Tropenstürme

CARICOM will Widerstandsfähigkeit gegen Katastrophen stärken

Der karibische Archipel besteht aus 13 unabhängigen Ländern und 15 abhängigen Territorien. Touristen lieben das warme tropische Klima – besonders im Winter. Die Kehrseite dieser Temperaturen ist die Gefahr durch Hurrikane, die aufgrund der Erderhitzung immer gefährlicher werden.
Roseau, die Hauptstadt von Dominica, nach dem Hurrikan Maria im Jahr 2017. picture alliance / Miami Herald / Jacqueline Charles Roseau, die Hauptstadt von Dominica, nach dem Hurrikan Maria im Jahr 2017.

Hurrikane sind eine Naturgefahr, die sich in äquatornahen Meeresgebieten bildet. Die gleiche Art von Sturm ist im Pazifik als „Taifun“ und im Indischen Ozean als „Zyklon“ bekannt. In der Karibik treten Hurrikane zwischen Juni und November auf. Die „Hurrikan-Saison“ erreicht zwischen Mitte August und Mitte Oktober ihren Höhepunkt. Diese Extremwetterereignisse können sehr zerstörerisch sein. Im Jahr 1979 zum Beispiel forderte der Hurrikan David 2068 Menschenleben. Mehr als die Hälfte der Todesopfer war in der Dominikanischen Republik zu beklagen, wo auch 70 Prozent des Stromnetzes zerstört wurden.

Ein aktuelleres Beispiel ist Hurrikan Maria, der 2017 Puerto Rico verwüstete. Schätzungen der George Washington University zufolge starben fast 3000 Menschen. Die gesamte Bevölkerung des US-Territoriums war ohne Strom. Er konnte erst nach 11 Monaten wieder vollständig hergestellt werden.

Kleine Inselstaaten sind den Klimarisiken besonders ausgesetzt (siehe Monika Hellstern auf www.dandc.eu), doch meist nimmt die internationale Öffentlichkeit nur die Schäden an den am stärksten betroffenen Orten wahr. Auch andere Inseln sind betroffen. 1979 wurden durch Hurrikan David rund 60 000 Menschen – oder rund 75 Prozent der Bevölkerung – auf Dominica, einer kleinen Insel, die früher britische Kolonie war, obdachlos. 2017 verursachte Hurrikan Maria dort Schäden in Höhe von 930 Millionen Dollar. Nach UN-Angaben waren vier Monate später immer noch 80 Prozent der Dächer unzureichend gedeckt und 15 Prozent der Kinder nicht in die Schule zurückgekehrt. Auf der Insel wurden 31 Tote und 37 vermisste Personen gezählt.

Extreme Wetterlagen werden immer extremer

Naturkatastrophen können nicht vermieden werden. Gesellschaften müssen lernen, mit ihnen zu leben. Die Erderhitzung verschärft jedoch die Probleme, da die Wetterextreme immer extremer werden. Das erklärt, warum die Karibik nicht besser auf diese Katastrophen vorbereitet ist. Die Risiken sind zwar bekannt, aber sie sind größer als früher.

Hurrikane gewinnen ihre Stärke aus warmer und feuchter Luft. Heißere Temperaturen führen zu stärkeren Stürmen, die länger andauern, mehr Regen bringen und mehr Schäden verursachen. Sobald ein Hurrikan Land erreicht, wird er schwächer. Mittlerweile gewinnen sie jedoch mehr Kraft, da sie sich über dem Meer aufbauen und daher länger brauchen, um sich über Land wieder aufzulösen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Hurrikane früher am ersten Tag über Land 75 Prozent ihrer Stärke verloren haben. Heute liegt dieses Verhältnis bei nur noch 50 Prozent. Wenn sich die Klimakrise weiter verschärft, werden die Stürme noch verheerender.

Wenn der Klimawandel nicht eingedämmt wird, sieht die Zukunft der Karibik düster aus. Gleichzeitig muss sich die Region an den Wandel anpassen, der bereits eingetreten ist oder nicht mehr verhindert werden kann. Der Archipel muss widerstandsfähiger werden. Das erfordert neue Ansätze und kohärente Maßnahmen.

Regionale Institutionen stellen sich der Herausforderung. Die Karibische Gemeinschaft (CARICOM) und die Caribbean Disaster Emergency Management Agency (CDEMA) haben wichtige Arbeit geleistet.

Zunächst wurde die UN-Definition von „Resilienz“ an die regionalen Bedürfnisse angepasst. Laut dem UN Office for Disaster Risk Reduction (UNDRR) meint Resilienz, dass ein System, eine Gemeinschaft oder eine Gesellschaft, die Gefahren ausgesetzt ist, fähig ist, „rechtzeitig und effizient den Folgen zu standzuhalten, sie zu absorbieren, sich anzupassen und sich zu erholen“. Dazu gehört auch die „Erhaltung und Wiederherstellung der wesentlichen Grundstrukturen und -funktionen“. Resilienz bedeutet auch, „sich schnell und auf eine Weise zu erholen, die die Anfälligkeit“ (CARICOM/CDEMA) für gleichartige Gefahren in Zukunft verringert.

Säulen der Resilienz

Auf dieser Grundlage wurden fünf „Säulen der Resilienz“ aufgestellt. Diese sind

  • sozialer Schutz für gefährdete und ausgegrenzte Menschen,
  • Sicherung der Infrastruktur,
  • verbesserte wirtschaftliche Möglichkeiten,
  • Schutz der Umwelt und
  • Einsatzbereitschaft für den Wiederaufbau.

