Propaganda

Nichts ist wahr

Es gibt Gründe, weshalb Rechtspopulisten systematisch auf Desinformation angewiesen sind. Das galt auch schon für Hitlers Nazis.
Verzerrte Vorstellungen von nationaler Größe: Bolsonaro bei der feierlichen Auslieferung eines Militärflugzeugs 2019. Bila/picture-alliance/ESTADAO CONTEUDO Verzerrte Vorstellungen von nationaler Größe: Bolsonaro bei der feierlichen Auslieferung eines Militärflugzeugs 2019.

Dem Autor Peter Pomerantsev zufolge will der russische Präsident Wladimir Putin, dass die Leute „nichts für wahr, aber alles für möglich“ halten (siehe Hans Dembowski in der Tribüne von E+Z/ D+C e-Paper 2018/06). Ähnlich stützt sich auch sein brasilianischer Amtskollege Jair Bolsonaro auf Desinformation. Leider gilt das inzwischen für viele Staats-und Regierungschefs. Zu den Beispielen gehören Rodrigo Duterte in den Philippinen, Narendra Modi in Indien, Viktor Orbán in Ungarn, Boris Johnson in Britannien, Donald Trump in den USA und Iván Duque Márquez in Kolumbien.

Andere Regierungen mogeln auch manchmal, aber Populisten, die ihre autoritären Neigungen mit einer diffusen Vorstellung von nationaler Größe verkaufen, müssen das systematisch tun. Sie brauchen Sündenböcke für ihre Hetze: Kommunisten, Einwanderer, Minderheiten, vermeintliche Eliten und unabhängige Medien. Ihre Politik bedient zwar mächtige Interessengruppen, aber sie tun so, als kämpften sie für „das Volk“, das sie als homogene Einheit darstellen. Konträr zu Bolsonaros Behauptungen, schaden brasilianische Waldbrände der Indigenengemeinschaften und nutzen der Agrarlobby. Seine aggressive Rhetorik lenkt jedoch von den tatsächlichen Folgen seiner Politik ab.

Wie andere Populisten wollen auch er und seine Leute die Vorstellung einer evidenzbasierten Wahrheit zerstören oder zumindest beschädigen. Sie stellen Wissenschaftler und unabhängige Journalisten infrage. Sie tun so, als ließe sich zwischen vielfältigen Wirklichkeitswahrnehmung frei wählen – und was Forscher und Reporter berichteten, entspreche nicht den Interessen „des“ Volkes. Sie nutzen Computerprogramme und bezahlen Mitarbeiter, um Desinformation in sozialen Medien zu verbreiten. Als Vorbild dient Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels, der sagte, eine tausendfach wiederholte Lüge werde wahr.

Bolsonaros bösartige Propaganda folgt einer Doppelstrategie. Sie wiederholt ständig Unwahrheiten, welche die Menschen glauben sollen, und greift zugleich das Ansehen all derer an, die sich trauen, Lügen zu widerlegen.

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