Older People Associations

Mehr Lobby und Hilfe für Ältere

Die Weltbevölkerung wird immer älter. Dennoch haben Seniorinnen und Senioren in vielen Ländern kaum eine Lobby. Es fehlt an politischem Einfluss, finanzieller Unterstützung und sozialer Absicherung. Die internationale Netzwerkorganisation HelpAge will dies ändern.
Die Teilhabe von Frauen ist ein Anliegen der Older People Associations wie hier in Kambodscha. HelpAge Die Teilhabe von Frauen ist ein Anliegen der Older People Associations wie hier in Kambodscha.

HelpAge Deutschland wurde 2005 in Osnabrück gegründet und ist mit seinen rund 160 Partnerorganisationen derzeit in 89 Ländern aktiv. Die Organisation unterstützt und fördert die Selbstverwaltungsorganisationen der Älteren in Asien, Afrika und Südamerika, wobei die meisten Vereinigungen als Older People Association (OPA) bezeichnet werden, wie in Kambodscha, China, Nepal, Indien und Sri Lanka. Es gibt aber auch andere Namen, wie beispielsweise International Self-Help Club Vietnam (ISHC), Kwa Wazee (Für alle alten Menschen) Tansania oder Waman Wasi (Die alten Weisen) Peru.

Aus der Gründungsidee heraus definieren sich OPAs als eine Gruppe älterer Menschen, die ihren Mitgliedern helfen, soziale Aktivitäten zu organisieren, Mikrofinanzierungen bereitstellen oder andere wohltätige Zwecke leisten sowie den Informationsaustausch und die Unterstützung durch Gleichaltrige fördern. Jede dieser Gruppen besteht aus 30 bis 50 Mitgliedern. Die erste OPA wurde von HelpAge 1998 in Kambodscha gegründet, um Senioren nach dem Bürgerkrieg zu helfen.

Es geht also um die Stärkung der Zivilgesellschaft aus sich selbst heraus, ohne dass von außen der Handlungsrahmen vorgegeben wird. Besonders engagiert sind die OPAs in folgenden Bereichen, wobei der Schwerpunkt auf den ersten beiden Punkten liegt:

  • Gesundheitsversorgung
  • Pflege und soziale Sicherung
  • Einkommenssicherheit
  • Partizipation von Frauen
  • Politische Teilhabe
  • Soziale und kulturelle Aktivitäten

Das OPA-Modell verbreitete sich schnell in Südostasien. Es ist nicht starr, sondern in seiner Ausgestaltung flexibel. So unterscheiden sich Struktur und Arbeitsweise der Organisationen von Land zu Land, entsprechend den jeweiligen lokalen Anforderungen.

Bei der Neuentwicklung einer OPA greift HelpAge auf die Erfahrungen des Modells in Vietnam zurück. Bis eine Altenorganisation voll einsatzfähig und finanziell unabhängig ist, dauert es in der Regel zwei Jahre. Durchschnittlich werden dafür etwa 10 000 US-Dollar benötigt, so dass sich die OPA aus den eigenen Beiträgen refinanzieren kann. Gelder, die nicht dringend für die aktuelle Arbeit benötigt werden, fließen dann in sogenannte Sparvereine, die den Altenorganisationen die Erträge zur Verfügung stellen, etwa für den Fall, dass ein Mitglied zum Beispiel eine kostspielige Operation benötigt und für die Kosten nicht aufkommen kann. Diese Vorgehensweise hat sich als Komplementärsystem zur staatlichen medizinischen Versorgung in Ländern mit einem unterentwickelten Gesundheitssystem bewährt. Es darf aber nicht passieren, dass sich OPAs in Ländern des Globalen Südens zur „Ersatzgesundheitsbehörde“ entwickeln.

Der Erfolg der OPAs hängt im Wesentlichen von den 4 Schlüsselfaktoren

  • Standardisierung der Prozesse
  • Politische Unterstützung durch den Staat
  • Wiederholbarkeit der Prozesse
  • Weiterentwicklung/Stärkung der Prozesse

ab, die ineinandergreifen. Older People Associations wurden sehr schnell als sozialer Schutzmechanismus in der gesamten asiatischen Region erkannt und gefördert. Beispielsweise hat die Association of South East Asian Nations (ASEAN) die OPAs als Entwicklungsinitiative in den strategischen Rahmen für soziale Wohlfahrt und Entwicklung seit 2011 integriert.

