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Kurzmeldungen

Oxfam kritisiert ungerechte Reichtumsverteilung, neues tunesisches Grundgesetz tritt in Kraft, Gespräche über Frieden in Syrien, konfuse Opposition gegen Jacob Zuma, Kapitalabzug aus Schwellenländern, neues Zentrum für Strafrecht Lateinamerikas und die fragwürdige Wiederwahl in Bangladesch.
Slumbewohnerin in Mombasa: Ungleichheit nimmt weltweit zu. Sprague/Lineair Slumbewohnerin in Mombasa: Ungleichheit nimmt weltweit zu.

Oxfam kritisiert ­ungerechte ­Reichtumsverteilung

Das Vermögen der Welt ist sehr ungleich verteilt. Dies ist keine neue Erkenntnis, die die Nichtregierungsorganisation (NGO) Oxfam in einem Bericht zu Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffent­lichte. Aber die Zahlen, die Oxfam einem Weltvermögensbericht der Bank Credit Suisse entnahm, sind beeindruckend. Ihnen zufolge besitzen die 85 reichsten Menschen ein fast so großes Vermögen wie die ärmere Hälfte der Erdbe­völkerung, die etwa 3,5 Milliarden Menschen ausmacht. Ein Prozent der weltweiten Bevölkerung verfügt laut Oxfam über die Hälfte des gesamten Reichtums.

„Statt sich gemeinsam zu entwickeln, werden die Menschen immer mehr durch wirtschaftliche und politische Macht getrennt", urteilt Oxfam. Die Organisation warnt, dass der Kampf gegen die Armut nicht gewonnen werden könne, wenn Reichtum nicht gerecht verteilt werde. Die wirtschaftliche Ungleichheit nehme in der Mehrheit aller Länder rasch zu. Sie sei eine Gefahr für die Demokratie geworden, denn sie untergrabe deren Institutionen. Oxfam fordert,
Einkommen und Vermögen stärker zu besteuern und extreme Ungleichheit schnell zu beheben. (sb)

Oxfam-Studie: „Working for the few"

 

Neues tunesisches Grundgesetz in Kraft

Mit 200 Ja-Stimmen, zwölf Gegenstimmen und vier Enthaltungen haben tunesische Gesetzgeber Ende Januar die neue Verfassung ihres Landes angenommen. Präsident Moncef Marzouki unterzeichnete sie umgehend (Foto). In der neuen politischen Ordnung hat der Islam eine begrenzte Rolle als Staatsreligion, ist aber nicht die Rechtsgrundlage. Die Verfassung sieht Gewaltenteilung vor. Auch die Gleichberechtigung der Geschlechter ist einer ihrer Bestandteile. Frauen und Männer sollen künftig im Parlament in gleicher Zahl vertreten sein.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sprach von einem „Modell für andere Länder". Auch andere internationale Beobachter lobten das in Kraft getretene Gesetzeswerk als wichtigen Schritt in Richtung Demokratie.

Die Arbeit an der Verfassung begann Ende 2011 und sollte ursprünglich nur ein Jahr lang dauern. Dass das Grundgesetz erst jetzt fertiggestellt wurde, lag unter anderem an einem zähen Streit über die Rolle der Religion in der Gesellschaft. Die islamistische Partei Ennahda, die mit den ägyptischen Muslimbrüdern ideologische Wurzeln teilt, entschied sich aber am Ende für das pluralistische Konzept. Derzeit regiert in Tunis ein Technokratenkabinett. (dem)

 

Gespräche über ­Frieden in Syrien

Ende Januar sind in der Schweiz Verhandlungen über Waffenstillstand in Syrien aufgenommen worden. Kurz zuvor hatten Juristen und Forensiker erklärt, eine Sammlung von rund 50 000 Fotos, die Gräueltaten in Regierungsgefängnissen belegen, seien echt. Aufgenommen hatte die Bilder angeblich ein ehemaliger Polizist.

Die Friedensgespräche kamen kaum voran. Beobachter werteten es aber schon als Erfolg, dass Delegationen beider Seiten überhaupt in einem Raum zusammen kamen. Mediator war Lakhdar Brahimi, der Sondergesandte für Syrien von UN und Arabischer Liga.

Nach fünf Verhandlungstagen sprach Brahimi von einem „schlichten Anfang", auf den aufgebaut werden könne. Die Gräben seien tief, aber er habe Gemeinsamkeiten erkennen können, und zwar „vielleicht mehr als die beiden Seiten selbst wahrnehmen können". Die Gespräche sollten am 10. Feb­ruar forgesetzt werden. Zu Redaktionsschluss Ende Januar hatte die Oppositionsdelegation diesen Termin bestätigt, die Regierungsvertreter teilten aber mit, sie müssten sich zuvor mit Damaskus verständigen. (dem)

 

Konfuse Opposition gegen Jacob Zuma

Die Kandidatur der Anti-Apartheids-Kämpferin Mamphela Ramphele für die Oppositionspartei Democratic Alliance (DA) bei den nächsten Wahlen in Südafrika wurde im Januar angekündigt – und bald darauf widerrufen. Die Parteivor­sitzende Hellen Zille warf ­Ramphele daraufhin Unzu­verlässigkeit vor.