Die supranationalen politischen Entscheidungsträger haben für jede Säule detaillierte Empfehlungen abgegeben. Zudem betonten sie, dass Regelwerk und Vorschriften ein „förderliches Umfeld“ schaffen sollten. Eine gute Regierungsführung bezieht in ihren Augen auch die Öffentlichkeit – und besonders die junge Generation – sinnvoll ein. Sie forderten den Aufbau von Kapazitäten, Forschung, Datenmanagement und Finanzierung für einen besseren Katastrophenschutz. Schließlich betonten CARICOM und CDEMA, dass gute Pläne wertlos sind, wenn sie nicht ordnungsgemäß umgesetzt werden.

Es ist von Bedeutung, dass 11 der 13 unabhängigen karibischen Staaten Entwicklungsländer sind. Von ihnen kann nicht erwartet werden, ihre Resilienz selbst aufzubauen. Schließlich haben sie mit sich verschlimmernden Katastrophen zu kämpfen, die sie kaum selbst verursacht haben. Die karibischen Länder sind keine großen Verursacher von Treibhausgasemissionen, aber die Beseitigung von Katastrophenschäden erfordert beträchtliche Ressourcen, die sie sonst für Entwicklungszwecke einsetzen könnten.

Nach einer besonders verheerenden Hurrikan-Saison fand im November 2019 in New York die hochrangige Geberkonferenz von CARICOM und UN statt. Sie führte zu Geberzusagen im Wert von 1,3 Milliarden US-Dollar, darunter über 1 Milliarde US-Dollar an Darlehen und Schuldenerlass. Zu den wichtigsten Partnern gehörten die EU und ihre Mitglieder, die USA, die Weltbank und viele andere. UN-Generalsekretär António Guterres erklärte: „Die Länder in der Karibik brauchen jetzt Unterstützung für den Wiederaufbau und für wirksame Klimaschutzmaßnahmen“.

Vom Klimawandel am stärksten betroffenen

Laut dem Globalen Klima-Risiko-Index 2021, der von der deutschen zivilgesellschaftlichen Organisation Germanwatch erstellt wurde, gehörten zwei karibische Gebiete zu den Ländern, die von 2000 bis 2019 am stärksten von extremen Wetterereignissen betroffen waren. Puerto Rico belegte in dieser Liste den ersten und Haiti den dritten Platz.

Während die Gefährdung durch Wirbelstürme im Grunde gleich ist, unterscheiden sich die soziopolitischen Verhältnisse in Puerto Rico und Haiti erheblich. Puerto Rico ist ein US-Territorium, wenn auch kein Bundesstaat, mit begrenzten Möglichkeiten der Selbstverwaltung (siehe Hans Dembowskis Blogbeitrag aus 2017 auf www.dandc.eu). Die Einwohner sind US-Bürger, dürfen aber nicht an nationalen Wahlen teilnehmen. Eine schwere Schuldenkrise hat die Probleme noch verschärft. Obwohl der Lebensstandard vergleichsweise hoch ist, lebt die Hälfte der Menschen in Puerto Rico in Armut. Die Abwanderung auf das US-amerikanische Festland ist allerdings einfach, und die Bevölkerung Puerto Ricos ist in den vergangenen zehn Jahren tatsächlich um fast 12 Prozent auf 3,3 Millionen gesunken.

Haiti hingegen ist eines der Länder, die von den UN als „am wenigsten entwickelt“ eingestuft werden – und das einzige auf dem amerikanischen Kontinent. Es kämpft mit einer schrecklichen Kombination aus hoher Armut, zerfallender Staatlichkeit und zahlreichen Katastrophen, von denen nicht alle mit dem Klimawandel zusammenhängen. Beispiele dafür sind das Erdbeben von 2010 und der darauffolgende Choleraausbruch. Die Bevölkerung des Landes ist in den vergangenen zehn Jahren um etwa 12 Prozent auf knapp 11,4 Millionen gestiegen.

Haitis Elend ist so vielschichtig, dass internationale Medien wenig über das von Hurrikanen regelmäßig verursachte Leid berichten. Deshalb ist zwar allgemein bekannt, dass Hurrikan Sandy 2012 New York heimsuchte, aber nicht, dass derselbe Sturm in Haiti mindestens 108 Menschen tötete, 21 vermisst wurden und 200 000 Menschen ihre Häuser verloren.

Die Karibik befindet sich in einer attraktiven, aber heiklen Lage. Dank des konstant warmen Wetters wird sie von vielen Nichteinheimischen als eine Art Paradies angesehen. Die weit verbreitete Armut und die schlecht ausgebaute Infrastruktur, vor allem in abgelegenen Dörfern, sprechen jedoch eine andere Sprache. Der unaufhaltsame Anstieg der Temperaturen führt zu immer extremeren Wirbelstürmen. Die Menschen in der Karibik können die Herausforderungen nicht aus eigener Kraft bewältigen. Sie verdienen Unterstützung bei der Anpassung an den Klimawandel – und ihre Zukunft hängt davon ab, dass die großen Verursacher von Treibhausgasemissionen ihren CO2-Fußabdruck radikal reduzieren.


Link
Germanwatch: Global Climate Risk Index 2021:
www.germanwatch.org/sites/default/files/Global%20Climate%20Risk%20Index%202021_2.pdf
 

Marjorie Pons Piñeyro macht ihren Masterabschluss an der Bauhaus-Universität in Weimar. Sie ist spezialisiert auf Naturgefahren und Infrastruktur.
marjorieponspi@gmail.com