Dalit-Küche
Wie ein Kochbuch auch über Kastenzugehörigkeit aufklärt
„Dalit Kitchens of Marathwada“ von Shahu Patole ist dabei mehr als ein typisches Kochbuch – es verknüpft Kulinarik mit Kastenzugehörigkeit und Kultur.
Dalits gehören der niedrigsten Kaste des Hinduismus an und sind seit jeher diskriminiert und ausgegrenzt worden. Der Autor ist selbst Dalit und fühlte sich berufen, das Buch zu schreiben, weil er nirgendwo sonst etwas zur Esskultur seiner Kaste lesen konnte. Patole ist pensionierter Regierungsbeamter und schreibt auf Marathi, doch die kürzlich erschienene englische Ausgabe macht sein Werk nun auch international zugänglich. Übersetzt hat sie Bhushan Korgaonkar.
Die Leser*innen erfahren zunächst, wie Nahrung mit dem hinduistischen Glaubenssystem verknüpft ist. Essen wird darin oft als rein („sattvic“) oder sündhaft („tamasic“) eingestuft. Welche Speisen Hindus einer bestimmten Kaste essen dürfen, ergibt sich aus den hinduistischen Schriften. Auch Nahrung wurde so zu einem Mittel, die Kastenhierarchie aufrechtzuerhalten.
Patoles Buch räumt mit solchen alten Vorstellungen auf. Tatsächlich durften Dalits historisch keine Milch, Ghee (geklärte Butter) und Öl verwenden – was den Einfallsreichtum der Dalits erklärt, mit minimalen Ressourcen köstliche Mahlzeiten zuzubereiten. Patole greift dabei auch auf eigene Erfahrungen zurück.
Das Buch geht dabei auch auf die Ungerechtigkeit zwischen Dalits und Bauern höherer Kasten ein. Während Dalits gezwungen waren, mit dem Vorlieb zu nehmen, was gerade da war, verfügten die höheren Kasten über eine wesentlich größere Auswahl. Eine zentrale Botschaft des Buches ist deshalb auch: Dalits haben eine tief verwurzelte Verbindung zur Natur, weil sie sich auf das verlassen mussten, was die Natur ihnen bot.
Der Autor beschreibt die Jagdpraktiken der Mahar- und Mang-Gemeinschaften, darunter auch das Fangen von Kaninchen und Vögeln. Für die traditionell vegetarischen oberen Kasten wäre das unvorstellbar – Patole hinterfragt jedoch die Vorstellung, dass man „wird, was man isst“, und stört sich nicht daran, für sein Buch als „Sünder“ bezeichnet zu werden.
Besonders kraftvoll wird Patoles Werk durch die lebendige Schilderung der Dalit-Küche. Er stellt unbekanntere Zutaten und unkonventionelle Kochmethoden vor, bei denen Intuition eine größere Rolle spielen als genaue Mengenangaben. Oft war das die einzige Möglichkeit, Rezepte über Generationen hinweg weiterzugeben. Die vorgestellten Gerichte reichen von Grundnahrungsmitteln bis hin zu Festtagsgerichten und zeigen, wie sehr Nahrung mit kultureller Identität verbunden ist. Patoles Dokumentation der Dalit-Küche ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer gerechteren Zukunft.
Referenz
Patole, S., 2024: Dalit Kitchens of Marathwada. Gurugram, Haryana, HarperCollins Publishers India.
Roli Mahajan ist Journalistin mit Sitz in Lucknow, Indien.
roli.mahajan@gmail.com