Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Zivilgesellschaft

Menschenrechte beachten

In ihrem jährlichen Bericht „Die Wirklichkeit der Entwicklungspolitik“ nehmen zwei Hilfswerke die Arbeit der Bundesregierung unter die Lupe. Sie fordern mehr Kohärenz.

Von Peter Hauff

Laut Welthungerhilfe und Terre des Hommes (TDH) fehlen der Bundes­regierung ressortübergreifende Leitlinien, die nicht nur das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hochhält. An die Menschenrechte beispielsweise müssen sich alle Ministerien halten, auch die für Wirtschafts- und Außenpolitik. Das verlangen die beiden unabhängigen Hilfswerke in ihrem 20. Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungspolitik.

Mehr Kohärenz sei außerdem in der EU-Entwicklungspolitik gefragt. Die etablierten Gebernationen müssten zudem stärker die wachsende Rolle aufstrebender Mächte wie China, Brasilien oder Indien in der internationalen Entwicklungspolitik berücksichtigen.

Unabhängiges Engagement

Rund 2 Milliarden Menschen haben heute weniger als einen Dollar Kaufkraft pro Tag. Dabei leben immer mehr Arme in Ländern mit ansonsten positiven Wirtschafts­trends. In Indien sind das über 400 Millionen Bedürftige, sagt der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Wolfgang Jamann – mehr als auf dem afrikanischen Kontinent. Diesen Menschen müsse nicht das Ausland helfen, sondern zunächst einmal die eigene Regierung. Darum sollten deutsche Politiker auch die Zivilgesellschaft stärken, fordert Jamann.

Was genau unter Zivilgesellschaft zu verstehen sei, diskutierten Teilnehmer einer Fachtagung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) auf Schloss Eichholz bei Bonn über die Zukunft deutscher Entwicklungspolitik. Einigkeit besteht weitgehend darüber, dass Zivilgesellschaft darauf beruht, dass Bürger ihre Interessen friedlich artikulieren, wobei unabhängige Organisationen eine wichtige Rolle spielen. Der Hamburger Ethnologe Frank Bliss klagt aber, dass zu viele Entscheidungsträger sich von Akademikern beraten ließen, die regierungsnah argumentierten. Vertreter von Graswurzel­organisationen von Ackerbauern, Viehzüchtern oder Arbeitern fänden dagegen kaum Gehör.

Zivilgesellschaftlich engagieren kann sich indessen politikwirksam nur, wer nicht um sein tägliches Überleben kämpft. Paul Armbruster vom Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband betont deshalb, dass die Wirtschaft in Gang kommen muss: „Kleinbauern engagieren sich erst, wenn sie Marktzugang und dadurch mehr Zeit haben.“

Die letzte Verantwortung trage immer der Staat, betont Ulrich Post, der Vorsitzende von VENRO (Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisati­onen). Dennoch wünscht er sich „mehr Vertrauen in die Zivilgesellschaft“. Das sei nötig, um die Armut zu besiegen. (ph)