Bislang gilt die DA vielen Südafrikanern als Partei der Rassentrennung. Ramphele wäre ihre erste schwarze Spitzenkandidatin gewesen. Die ehemalige Lebensgefährtin von Steve Biko, der als Apartheidsgegner in Haft getötet wurde, hatte vor einem Jahr eine eigene Partei gegründet. Diese sollte nun eigentlich mit der DA fusionieren, doch dafür gab es laut Ramphele keinen klaren und überzeugenden Fahrplan.

In Südafrika stehen demnächst Parlamentswahlen an. Danach werden die Abgeordneten den nächsten Staatspräsidenten bestimmen. Amtsinhaber Jacob Zuma ist in diverse Affären verstrickt und zunehmend unbeliebt. Beobachter rechnen damit, dass sein ANC dennoch die dominierende politische Partei bleibt. (dem)

 

Kapitalabzug aus Schwellenländern

 

Die Aktienindizes und Wechselkurse wichtiger Schwellenländer sind im Januar eingebrochen, weil Anleger Geld aus diesen Volkswirtschaften abzogen. Den Trend verstärkte die Ankündigung der US-Zentralbank Federal Reserve (Fed), ihre Geldpolitik allmählich strenger zu gestalten. Die Fed teilte mit, sie werde zwar die Leitzinsen nicht erhöhen, aber monatlich 10 Milliarden Dollar weniger für „Quantitative Easing" ausgeben. Quantitative Easing heißt eine unorthodoxe Strategie, Staatsschulden und andere Wertpapiere zu kaufen, um die Marktzinsen niedrig zu halten. In der Praxis ist das ähnlich wie Geld­drucken. Auch die Europäische Zentralbank verfolgt eine ähnliche Strategie.

Nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise transferierten viele Investoren billiges Geld aus Amerika und Europa in Schwellenländer, wo höhere Erträge winkten. Die Aussicht darauf, dass die US-Volkswirtschaft stärker wird, macht nun aber Anlagen dort wieder attraktiver (siehe Interview mit Iwan J. Azis in D+C/E+Z 2013/12, S. 480 f). Entsprechend wird Kapital dort knapper. (dem)

 

Zentrum für Strafrecht Lateinamerikas

Die Universität Göttingen widmet künftig Lateinamerika mehr Aufmerksamkeit. Dafür sorgt die neue Forschungsstelle für lateinamerikanisches Straf- und Strafprozessrecht CEDPAL (Centro de Estudios de Derecho Penal y Procesal Penal Latinoamericano). Die Arbeit wurde mit einem Seminar über Rechtsfragen des kolumbianischen Friedensprozess aufgenommen, das in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-­Stiftung veranstaltet wurde.

Für dieses Jahr kündigt CEDPAL zwei weitere Seminare über die Polizei in Brasilien und Geld­wäsche in Peru sowie einen Kurs zu Grundproblemen der Straf­justiz für brasilianische Juristen an. Die Arbeitssprachen von CEDPAL sind Spanisch und Portugiesisch. Die Einrichtung wird auch Gutachten anfertigen. (sb)

 

Fragwürdige Wiederwahl

Die Awami League, die Partei von Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina (auf Wahlplakat unten abgebildet), hat bei der Parlamentswahl Anfang Januar zusammen mit ihren Koalitionspartnern eine Dreiviertelmehrheit gewonnen. Allerdings nahmen laut offiziellen Angaben nur 40 Prozent der Stimmberechtigten daran teil. Unabhängige Beobachter halten selbst die angegebene Quote für zu hoch, denn die Oppositionsparteien hatten zum Boykott aufgerufen. In über der Hälfte der Wahlkreise kandidierte niemand gegen die jeweiligen Bewerber der Regierungskoalition.

Sheikh Hasina hatte sich geweigert, eine technokratische Übergangsregierung die Wahl durchführen zu lassen, wie das seit 1996 üblich war. Dies verärgerte die Opposition. Eine Rolle spielte auch Islamismus, denn der fundamentalistisch-religiösen Partei Jamaat-e-Islami war die Kandidatur untersagt worden. Das Oppositionsbündnis unter Führung der Bangladesh Nationalist Party (BNP) organisierte daraufhin Proteste. Allein am Wahltag wurden Dutzende getötet.

2013 war in Bangladesch ein besonders blutiges Jahr. Rund 500 Menschen kamen bei Krawallen um. Zu den Auslösern ­gehörten auch international umstrittene Prozesse, die Verbrechen aus dem Krieg aufarbeiten sollten, der 1971 mit der Unabhängigkeit des Landes von Pakistan endete. Damals unterstützte Jamaat-e-Islami die pakistanische Armee. Einer ihrer Spitzenvertreter, Abdul Quader Mollah, wurde wegen vor über 40 Jahren begangener Taten im vergangenen Jahr zum Tode verurteilt und hingerichtet (zum Hintergrund siehe Essay von Abdullah Al-Farooq in E+Z/D+C 2013/04, S. 172 f.).

Die Awami League betont die Bedeutung der bengalischen Sprache für die Identität der Nation, die BNP den Islam. Die persönliche Verstrickung von Sheikh Hasina und Khaleda Zia, der Spitzenfrau der BNP, in die traumatische Geschichte Bangladeschs trägt zu den Problemen bei. Sheikh Hasina ist die Tochter des von Militärs ermordeten ersten Premierministers Sheikh Mujibur Rahman. Khaleda Zia ist die Witwe des Generals und ehemaligen Präsidenten Ziaur Rahman, der seinerseits ermordet wurde. Beide Frauen empfinden intensive persönliche Abneigung. (dem)