Entwicklung und
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Amazonasgebiet

Naturschutz durch Partizipation

In Brasilien beteiligt sich die lokale Bevölkerung an der Verwaltung von Naturschutzgebieten. Dieser Beitratg entstand in Kooperation mit der KfW.
Patricia Pinha (Mitte) mit Fischern vom Piratuba-See. Rebio Lago Piratuba Patricia Pinha (Mitte) mit Fischern vom Piratuba-See.

Patricia Pinha lenkt ein kleines Motorboot auf einem breiten Fluss, vorbei an dichten Mangrovenwäldern. Die 36-Jährige ist Parkchefin des Naturschutzgebiets rund um den Piratuba-See, das nur wenige Kilometer nördlich der Amazonasmündung liegt. Sie ist auf dem Weg zum Schutzgebietsrat, der heute tagt. Dort berät die junge Brasilianerin mit Vertretern der lokalen Bevölkerung, wie Land- und Wasserflächen genutzt werden können oder wann es Schonzeiten für Jagd und Fischfang geben muss. Für die engagierte Naturschützerin steht fest: Der Regenwald lässt sich nur wirksam schützen, wenn die Bevölkerung einbezogen wird.

In der Region ist das keine Selbstverständlichkeit: Als die brasilianischen Behörden die weitläufige Seen- und Sumpflandschaft vor mehr als 30 Jahren zum Naturschutzgebiet erklärten, dachte niemand an die Interessen der ansässige Bevölkerung. Doch dort existieren zwölf kleinere Siedlungen. Für diese lokalen Gemeinschaften sind die Fische des Piratuba Lebensgrundlage. In dem See kommt auch der größte Süßwasserfisch der Welt, der Pirarucu, vor.

„Für die Menschen schuf der Naturschutz eine sehr delikate Situation", erzählt Pinha. Neue Vorschriften schränkten ihr Leben ein – doch die Regierung suchte keinen Dialog. „Mehr als zwanzig Jahre war das Verhältnis zwischen Parkbehörde und Dörfern von Repression geprägt", sagt die Naturschützerin weiter. Verständnis für die Position der anderen Seite gab es kaum, gleichzeitig versuchten immer mehr Menschen vom Fischfang zu leben.

Die zunehmende, unkontrollierte Befischung führte zum Rückgang der Erträge und der Biodiversität. Anfang der 90er Jahre verkauften die Fischerfamilien jährlich rund 80 000 Krabben. Als Pinha ihren Posten im Piratuba vor acht Jahren antrat, lag die Zahl bei nur noch etwa 10 000 Krabben im Jahr. Nicht nur die Natur, auch die Lebensgrundlage der Menschen war gefährdet. „Wir hatten also gemeinsame Interessen", erinnert sich die Brasilianerin, „aber es hat lange gedauert, bis wir aufeinander zugegangen sind."

Patricia Pinha richtete schließlich mit deutschen Fördergeldern den Schutzgebietsrat, einen Conselho, ein. Das Ziel: Partizipation statt Repression. Der Zuspruch war groß. Über 170 Personen nahmen am ersten Vorbereitungstreffen im Piratuba-Reservat teil, heute hat der Conselho 32 Mitglieder und trifft sich regelmäßig. Zudem schloss Pinha mit einem Fischerdorf eine Nutzungsvereinbarung über die Fischgründe des Naturschutzgebietes ab. Es war die Erste dieser Art in ganz Brasilien. Lange hatten die Menschen praktisch illegal gefischt, jetzt gibt es klare Regeln für die Fischerei und ein neues Vertrauensverhältnis zu den Behörden. „Seitdem gibt es nicht nur weniger Konflikte", berichtet Pinha stolz, „die lokale Bevölkerung trägt auch aktiv zum Naturschutz bei."

Viele Schutzgebiete in ganz Amazonien haben dieses Erfolgsmodell übernommen. Weitere 15 Schutzgebietsräte halten regelmäßige Treffen ab. Ziel des Förderprogramms namens ARPA (Áreas Protegidas da Amazônia – Schutzgebiete in Amazonien) ist es, 60 Millionen Hektar Tropenwald dauerhaft zu schützen – auch mit Hilfe der Bevölkerung. Neben der Bundesregierung unterstützen unter anderem die Weltbank und die Umweltorganisation WWF das brasilianische Programm. Allein über die KfW wurden für ARPA bislang 61,3 Millionen Euro bereitgestellt.

Hannah Milberg