Bürgerkrieg

Wechselnde Bündnisse

Den Jemen plagt eine schwere humanitäre Krise. Die Ursache ist der Bürgerkrieg, in den ausländische Mächte eingreifen. Nach dem Tod des früheren Präsidenten Ali Abdullah Saleh ändert sich die Konfliktdynamik, aber das Leiden wird noch lange weitergehen.
Das Ergebnis eines vonden Saudis gesteuerten Luftschlags auf Sanaa Anfang Dezember. Mohammed/picture-alliance/AP Photo Das Ergebnis eines vonden Saudis gesteuerten Luftschlags auf Sanaa Anfang Dezember.

Die vom Iran unterstützten schiitischen Huthi-Rebellen, die auch als "Ansar Allah" bekannt sind, haben Saleh am 4. Dezember getötet. Kurz zuvor hatte der frühere Diktator im Fernsehen ein seit drei Jahren bestehendes Bündnis mit ihnen aufgekündigt und Jemeniten aufgerufen, wieder Kontrolle über ihr Land zu bekommen. Obendrein richtete er an die von den Saudis geleitete Koalition arabischer Staaten ein Friedensangebot. Diese bekämpft Ansar Allah seit Anfang 2015. Die Saudis wollen den abgesetzten Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi wieder an die Macht bringen.

Die Huthis fühlten sich von Saleh betrogen, weil er heimlich Kontakt mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien hatte. Ansar-Allah-Anführer Abdul Malik al-Houthi nannte den Tod Salehs eine „großartige und bedeutsame Angelegenheit“. 1978 war Saleh Präsident des Nordjemens geworden, und nach der Vereinigung der beiden Landeshälften stand er nach 1990 an der Staatsspitze. Er war für seine autoritäre Haltung und Korruption bekannt, bis er 2011 durch Proteste gestürzt wurde.

Der Tod des früheren Diktators wird die Dynamik des Bürgerkriegs verändern sowie die Macht-Balance zwischen dem Iran und Saudi-Arabien erschüttern. Diese Länder unterstützen im Bürgerkrieg verschiedene Lager.

Von Anfang an war das Bündnis zwischen Ansar Allah und Saleh taktisch und nicht strategisch. Tatsächlich hatten die Huthis gegen ihn gekämpft, als er noch im Amt war. Die eigenartigen Partner fanden wegen der saudischen Intervention zusammen. Ihre Vernunftehe wirkte aber schon seit einiger Zeit angeschlagen. Drei Monate vor seinem Tod bezeichnete Saleh die Huthis als Milizionäre, die das Land erobern wollten. Daraufhin warf die Ansar-Allah-Führung ihm „Dolchstöße“ vor. Bei Scharmützeln starben in der Folge vier Menschen.

Die Straßenkämpfe, die vor Salehs Tod in Sanaa tobten, waren noch blutiger. Mindestens 125 Menschen verloren ihr Leben.

In Teheran werten viele Hardliner das Ende Salehs als Sieg der Huthis, obwohl der Bruch des Bündnisses für deren Stellung im Jemen kein gutes Omen ist. Nicht ohne Grund hat ein Sprecher des iranischen Außenministeriums beide Seiten aufgefordert, ihre Differenzen schnell friedlich zu klären und sich wieder gegen den gemeinsamen Feind Saudi-Arabien zusammenzutun.

Ansar Allah hat bewiesen, dass seine Kämpfer im asymmetrischen Guerrillakrieg stark sind. Dennoch fehlen ihnen militärisches Wissen und das Training einer konventionellen Armee. Diese Defizite glichen bisher Militärkräfte, die zu Saleh hielten, aus. Fast wäre es den Rebellen gelungen, mit einer Rakete Riads internationalen Flughafen zu treffen. Ohne die Unterstützung jemenitischer Offiziere aus Salehs Lager wäre das kaum möglich gewesen.

Mittlerweile haben die Saudis Salehs Sohn Ahmed, der Berichten zufolge in den Vereinigten Arabischen Emiraten unter Hausarrest stand, nach Riad geholt. Sie hoffen offenbar, dass er das Machtvakuum, das sein Vater hinterlässt, füllen kann und dessen Anhänger gegen die Huthis mobilisiert. Wenn das geschieht, werden die Huthis, die derzeit Sanaa und weite Gegenden im Westen des Jemens kontrollieren, auf den Schlachtfeldern unter Druck geraten.

In letzter Zeit war der jemenitische Stellvertreterkrieg für den Iran günstig gelaufen. Nun werden die iranischen Revolutionsgarden ihre Unterstützung für die Huthis ausbauen und diese antreiben, weiter gegen Saudi Arabien vorzugehen. Von Huthi-Territorium aus wurden weitere Raketen abgeschossen.

Insgesamt ist Salehs Tod kein Zeichen dafür, dass der Bürgerkrieg, der seit drei Jahren tobt und schon mehr als 10 000 Menschenleben gefordert hat, bald zu Ende geht. Die Zivilbevölkerung wird unter der Eskalation des Konflikts leiden; Hunger und Not werden wohl zunehmen. Wie in Syrien dauert der Krieg wegen des Eingriffs fremder Mächte länger, als eigentlich zu erwarten wäre.
 

Maysam Behravesh ist Doktorand der Fakultät für Politikwissenschaft und Forscher des Zentrums für Studien des mittleren Ostens an der Universität Lund in Schweden.
maysambehravesh.com

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