Landwirtschaft
Dürre ist die neue Normalität
In der Geschichte Afrikas gab es regelmäßig Dürren. Es ist ein natürliches Phänomen, das Katastrophen verursacht, Millionen von Menschen das Leben gekostet und enorme soziale, ökologische sowie wirtschaftliche Auswirkungen hat.
Ostafrika – vor allem das Horn von Afrika – sind besonders betroffen, und es wird immer schlimmer. Vor 50 Jahren gab es alle zehn Jahre, in den 1980er und 1990er Jahren alle fünf Jahre eine Dürre. Seit der Jahrtausendwende tritt sie jedes zweite Jahr auf. Viele Studien legen nahe, dass sich dieser Trend fortsetzen und verstärken wird.
In einigen Ländern sind die Durchschnittstemperaturen seit 1970 um etwa ein Grad gestiegen. Im Jahr 2011 erlitten laut UNEP 13 Millionen Menschen in Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Kenia und Somalia eine der schlimmsten humanitären Krisen in der jüngsten Geschichte. 2014, 2015 und 2016 beeinträchtigten Dürren in Äthiopien, Somalia und Kenia das Leben von mehr als 15 Millionen Menschen. In diesem Jahr traf eine extreme Trockenzeit alle oben erwähnten Länder und zusätzlich den Südsudan. UN-Vertreter sprechen erneut von einer Hungersnot.
Es ist merkwürdig, dass Dürrezeiten noch immer als etwas Außergewöhnliches betrachtet werden und man darauf meist unvorbereitet und unbeholfen reagiert. Diese Sichtweise muss sich ändern, denn: Dürre ist die neue Normalität. Die politischen Ansätze für die Region – und das gilt vor allem für deren Landwirtschaft – müssen auf diese Realität eingehen.
Die afrikanische Landwirtschaft nutzt hauptsächlich Regen zur Bewässerung und zeichnet sich durch geringen Input und geringe Erträge aus. Das führt dazu, dass die Menschen von der Hand in den Mund leben. Etwa 80 Prozent der sesshaften ostafrikanischen Farmer, die in Gebieten leben, wo es bis zu 1300 Millimeter Niederschlag gibt, betreiben Subsistenz-Landwirtschaft.
Traditionell spielen drei Faktoren eine Rolle: Land, Arbeitskräfte und Tiere (insbesondere Ochsen, Esel oder Kamele). Natürlich benutzen die Bauern auch einfache Werkzeuge. Dass die Felder Wasser brauchen, wurde in der Vergangenheit nicht weiter beachtet, denn Niederschläge waren menschlich nicht kontrollierbar.
Heutzutage muss Wasser oberste Priorität bekommen – auch bei Subsistenzfarmern. Entsprechend muss jegliche Art von Politik sich darum kümmern, dass Wasser verfügbar ist. Sich darauf zu verlassen, dass die Natur die Dinge regelt, ist unverantwortlich.
Bewässerungssysteme würden viel bringen. Selbstverständlich sind auch diese von Regen abhängig, aber ein umsichtiges Wassermanagement, eine kompetente regionale Planung und eine sparsame Nutzung der verfügbaren Ressourcen würden helfen, den Regen optimal zu nutzen.
Allerdings werden sich Politiker und die lokalen Gemeinschaften den technischen Herausforderungen nicht stellen, solange sie den Klimawandel und dessen Bedeutung nicht anerkennen. In zur Trockenheit neigenden Gebieten müssen alle Verantwortlichen bei allem, was sie tun, die Wasserfrage im Blick behalten. Wenn sie das gewissenhaft tun, können sie Millionen von Menschenleben retten und humanitäre Katastrophen verhindern.
Auch Wissenschaftler und Forscher müssen ihren Teil beitragen. Agrarwissenschaftler und Züchter müssen Kulturpflanzen zur Verfügung stellen, die weniger Wasser benötigen. Von Technikern ist gefordert, dass sie sich massiv in Richtung Regenwasserspeicherung und kostengünstige Bewässerungsanlagen bewegen. Pathologen und Insektenforscher sollten auf neue Schädlinge und pathologische Stämme reagieren, die die geänderten klimatischen Verhältnisse und eingesetzten Mittel mit sich bringen.
Wichtig ist zudem, dass Multiplikatoren dafür gerüstet sind, Bauern – und womöglich auch Verbraucher – über all diese neuen Entwicklungen zu unterrichten. Auch passende Ernte- und Viehversicherungen könnten in dieses neue Produktionssystem integriert werden. Dabei sind auch Hirtenvölker und deren Herden nicht zu vernachlässigen.
Dürren können nicht länger als außergewöhnliche Katastrophen betrachtet werden. Da Ostafrika mittlerweile ganz offensichtlich eine Gegend ist, in der es wenig Niederschlag gibt, muss sich die Region an den Klimawandel anpassen. Da gibt es keine Alternative.
Belay Begashaw ist Direktor des afrikanischen Sustainable-Development-Goals-Zentrums (SDGC/A)
in Kigali, Ruanda.
bbegashaw@sdgcafrica.org