Zivilgesellschaft
Ungenügende Rechtsgrundlagen
Stimmige Gesetze können dafür sorgen, dass NGOs entsprechend demokratischer Prinzipien geleitet werden. Spitzenleute müssen Mitgliedern, Partnern, Öffentlichkeit und Behörden über Aktivität und Finanzierung Bericht erstatten. Nur Transparenz stellt sicher, dass wirklich Mittel für die NGO-Ziele verwendet werden. Entsprechend hängen Effizienz und Effektivität zivilgesellschaftlicher Akteure von kompetenter staatlicher Regulierung ab. Muhammad Ahsan Rana von der Lahore University of Management Sciences bezeichnet die einschlägige pakistanische Gesetzgebung als veraltet. Relevante Daten würden nicht systematisch gesammelt. Allzu oft sei die Anmeldung einer NGO ihr „erster und letzter Kontakt mit dem Amt, das für sie zuständig ist“. Folglich habe niemand eine klare Vorstellung davon, wie viele NGOs es in Pakistan gebe und was sie täten.
Wie Rana ausführt, sind viele NGOs gar nicht angemeldet – und sie sind dazu auch nicht verpflichtet. Anderseits seien NGOs als Gesellschaften, Firmen, Stiftungen oder karitative Vereine registriert und unterlägen je nach Rechtsstatus unterschiedlichen Pflichten. Die einschlägigen Gesetze aus der Kolonialzeit müssten heutigen Verhältnissen angepasst werden, fordert Rana, denn seit den 1970er Jahren spielten NGOs „eine zunehmend wichtige Rolle bei der Bereitstellung sozialer Dienstleistungen und im Engagement für Bürgerrechte“.
Rana warnt, es würden Chancen verpasst, um Regierungspolitik und bürgerschaftliches Engagement optimal zur Versorgung der ärmsten Bürger zu koordinieren. Er hält dabei nicht viel vom Regierungsanspruch, Pakistans „Kultur“, „Werte“ und „Interesse“ zu verteidigen, denn diese Begriffe seien allzu „amorph“. Rana will, dass kompetente Regulierung die Interaktion zwischen Staat und Zivilgesellschaft ermöglicht. So wie die Dinge derzeit stünden, würden aber Versuche der Neuregelung dieses Verhältnisses als „Ausdruck des Wunsches der einen Seite, eine Kontrolle auszuüben, die die andere Seite vermeiden will“ gesehen.
Ranas Aufsatz erschien im Economic and Political Weekly (EPW), der wichtigsten, in Bombay erscheinenden sozialwissenschaftlichen Zeitschrift Südasiens. Rana empfiehlt Pakistan, sich ein Beispiel an Indien zu nehmen, wo NGO-Gesetze sowohl Bundes- als auch Landeskompetenz sind und neue institutionelle Konzepte entstanden sind. Leider läuft aber auch in Indien nicht alles rund. In derselben EPW-Ausgabe zeigt Rajesh Tandon vom Thinktank PRIA in Delhi in einem Aufsatz über indische Non-profit-Organisationen erheblichen Reformbedarf auf.
Tandon zufolge ist das indische Szenario ähnlich verwirrend wie das pakistanische. Nicht alle relevanten Organisationen sind angemeldet – und wenn sie sich anmelden, können sie dafür verschiedene Gesetze mit verschiedenen Rechtsformen aus der Kolonialzeit wählen. Auch in Indien ist die genaue Zahl der relevanten Organisationen unbekannt. Unklar bleibt sogar, in welchem Maße Non-profit-Organisationen Geschäfte tätigen dürfen.
Wie Rana geht es auch Tandon nicht darum, dem Staat Macht über die NGOs zu geben. Bessere Regeln sollen das Gemeinwohl fördern. Er betont, dass den Interessen der indischen Zivilgesellschaft eine Reform des Institutions- und Rechtsrahmens für Registrierung, Rechenschaftspflicht und Management ihrer Organisationen diene.
Quellen
Rana, M. A., 2017: Perfect strangers – The state and NGOs in Pakistan. EPW, January 21, p. 93.
http://www.epw.in/journal/2017/3/special-articles/perfect-strangers.html
Tandon, R., 2017: The hidden universe of non-profit organisations in India. EPW, January 21, p. 79.
http://www.epw.in/journal/2017/3/insight/hidden-universe-non-profit-organisations-india.html