Unser Standpunkt
Länger und erfüllt leben
Weltweit ist die Lebenserwartung dramatisch gestiegen. Einer Daumenregel zufolge werden Menschen heute 20 Jahre älter werden als vor zwei Generationen. Das liegt am breiter gewordenen Wohlstand. Die meisten Menschen sind heute besser ernährt, höher gebildet und gesundheitlich besser versorgt.
In reichen Ländern halten Menschen globale Entwicklungen tendenziell für bedrohlich, tatsächlich weisen aber viele Indikatoren auf gewaltigen Fortschritt hin. 1970 lebte etwa ein Drittel der Menschheit in bitterer Armut, aber heute beträgt der Anteil nicht ganz zehn Prozent. Zugleich hat sich die Weltbevölkerung auf rund 7,6 Milliarden mehr als verdoppelt. Das Bevölkerungswachstum hat sich derweil deutlich verlangsamt und dürfte in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts den Scheitelpunkt erreichen.
Eine friedliche Erde mit 10 Millionen Menschen, von denen niemand Hunger leidet, ist keine wilde Fantasie, sondern eine realistische Vision. Die Nachhaltigkeits-Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) sind die UN-Agenda zu ihrer Verwirklichung.
Dass etwas möglich ist, bedeutet jedoch nicht, dass es geschieht. Um weiteren Fortschritt zu erreichen, müssen wir wissen, was schon geschafft wurde und wie das möglich war. Offensichtlich waren Welthandel, technischer Fortschritt und offene, faktenorientierte Debatte nützlich. Es ist eigenartig, dass das nicht generell gefeiert wird. Noch irritierender ist, dass selbst in Entwicklungskreisen der Begriff „Fortschritt“ oft gemieden wird. Ja, er hat einen Beiklang westlicher Arroganz und westlicher Machtansprüche. Die Kolonialmächte, die die Philosophie der Aufklärung hervorbrachten, agierten zugleich rassistisch, ausbeuterisch und gewalttätig. Diese historische Last bedeutet aber nicht, dass die Einsichten der Aufklärung falsch wären. Es wäre gut, anzuerkennen, dass die SDGs auf Fortschritt ausgerichtet sind und auf universellen – und eben nicht nur westlichen – Menschenrechten beruhen.
Weiterer Fortschritt ist nötig, aber nicht garantiert. Die SDGs sind existenziell wichtig. Es würde gewaltiges Leid auslösen, wenn wir uns von Aufgaben wie Klimaschutz, Armutsbekämpfung oder Weltfrieden abwendeten. Keine Nation könnte sich von den negativen Folgen abschirmen. Internationale Kooperation ist nicht etwas Schönes, dass wir uns leisten können, solange wir keine ernsteren Probleme haben. Internationale Kooperation ist nötig, um zu verhindern, dass bestehende Probleme nicht noch größer werden.
US-Präsident Donald Trump ist kein gutes Vorbild. Nullsummen-Denken, Nationalismus und Ablehnung multilateraler Abkommen führen in die Katastrophe. Spott über Experten und empirische Wahrheit werden 10 Milliarden Menschen nicht helfen, friedlich auf diesem Planeten zu leben. Die SDGs dagegen bieten nicht nur in Japan, sondern überall die Aussicht auf längere und erfüllte Menschenleben.
Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Cooperation.
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