtigstes Merkmal der New Development Bank wird nach Meinung Schablitzkis die Abkehr von der neoliberalen Politik von Weltbank und Internationalem Währungsfonds sein, bekannt als Washington Consensus. Diese fördert Wirtschaftswachstum durch Deregulierung, Marktliberalisierung und Privatisierung. Das bedeutet, dass die NDB strengere Regulierungen und Staatsinterventionen bei Entwicklungsprojekten dulden und marktgetriebene Maßnahmen und Strukturanpassungen ablehnen wird.

Verbunden damit, schätzt der Autor, dass die BRICS ihre Kreditvergabe nicht an institutionelle Reformen und politische Konditionalität wie gute Regierungsführung, Menschenrechte oder Umweltschutz knüpfen werden. Die BRICS-Entwicklungsbank könnte nach Ansicht Schablitzkis die internationale Finanzarchitektur bereichern, weil die Schwellenländer ihre eigene Entwicklungserfahrungen einbringen. Sie besitzen viel Expertise im Bereich Gesundheit, Bildung, Urbanisierung oder Landwirtschaft.

Ob und wie die NDB tatsächlich einen Paradigmenwechsel in der internationalen Entwicklungsfinanzierung einläuten kann, muss allerdings realistisch betrachtet werden, warnt der Autor: „Diese Pläne erfordern gewaltige Kapazitäten und Ressourcen, die in den ersten Jahren nicht zur Verfügung stehen werden.“ Deshalb wird die NDB anfangs nur Projekte mit anderen Finanzinstituten kofinanzieren, schätzt Schablitzki. Eine Zusammenarbeit mit bestehenden Instituten wie der Weltbank wird unvermeidbar sein.

Die Entwicklungsländer setzen dennoch große Hoffnung in die neue Bank, die 2016 ihre Arbeit aufnehmen soll, und erwarten schnellere, einfachere und billigere Kredite. In ihrer Gründungsvereinbarung spricht sich die NDB auch dafür aus, Infrastrukturprojekte und nachhaltige Entwicklung in Schwellen- und Entwicklungsländern zu fördern. Es könnte tatsächlich einen Mehrwert für die Entwicklungsfinanzierung geben, schreibt der Autor, nämlich dass Post-Konflikt- und fragile Staaten leichter an Kredite kommen. Dem entgegen steht aber, dass die NDB mit gewissen Bedingungen sicherstellen müsse, dass die Gläubigerstaaten ihre Kredite zweckgebunden verwenden und zurückzahlen.

Die Hoffnung der Entwicklungsländer spiegelt sich auch nicht im Stimmverhältnis wider. Die NDB ist von den BRICS geführt, wird von ihnen kontrolliert und ist keine „Bank des Südens“. Damit vertut die NDB nach Ansicht Schablitzkis die Chance, eine demokratischere Struktur als die der Weltbank zu schaffen und eine gemeinsame Bank des Südens zu gründen.

Sabine Balk


Link:
The BRICS Development Bank:
A New Tool for South-South Cooperation?
http://bricspolicycenter.org/homolog/uploads/trabalhos/6766/doc/168701850.pdf