In China wurden die OPAs in den 12. Fünfjahresplan aufgenommen, während Kambodscha die Nationalen Richtlinien für die Gründung von Vereinigungen älterer Menschen gebilligt und eine Richtlinie für die Einrichtung einer OPA für jede Gemeinde des Landes verabschiedet hat.

Auf den Philippinen hat das Department of Social Welfare and Development die Bildung von Vereinigungen älterer Menschen in allen Städten und Gemeinden erleichtert. In Vietnam wurden die OPAs in das Nationale Aktionsprogramm zur Bekämpfung des Alterns aufgenommen mit dem Ziel, bis zum jetzigen Jahr 5000 Clubs zu gründen. Dass dieses Ziel erreicht wird, ist durchaus realistisch.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bewertet OPAs als „innovativen Ansatz“, um „aktiv das allgemeine Wohlbefinden (wellbeing) zu fördern und den sozial Schwachen und Menschen mit Behinderung eine gesellschaftliche Teilhabe zu sichern“. Sie sind somit ein wichtiger Beitrag in der von der WHO ausgerufenen Dekade des sogenannten „Healthy Ageing“ (WHO, 2015).

Der United Nations Population Fund (UNFPA) empfiehlt die Older People Associations als wichtigen Beitrag, um den Anforderungen des demografischen Wandels gerecht zu werden und dem intergenerationellen Ansatz zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs): „Die Regierungen müssen sicherstellen, dass Menschen aller Altersgruppen ein gesundes, aktives und erfülltes Leben führen können. Es reicht daher nicht mehr aus, nur den Erwartungen und Bedürfnissen der älteren Bevölkerung gerecht zu werden, sondern es bedarf eines umfassenderen lebenszyklus­orientierten Ansatzes, um deren Auswirkungen auf alle Bevölkerungsgruppen anzugehen.“

In der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit sind OPAs ein anerkannter Ansprechpartner. So wurde zum Beispiel in einer OPA auf Sansibar erfolgreich eine Sozialrente für alle Mitglieder eingeführt. Was dort in zwei Dörfern begann, soll jetzt auf nationale Ebene in Tansania umgesetzt werden. Die umliegenden Nachbarstaaten, wie Uganda, Malawi, Sambia und auch Kenia haben Interesse an dieser Form der Rentenzahlung und planen, sie ebenfalls in deren nationales Recht zu transferieren.

In Peru haben indigene OPAs ihr traditionelles Wissen im Schulunterricht auf lokaler Ebene weitergegeben. Es wurde als kulturhistorisch wichtig eingestuft und in das nationale Curriculum für den Schulunterricht aufgenommen. Dort vermitteln nun ausgebildete Mitglieder der OPAs den Unterrichtsstoff.

In Thailand waren OPAs besonders erfolgreich. Was dort ebenfalls als Graswurzelorganisation begann, hat nun nationalen Einfluss. Durch intensive Lobbyarbeit wurde erreicht, dass alle Gesetze vor der Verabschiedung durch das Parlament daraufhin überprüft werden müssen, dass im Sinne des „Leave No One Behind“-Ansatzes, sowohl ältere Menschen als auch Menschen mit Behinderung durch die neuen Gesetze nicht benachteiligt werden.

Was also „klein“ beginnt, kann über die Kommunalebene hinaus „groß“ auf nationaler Ebene wirken. Somit sind Older People Associations ein wichtiger Baustein für die lokale Verankerung von Selbsthilfeorganisationen und für die Stärkung der Selbstverwaltung.


Link
WHO, 2015: World report on ageing and health.
https://www.who.int/life-course/publications/2015-ageing-report/en/


Jürgen Focke ist Referent Policy & Advocacy bei HelpAge in Deutschland.
focke@helpage.de

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